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Antibiotika-Minimierung in Niedersachsen

1. Wer ist in Niedersachsen für die Antibiotikaminimierung zuständig, wer ist Ansprechpartner/-in?

In Niedersachsen ist seit dem 01.01.2022 die Zuständigkeit für die Überwachung des Antibiotikaminimierungskonzeptes auf die Landkreise und kreisfreien Städte übertragen worden.

Das bedeutet, dass Ihre zuständige kommunale Veterinärbehörde, in den meisten Fällen das Veterinäramt, der Ansprechpartner zu Themen der Antibiotikaminimierung ist, die Maßnahmenpläne entgegennimmt und prüft sowie die diesbezüglichen Kontrollen auf den tierhaltenden Betrieben durchführt.

2. Wer ist mitteilungspflichtig?

Das Konzept wendet sich an berufs- und gewerbsmäßige Halter von Rindern, Schweinen, Hühnern und Puten.

Um den Einsatz von Antibiotika in den verschiedenen Lebensphasen von Rind, Schwein, Huhn und Pute differenziert betrachten zu können, wird bei diesen Tierarten zwischen verschiedenen Nutzungsarten unterschieden.

In der Antibiotika-Arzneimittel-Verwendungsverordnung wurden Bestandsuntergrenzen festgelegt, die kleinere Betriebe von den Mitteilungspflichten des Tierarzneimittelgesetztes hinsichtlich des Antibiotika-Minimierungskonzeptes befreit.

In der folgenden Tabelle sind die Nutzungsarten, die der Antibiotikaminimierung unterliegen mit den entsprechenden Bestandsuntergrenzen aufgelistet.

Nutzungsarten

Nutzungsarten, die der Antibiotikaminimierung unterliegen

Bestandsuntergrenze

(Anzahl Tiere)

Milchkühe

zur Milcherzeugung dienende Rinder ab der ersten Abkalbung

25

Kälber zugegangen
< 12 Monate

nicht auf dem Betrieb geborene Kälber bis zu einem Alter von 12 Monaten

25

(Absatz-)Ferkel < 30 kg

Ferkel (vom Absetzen bis zu einem Körpergewicht von 30 kg)

250

Mastschweine > 30 kg

zur Mast bestimmte Schweine ab einem Gewicht von mehr als 30 kg

250

Zuchtschweine

zur Zucht gehaltene Sauen und Eber ab der Einstallung zur Ferkelerzeugung

85

Saugferkel

Saugferkel (von der Geburt bis zum Absetzen)

85 Sauen

Masthühner

zur Gewinnung von Fleisch bestimmte Hühner
(ab dem Zeitpunkt des Schlüpfens)

10.000

Legehennen

zur Gewinnung von Konsumeiern bestimmte Hühner ab der Aufstallung im Legebetrieb

4.000

Junghennen

zur Gewinnung von Konsumeiern bestimmte Hühner (ab dem Zeitpunkt des Schlüpfens bis zur Aufstallung im Legebetrieb)

1.000

Mastputen

zur Gewinnung von Fleisch bestimmte Puten
(ab dem Zeitpunkt des Schlüpfens)

1.000

Wer die oben genannten Bestanduntergrenzen für die jeweilige Nutzungsart im Durchschnitt eines Kalenderhalbjahres überschreitet, ist mitteilungspflichtig.

Sollten sich Betriebe vorsorglich als „mitteilungspflichtig“ für eine Nutzungsart gemeldet haben, obwohl die durchschnittlich gehaltene Tierzahl die Bestandsuntergrenze nicht überschreitet, ist die eingetragene Nutzungsart in „nicht mitteilungspflichtig“ zu ändern.

3. Wer muss welche Daten wann melden?

Tierhalterinnen und Tierhalter

Die gemäß § 55 Tierarzneimittelgesetz geforderten Mitteilungen über Tierhaltungen müssen in die HI-Tier Datenbank im Bereich TAM eingegeben werden. Name, Tierhaltungsstandort und Registriernummer gemäß Viehverkehrsverordnung (VVVO-Nr.) sind in HI-Tier bereits hinterlegt.
Jeder Tierhalter, der eine meldepflichtige Nutzungsart in seinem Betrieb hält, muss in der TAM-Datenbank aktiv seine Nutzungsart als meldepflichtig angeben. Für alle danach neu entstehenden meldepflichtigen Tierhaltungen muss die Nutzungsart spätestens 14 Tage nach Beginn angegeben werden.

Die ab 01.01.2023 neu geltenden Nutzungsarten sind ebenfalls binnen 14 Tagen einzutragen. Die alten, nicht mehr geltenden Nutzungsarten sind mit dem Gültigkeitsende 31.12.2022 zu beenden.

Zusätzlich müssen für jedes Erfassungshalbjahr der Anfangsbestand zum 01. Januar beziehungsweise 01. Juli sowie die Zu- und Abgänge, einschließlich der Tierverluste, in die Datenbank eingegeben werden. Die Frist für die Eingabe dieser Daten ist wie bei den Daten zur Arzneimittelanwendung jeweils der 14. Januar beziehungsweise der 14. Juli des nachfolgenden Halbjahres.

Mitteilungspflichtigen Betrieben, die in einem Erfassungshalbjahr keinen Antibiotikaeinsatz hatten, müssen eine „Nullmeldung“ abgeben. Sie brauchen in diesem Halbjahr aber keine Tierzahlen melden.

Tierärztinnen und Tierärzte

Seit 01.01.2023 muss der Tierarzt oder die Tierärztin die Daten zur Arzneimittelanwendung gemäß § 56 Tierarzneimittelgesetz für jedes Kalenderhalbjahr erfassen. Spätestens am 14. Januar beziehungsweise 14. Juli müssen die Daten für das jeweils vorausgegangene Halbjahr eingegeben sein.

Die Eingaben erfolgen hierbei nicht nur für die Antibiotikaminimierung, sondern auch für die Verbrauchsmengenerfassung für die Europäische Union. Daher muss die Tierärztin oder der Tierarzt alle antibiotischen Behandlungen der Tierarten Rind, Schwein, Huhn und Pute in die HI-Tier Datenbank im Bereich TAM melden, unabhängig davon ob es sich um mitteilungspflichtige Nutzungsarten handelt oder in den Betrieben Bestandsuntergrenzen unterschritten werden.

4. Wie kann ich meine Meldungen machen? (HI-Tier Datenbank)

Bund und Länder haben vereinbart die Datenbank des Herkunftssicherungs- und Informationssystems für Tiere HI-Tier zur Erfassung des Antibiotikaeinsatzes zu nutzen. Hierzu wählt man das Auswahlmenü Tierarzneimittel (TAM).

Tierbestandsdaten gemäß § 55 TAMG können auch aus dem Herdenmanagementprogramm des Tierhalters in die TAM-Datenbank von HI-Tier übertragen werden, wenn das Programm über eine entsprechende Schnittstelle verfügt. Vergleichbares gilt auch für die Praxisverwaltungsprogramme von Tierärztinnen und Tierärzten, die die Mitteilungen gemäß § 56 TAMG über antibiotische Arzneimittelverwendungen machen müssen. Auch andere Anbieter von Datenbanksystemen zur Erfassung des Antibiotikaeinsatzes (beispielsweise die QS GmbH) können als „Lieferanten der Daten“ benannt werden. Diese müssen dann als Dritte entsprechend nach § 55 oder § 56 Tierarzneimittelgesetz erklärt werden.

Vereinige Informationssysteme Tierhaltung w. V. Verden (VIT) wurde als Regionalstelle für die Mitteilungen gemäß Tierarzneimittelgesetz in Niedersachsen benannt. Sie nimmt schriftliche Erklärung zu Dritten gemäß § 55 f. TAMG entgegen und steht für technische Fragen zur HI-Tier Datenbank im Bereich TAM zur Verfügung.

5.Betriebliche Therapiehäufigkeit

Wenn die Daten nach Ablauf des Halbjahres in der HI-Tier Datenbank vorliegen, erfolgt anschließend die Berechnung der halbjährlichen Therapiehäufigkeit je Betrieb. Die betriebliche halbjährliche Therapiehäufigkeit gibt an, an wie vielen Tagen des Halbjahres ein durchschnittlich im Betrieb gehaltenes Tier mit einem Wirkstoff behandelt wurde. Es ist eine reine Rechengröße, um Betriebe vergleichen zu können, die dieselben bestimmten Nutzungsarten halten.

Die betrieblichen halbjährlichen Therapiehäufigkeiten werden für die Ermittlung der Kennzahlen 1 und 2 jeweils Anfang Februar für das 2. Kalenderhalbjahr des Vorjahres beziehungsweise Anfang August für das 1. Kalenderhalbjahr des laufenden Jahres an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit übermittelt.

Zeitgleich teilt die zuständige Behörde jeder Tierhalterin und jedem Tierhalter die betriebliche halbjährliche Therapiehäufigkeit für seine Nutzungsarten schriftlich oder per online Abruf mit.

Hat die Tierhalterin oder der Tierhalter in der HI-Tier Datenbank unter seinem TAM-Profil die Option „online Abruf“ gewählt, muss die Person halbjährlich selbstständig seine betriebliche Therapiehäufigkeit anschauen und im Anschluss dokumentieren. Die Tierhalterin oder der Tierhalter kann dazu die betriebliche halbjährliche Therapiehäufigkeit für seine Nutzungsarten unter der Rubrik „Therapiehäufigkeit, Kennzahlen, TAM-Vorgänge – Detailansicht“ in HI-Tier ablesen.

6. Bundesweite Kennzahlen 1 und 2

Die Kennzahl 1 ist der Wert, unter dem 50 Prozent aller erfassten halbjährlichen Therapiehäufigkeiten in der entsprechenden Nutzungsart liegen. Die Kennzahl 2 ist der Wert, unter dem 75 Prozent aller erfassten halbjährlichen betrieblichen Therapiehäufigkeiten liegen.

Die Tierhalter müssen nach Bekanntgabe der Kennzahlen ihre halbjährliche betriebliche Therapiehäufigkeit mit den bundesweiten Kennzahlen 1 und 2 vergleichen. Liegt ihre halbjährliche betriebliche Therapiehäufigkeit unter Kennzahl 1, steht die Ampel für diesen Betrieb auf grün, ist nichts zu veranlassen. Liegt ihre halbjährliche betriebliche Therapiehäufigkeit über der Kennzahl 1, aber noch unter Kennzahl 2, so steht die Ampel für diesen Betrieb auf gelb. Dann ist zu prüfen, welche Ursachen zu dem überdurchschnittlichen Verbrauch geführt haben. Bestehen Möglichkeiten den Antibiotikaeinsatz zu reduzieren, so sind diese zu nutzen. Liegt ihre halbjährliche betriebliche Therapiehäufigkeit über der Kennzahl 2, steht die Ampel für diesen Betrieb auf rot. Dies bedeutet, dass die Ursachen - gemeinsam mit dem Tierarzt - für diesen erheblich überdurchschnittlichen Verbrauch zu ermitteln sind und ein "Maßnahmenplan" aufzustellen ist, mit dem die Tiergesundheit im Bestand so verbessert werden kann, dass eine Reduktion der Antibiotika möglich ist.

Je sorgfältiger die Analyse des Gesundheitsstatus und Managementsystems im Betrieb durch die Tierhalterin oder den Tierhalter gemeinsam mit der Tierärztin oder dem Tierarzt erfolgt, desto eher wird der „Maßnahmenplan“ die Tiergesundheit nachhaltig verbessern können. So hat die Behörde keinen Grund, ergänzende Anordnungen treffen zu müssen.

Ab 01.01.2023 werden die beiden Kennzahlen nur noch zum 15.02. für das ganze Jahr auf der Homepage des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) bekannt gegeben.

Die Tierhalterin oder der Tierhalter haben den Vergleich ihrer Therapiehäufigkeiten mit den bundesweiten Kennzahlen 1 und 2 in ihren Unterlagen zu dokumentieren. Dies muss jeweils spätestens bis zum 01.03 beziehungsweise 01.09. geschehen sein.

7. Maßnahmenplan

Der Maßnahmenplan nach § 58 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Tierarzneimittelgesetzes ist nach den Vorgaben des § 4 „Vorschriften zum Plan“ der Verordnung über die Verwendung antibiotisch wirksamer Arzneimittel (Antibiotika-Arzneimittel-Verwendungsverordnung) vom 2. Januar 2023 zu erstellen.

Darin müssen möglichst detaillierte Angaben zum Betrieb enthalten sein, um die betriebliche halbjährliche Therapiehäufigkeit tatsächlich beurteilen zu können. Es sind Gründe aufzuführen, die zur Überschreitung der Kennzahl 2 geführt haben. Des Weiteren sollte in dem Maßnahmenplan das Ergebnis der tierärztlichen Beratung dokumentiert werden und konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Tiergesundheit, um den Antibiotikaeinsatz zu minimieren, angegeben werden.

Der Plan ist der zuständigen Behörde unaufgefordert für das erste Kalenderhalbjahr jeweils spätestens bis zum 1. Oktober des betreffenden Jahres und für das zweite Kalenderhalbjahr jeweils spätestens bis zum 1. April des Folgejahres schriftlich oder elektronisch zu übermitteln.

Des Weiteren können Sie auch unsere Mustermaßnahmenpläne für die Tierarten Rind, Schwein, Pute und Huhn nutzen. Diese wurden auf Basis der Rechtsvorschriften ausgearbeitet und mit der Landwirtschaftskammer Niedersachsen und der Tierärztekammer Niedersachsen abgestimmt. Die Muster können auf dieser Seite in der Rubrik „Maßnahmenpläne“ heruntergeladen werden.

8. Neuerungen ab 01.01.2023

Seit dem 01.01.2023 sind folgende Änderungen im Tierarzneimittelgesetz bezüglich der Antibiotikaminimierung in Kraft getreten:

  • Die Mitteilungspflicht der Antibiotikaanwendungen geht vom Tierhaltenden auf die Tierärzteschaft über.
  • Die Wirktage und somit auch alle Faktoren und Sonderregeln werden von der HI-Tier vorgegeben. Enthält ein verabreichtes Arzneimittel Cephalosporine der 3. und 4. Generation, Fluorchinolone oder Colistin, so ist für die Berechnung jeder Behandlungstag mit dem Faktor drei zu multiplizieren. Für Arzneimittel, die nur einmalig gegeben werden, wird der Behandlungstag mit fünf multipliziert.
  • Die bundesweiten Kennzahlen 1 und 2 werden nur noch einmal jährlich zum 15.02. berechnet und bekannt gemacht.
  • Die Fristen für die Berechnung der Therapiehäufigkeiten und deren Bekanntgabe sind deutlich verkürzt worden. Die Bekanntgabe hat nun zum 01.02 beziehungsweise zum 01.08. zu erfolgen. Bis zum 01.03. beziehungsweise 01.09. hat der Tierhaltende seine Therapiehäufigkeit mit den Kennzahlen zu vergleichen und das Ergebnis zu dokumentieren. Maßnahmenpläne müssen danach bis zum 01.04. beziehungsweise bis zum 01.10. bei der zuständigen Behörde unaufgefordert eingesendet werden.
  • Die Behörde kann weiterführende Diagnostik anordnen.
  • Die Behörde kann für die Ergänzung eines Maßnahmenplanes die Mitarbeit einer zweiten betriebsfremden Tierärztin oder eines Tierarztes anordnen.
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Merkblätter (PDF nicht barrierefrei):

  ABMin Erstinfo Tierhalter
(PDF, 0,12 MB)

Anleitungen HIT-Datenbank (PDF nicht barrierefrei)

  Anleitung Eingabe Nutzungsart

Info

Wenn Sie Fragen zur Tierarzneimittel-Datenbank (TAM) oder zur Antibiotika-Minimierung haben, rufen Sie bitte Ihre zuständige Veterinärbehörde an.

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