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Fachinfo - Untersuchung von Maismehl, Maisgrieß und Cornflakes auf Fumonisine und weitere Mykotoxine

Lebensmittelmonitoring 2003 - Projekt M3


1. Allgemeines:

Mit dem Projekt M3 des Lebensmittelmonitorings 2003 sollte die aktuelle Fumonisinkontamination der vorwiegend in Deutschland der menschlichen Ernährung dienenden Maisprodukte "Maismehl, Maisgrieß und Cornflakes" ermittelt werden.

Das Lebensmittelmonitoring hat als Ziel für Deutschland repräsentative Daten zum Vorkommen unerwünschter Stoffe in Lebensmitteln zu erheben und daraus mögliche Gefährdungspotenziale abzuleiten. Seit 2003 wird dieses Monitoring zum Teil in Projekten mit aktuellem Bezug und einer höheren Flexibilität bei der Festlegung von möglichen Lebensmittel-/Stoff-Kombinationen durchgeführt.

2. Problemstellung:

Getreide kann sowohl im Bestand auf dem Feld als auch im Lager von Pilzen befallen werden, die als giftige Stoffwechselprodukte verschiedene Mykotoxine produzieren können. Besonders Mais ist anfällig für eine Infektion mit Feldpilzen der Gattung Fusarium, die Schimmelpilzgifte aus der Gruppe der Fusarientoxine bilden. Starker Befall mit F. moniliforme, F. proliferatum und verwandten Arten kann daher zu hohen Fumonisinkonzentrationen in Maiskörnern und den daraus hergestellten Lebensmitteln führen. Mengenmäßig überwiegt in kontaminierten Produkten das Fumonisin B1 deutlich vor Fumonisin B2, während Fumonisin B3 in weitaus geringeren Mengen oder nicht nachweisbar vorliegt. Fumonisine wirken neurotoxisch, pulmotoxisch, hepatotoxisch sowie cancerogen. Aufgrund dieser Eigenschaften legte 2003 der Wissenschaftliche Ausschuss für Lebensmittel der Europäischen Kommission (Scientific Committee on Food - SCF) eine tolerierbare tägliche Aufnahme (TDI –Tolerable Daily Intake) für die Fumonisine – einzeln oder als Summe – von 2 µg/kg Körpergewicht/Tag fest.

Weitere relativ häufig in Maiserzeugnissen nachweisbare Schimmelpilzgifte sind Zearalenon und Deoxynivalenol (DON), die ebenfalls von Feldpilzen der Gattung Fusarium gebildet werden. DON, gebildet von F. culmorum und F. graminearum, werden u. a. immunsupressive Wirkungen zugeschrieben. Wegen dessen Toxizität hat das SCF für DON einen TDI von 1 µg/kg Körpergewicht/Tag festgelegt.

Zearalenon, das von F. graminearum synthetisiert wird, besitzt zwar nur geringe akute Toxizität, ist jedoch aufgrund seiner estrogenen Wirkung ebenfalls in Lebensmitteln unerwünscht. Das SCF sprach für Zearalenon einen vorübergehenden (temporary) TDI (t-TDI) von 0,2 µg/kg Körpergewicht/Tag aus.

Ochratoxin A und Aflatoxine werden von Schimmelpilzen der Gattungen Aspergillus und Penicillium gebildet und sind toxikologisch von besonderer Bedeutung. Ihr Nachweis deutet auf ungeeignete Lager- oder Transportbedingungen der Produkte hin.

3. Lebensmittelrechtliche Bewertung:

Zum Zeitpunkt der Durchführung des Projekts gab es in Deutschland für Fumonisine in Lebensmitteln einen vom damaligen Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) ausgesprochenen Toleranzwert von 1000 µg/kg. Nationale Höchstmengen für verschiedene Fusarientoxine in Getreide und Getreideerzeugnissen wurden im Februar 2004 in die Mykotoxin-Höchstmengenverordnung (MHmV) übernommen. Maismehle und Maisgrieße dürfen seitdem 500 µg/kg Fumonisin B1 + B2 sowie 500 µg/kg Deoxynivalenol nicht überschreiten und Cornflakes müssen 100 µg/kg Fumonisin B1 + B2 sowie 500 µg/kg DON als Höchstwerte einhalten. EU-weite Höchstgehalte für Fusarientoxine werden von der Europäischen Kommission bereits diskutiert, dürften jedoch frühestens 2005 die nationalen Werte ablösen.

Bereits in VO (EG) Nr. 466/21001 enthalten sind hingegen die auch für Maismehl, Maisgrieß und Cornflakes gültigen Höchstgehalte von 3,0 µg/kg Ochratoxin A und 2,0 µg/kg Alfatoxin B1 bzw. 4,0 µg/kg Aflatoxin B1 + B2 + G1 + G2 für Getreideverarbeitungserzeugnisse.

4. Durchführung:

Unter der Federführung des LAVES - Lebensmittelinstitut Oldenburg nahmen die folgenden amtlichen Untersuchungseinrichtungen an diesem Monitoringprojekt teil:

  • Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Sigmaringen

  • Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit - Standort Oberschleißheim

  • Staatliches Untersuchungsamt Hessen - Standort Kassel

  • Chemisches Institut der Stadt Duisburg

  • Institut für Lebensmitteluntersuchungen und Umwelthygiene der Kreise Wesel und Kleve in Moers

In dem Projekt sollten insgesamt 220 Proben mit jeweils mindestens 1 kg Probenmaterial zur Untersuchung genommen werden. Probenahmestelle, Probenahmezeitraum in 2003, Herkunftsstaat und Anbaumethode waren freigestellt. Die für die Analytik der Fumonisine B1 und B2 vorgesehene mindest einzuhaltende Bestimmungsgrenze betrug 50 µg/kg. Fumonisin B3 und weitere Mykotoxine, wie DON, Zearalenon, Ochratoxin A und Aflatoxine durften zusätzlich freiwillig bestimmt werden.

5. Ergebnisse:

Die Projektergebnisse wurden auf dem gemeinsamen Workshop von Bund und Ländern zum Informations- und Erfahrungsaustausch über das Lebensmittel-Monitoring am 21. September 2004 in Potsdam vorgetragen und werden in dem Bericht über das Lebensmittel-Monitoring 2003 des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) veröffentlicht.

Bereits zuvor waren die Resultate auf einem Poster im Rahmen des 33. Deutschen Lebensmittelchemikertages vom 13. – 15. September 2004 in Bonn präsentiert worden. Eine Kurzfassung des Posterbeitrages wird in der Zeitschrift "Lebensmittelchemie" publiziert.

 

Die 6 Labore untersuchten insgesamt 234 Proben, davon 68 Maismehle, 79 Maisgrieße und 87 Cornflakes. Damit wurde die ursprünglich für das Projekt vorgesehene Probenzahl von insgesamt 220 Proben deutlich übertroffen. Die mindest einzuhaltende Bestimmungsgrenze von 50 µg/kg für die Fumonisine B1 und B2 wurde bei den Untersuchungen eingehalten. Zur Überprüfung der eingesetzten Analysenmethoden nahmen alle Labore an einer internen Laborvergleichsuntersuchung teil.

 

Aufgrund der geringen Probenzahl je Labor ergibt nur eine Gesamtauswertung der Daten ein statistisch belegbares Resultat, sodass eine gesonderte Betrachtung der niedersächsischen Untersuchungsergebnisse hier nicht erfolgt.

- Summe der Fumonisine B1 + B2

Da nur wenige Proben auch auf das seltenere Fumonisin B3 untersucht wurden, gingen diese Daten nicht in die statistische Auswertung ein.

Gemessen an Mittelwerten, Medianen und 90. Perzentilen war Maismehl (Maximalgehalt: 4280 µg/kg) am stärksten mit Fumonisinen kontaminiert. Es folgten Maisgrieß (Maximalgehalt: 4364 µg/kg) und mit deutlichem Abstand Cornflakes (Maximalgehalt: 523 µg/kg). Der Großteil der Proben enthielt jedoch keine oder nur geringe Fumonisinrückstände. 12 Maismehlproben und 7 Maisgrießproben überschritten den Toleranzwert des BgVV von 1998. Über den Höchstwerten der MHmV von 2004 lagen 15 Proben Maismehl, 10 Proben Maisgrieß und 10 Proben Cornflakes. Eine Korrelation zwischen Anbauart und Kontamination aufzuzeigen war zwar nicht definiertes Ziel dieses Projektes. Dennoch lieferte hier die getrennte Auswertung interessante Tendenzen: Produkte mit Hinweisen auf Bio-/Öko-Anbau (n=65) waren geringer mit Fumonisinen belastet als Erzeugnisse ohne derartige Angaben.

 

- Deoxynivalenol (DON)

Eine ähnliche Verteilung der Kontamination auf die jeweilige Produktgruppe und Anbauart zeigte DON in den darauf untersuchten 80 Proben. Die Gehalte in 4 Proben Maismehl (Maximum: 876 µg/kg), 3 Proben Maisgrieß (Maximum: 2160 µg/kg) und 1 Probe Cornflakes (Maximum: 688 µg/kg) überschritten die seit Anfang 2004 gültigen Höchstmengen der MHmV. Sowohl Fumonisine als auch DON in überhöhten Konzentrationen waren in 2 Maismehlproben, 1 Maisgrießprobe und 1 Cornflakesprobe nachweisbar.

 

- Zearalenon

Von 51 darauf getesteten Proben überschritten 2 Proben Maismehl mit bis zu 67 µg/kg den ebenfalls ab Anfang 2004 gültigen Höchstwert der MHmV (50 µg/kg). Alle anderen Proben waren nicht oder wenig kontaminiert.

- Aflatoxine und Ochratoxin A

In den Proben, die auch auf Aflatoxine (n=52) und Ochratoxin A (n=19) untersucht wurden, konnten dagegen keine überhöhten Kontaminationen gemessen werden.

6. Diskussion:

Mit dem Projekt konnte gezeigt werden, dass zwar ein Großteil der Proben keine oder nur geringe Gehalte der untersuchten Mykotoxine aufwies aber Maismehle und Maisgrieße auch recht hohe Konzentrationen an Fumonisinen und Deoxynivalenol enthalten können. Gemessen an den Anfang 2004 eingeführten Höchstmengen der MHmV wurden in einzelnen Proben aller drei Erzeugnisse überhöhte Kontaminationen dieser beiden Mykotoxine und in Maismehl auch von Zearalenon nachgewiesen. Da Maiserzeugnisse gehäuft von Zöliakiekranken, die auf glutenfreie Kost angewiesen sind und Cornflakes besonders von Kindern verzehrt werden, ist dieses Resultat nicht unbedenklich. Daher werden diese Produkte auch in Zukunft regelmäßig auf Einhaltung der Höchstmengen zu prüfen sein.

Die insgesamt niedrigeren Fumonisin- und DON-Gehalte in Cornflakes gegenüber Maismehl und –grieß könnten u.a. folgende Ursachen haben:

- Landwirtschaftliche Praxis

Die Kontamination mit Fusarientoxinen, die auch nebeneinander vorliegen können, ist durch eine Vielzahl ackerbaulicher Maßnahmen und durch Verarbeitungsprozesse beinflussbar. So kann z. B. der Einsatz resistenter Maissorten, geeigneter Standorte (Klima!), längeren Fruchtfolgen, wendender Bodenbearbeitung und von Pflanzenschutzmitteln den Fusarienbefall verringern. Nach der Ernte kann der Mykotoxingehalt durch das Säubern und Aussortieren beschädigter oder schimmeliger Maiskörner reduziert werden. Dagegen führt das Mahlen der kontaminierten Körner zu einer Anreicherung oder Verminderung der Konzentration in den jeweiligen Mahlfraktionen.

Zwar konnte aus den Angaben der Fertigpackungen nur selten auf den Ursprung geschlossen werden, jedoch dürfte der Mais für die meisten Mehle und Grieße aus Südeuropa (Italien, Frankreich) oder der Türkei stammen. Da er dort nur in begrenzten Regionen angebaut wird, kommen zumindest beim konventionellen Anbau immer wieder die gleichen Felder zur Verwendung, was den Fusarienbefall fördert. Hierauf deuten auch die tendenziell niedrigeren Fumonisin- und DON-Gehalte in den alternativ erzeugten Proben hin. Zudem geben etliche Cornflakeserzeuger die Verarbeitung argentinischen Hochlandmaises an, sodass die dortigen Anbaubedingungen den Fusarientoxingehalt offenbar günstig beeinflussen. Dennoch scheint der alternative Anbau auch hier eine zusätzliche Reduzierung der Gehalte zu ermöglichen.

- Weiterverarbeitung

Nach neueren Erkenntnissen wird ein Teil der Fumonisine bei höheren Temperaturen, wie sie z. B. bei der Herstellung von Cornflakes vorliegen, an bestimmte Lebensmittelbestandteile, wie Zucker und Proteine, gebunden oder anderweitig chemisch verändert. Da mit den hier eingesetzten Analysenmethoden nur freie Fumonisine erfasst werden, könnten somit niedrigere Konzentrationen in den Proben vorgetäuscht worden sein. Allerdings scheint noch nicht völlig geklärt zu sein inwieweit diese Fumonisinderivate die toxischen Eigenschaften der Ausgangsverbindungen behalten und letztere während des Verdauungsprozesses wieder freigesetzt werden. Auch hierzu besteht noch weiterer Untersuchungsbedarf.

Maisfeld
Maisfeld

7. Weitere Informationen:

LAVES
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
Bundesamt für Risikobewertung
Gesellschaft für Mykotoxinforschung e.V.
Verbraucherschutzinformationssystem
Arbeitsgruppe Lebensmittelqualität und -sicherheit der Uni Kiel
Europäische Kommission

  • Lebensmittel-Monitoring 2003, Ergebnisse des bundesweiten Lebensmittel-Monitorings, Gemeinsamer Bericht des Bundes und der Länder, BVL 2004

  • Handbuch Lebensmittel-Monitoring des BVL, Ergänzungslieferung für das Jahr 2003

  • Meyer A. H. (Hrsg.): Lebensmittelrecht, Textsammlung, 95. Ergänzungslieferung März 2004, Verlag C. H. Beck

  • W. Mücke, Ch. Lemmen: Schimmelpilze, Vorkommen – Gesundheitsgefahren - Schutzmaßnahmen, ecomed 1999

  • R. Heitefuss, F. Klingauf: Gesunde Pflanzen – Gesunde Nahrung, Schriftenreihe der Deutschen Phytomedizinischen Gesellschaft, Band 7, Ulmer 2004

  • H.-U. Humpf, K. A. Voss: Effects of thermal food processing on the chemical structure and toxicity of fumonisin mycotoxins, Review, Mol. Nutr. Food Res. 2004, 48, 255-269

  • R. Kombal, G. Thielert, D. Sparrer, F. Dittmar, C. Blachnik, R. Krull-Wöhrmann: Lebensmittelmonitoring 2003 – Projekt M3: Fumonisine in Maismehl, Maisgrieß und Cornflakes, Posterkurzfassung, Lebensmittelchemie (in Druck)

Maisgrieß, Cornflakes und Maismehl (von oben nach unten)  

Maisgrieß, Cornflakes und Maismehl (v. o. n. u.)

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