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Kochschinken und ähnliche Kochpökel-Erzeugnisse

Was erwartet der Verbraucher, und was bekommt er tatsächlich?


Kochschinken Bildrechte: © HLPhoto - Fotolia.com
Die Produktpalette der als „Kochschinken“ bezeichneten Produkte ist vielfältig. Bei Discountern oder in Supermärkten werden überwiegend industriell hergestellte, bereits aufgeschnittene Kochschinkenerzeugnisse in Fertigpackungen angeboten. Kochschinken und Schinkenerzeugnisse werden im Lebensmittelinstitut Oldenburg des LAVES mit einer breiten Methodenpalette untersucht. Bei der Untersuchung von 100 Proben Kochschinken im Lebensmittel- und Veterinärinstitut Oldenburg des LAVES wurden in den Jahren 2022 bis 2024 zahlreiche Proben, hinsichtlich der Kennzeichnung, bemängelt.

Untersuchungsergebnisse des LAVES

Im Jahr 2024 wurden in zwei Projekten insgesamt 22 Proben Kochschinken und ähnliche Kochpökelerzeugnisse hinsichtlich der geweblichen Zusammensetzung untersucht.

Von den insgesamt 22 Proben stammten 12 Proben Kochpökelerzeugnisse mit der Bezeichnung „Kochschinken“ aus Pizzerien und 10 Proben Kochschinken vom Schwein aus Fertigpackungen aus dem Einzelhandel.

Von den gesamten 22 Proben wurde bei 17 Proben (77 Prozent) die Bezeichnung als nicht zutreffend und damit irreführend beurteilt. Überwiegend wurde in der Bezeichnung nicht auf das Zusammenfügen aus Schinkenteilen hingewiesen. Offensichtlich wird diese Pflicht von vielen Herstellern nicht eingehalten. Die klare Einteilung der Schinkenqualitäten wurde in die Leitsätze im Jahr 2014 aufgenommen und führte zu umfangreichen Diskussionen. Es bleibt festzustellen, dass bei vielen auf dem Markt befindlichen Kochschinken-Produkten für Verbraucher und Verbraucherinnen aus der Bezeichnung nicht zu erkennen ist, dass es sich um ein aus Schinkenteilen zusammengesetztes Produkt handelt.

Frühere Untersuchungsergebnisse

In den Jahren 2022 und 2023 wurden in vier Projekten insgesamt 78 Proben Kochschinken und ähnliche Kochpökelerzeugnisse aus der Gastronomie hinsichtlich ihres mikrobiologischen Status sowie ihrer geweblichen Zusammensetzung überprüft.

Von insgesamt 78 Proben wurden sieben Proben als nicht zum Verzehr geeignet aufgrund mikrobiell bedingten Verderbs, vor allem von Milchsäurebakterien verursacht, beurteilt. Bei weiteren 22 Proben wurde auf die erhöhte Gesamtkeimzahl hingewiesen.

Im Hinblick auf die Zusammensetzung wurde bei 51 Proben (65 Prozent) die Bezeichnung als nicht zutreffend und damit irreführend beurteilt. In der Bezeichnung wurde hauptsächlich nicht auf das Zusammenfügen aus Schinkenteilen hingewiesen.

Kochschinken – aus Schinkenteilen zusammengefügt?

Die Produktpalette der als „Kochschinken“ bezeichneten Produkte ist vielfältig. Neben traditionell in handwerklichen Fleischereien hergestellten Kochschinken findet man auch handgelegte Schinken von mittelständischen Herstellern, sowie maschinell abgefüllte Produkte aus größeren Betrieben. Die meisten Produkte werden zusätzlich als „Spitzenqualität“ oder „Delikatess“ ausgelobt. Die handwerkliche Herstellung von Kochschinken ist seit längerer Zeit eher in den Hintergrund getreten. Bei Discountern oder in Supermärkten werden überwiegend industriell hergestellte, bereits aufgeschnittene Kochschinkenerzeugnisse in Fertigpackungen angeboten. Hierfür werden Teilstücke des Schinkens nach dem Spritzpökeln mechanisch vorbehandelt, in meterlange Kunstdärme abgefüllt und erhitzt. Auf diese Weise wird ein immer gleich bleibendes Kaliber garantiert und der Verschnitt minimiert. Je nach Größe der verarbeiteten Schinkenstücke nach dem Abfüllen erinnert das Schnittbild an gewachsenen Schinken, oder an Formfleisch (aus kleineren Fleischstücken zusammengefügte Erzeugnisse).

Wer im Restaurant ein Gericht bestellt, das laut Speisekarte „Kochschinken“ enthält (zum Beispiel Schinken-Pizza), erhält oftmals Formfleisch-Schinken. In manchen gastronomischen Betrieben findet dann eine Kennzeichnung in der Speisekarte mittels einer Fußnote mit Sternchen bei dem Namen des Gerichts statt, zum Beispiel „Pizza mit Schinken*“ (Fußnote: * „Formfleisch- Vorderschinken“). Diese Kennzeichnung ist nicht zulässig, da die Angabe in Fußnoten nur für Zusatzstoffe erlaubt ist, nicht aber zur versteckten Kennzeichnung abweichender Zusammensetzung oder Beschaffenheit.
Zuweilen werden jedoch minderwertige Ersatzprodukte, die mit Schinken nichts mehr gemein haben und zum Teil nur noch zu 51 bis 80 Prozent aus Fleisch, dafür aus viel Wasser, Stärke, Pflanzeneiweiß und Zusatzstoffen bestehen, zu Gerichten verarbeitet. Als "Schinken" bezeichnet dürfen derartige Imitate aufgrund des geringen Fleischanteils und des hohen Zerkleinerungsgrades natürlich rechtmäßig überhaupt nicht in den Verkehr gelangen. Für derartige Produkte ist nur eine beschreibende Bezeichnung denkbar, wie beispielsweise „Pizza- Belag nach Brühwurst- Art, mit x % Vorderschinkenfleisch, mit Trinkwasser, Stärke und Sojaeiweiß“ oder ähnlich.
Auch äußerlich unverdächtig erscheinende Schinken können verfälscht sein. Eine Streckung durch Fremdwasser ist keine Seltenheit. Durch den Zusatz von Zusatzstoffen wie Phosphat und Verdickungsmitteln kann der Wasserzusatz erfolgen, ohne dass der Schinken wässrig erscheint. Auch die Injektion von Eiweißpulvern (zum Beispiel hydrolysierte Gelatine) und proteinhaltigen Emulsionen und sogar Verarbeitung von Separatorenfleisch wurden bereits festgestellt.

Verkehrsauffassung für Kochschinken und ähnliche Erzeugnisse

Die übliche Beschaffenheit von Fleischerzeugnissen ist in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuches beschrieben. In der Neufassung der Leitsätze vom 25.11.2015 wurde das Thema „Kochschinken“ überarbeitet.

Nach Ziffer 2.341 der Leitsätze werden zur Herstellung von „Kochschinken“ nur unzerkleinerte Fleischteilstücke der Hintergliedmaße des Schweines wie Ober- und Unterschale, Nuss und / oder Hüfte eingesetzt. Diese werden üblicherweise per Hand als Stangenware gelegt.

Werden für die Auslobung des Kochschinkens Begriffe wie „Traditions“, oder „Klassik“ verwendet, muss das verarbeitete Fleisch wie gewachsen von einem Tier stammen.

Bei „Metzger“, „Fleischer“, oder „Meister“-Kochschinken wird jeweils eine Ober- und Unterschale, gegebenenfalls zusätzlich Nuss und/oder Hüfte, manuell zu einem Schinken gelegt.

Wird der Schinken dagegen vor dem Garen maschinell in Hüllen gefüllt, handelt es sich aufgrund der insbesondere mit dem Abfüllvorgang einhergehenden Zerkleinerung der ursprünglich ganzen Schinkenteilstücke, um einen „Kochschinken aus Schinkenteilen zusammengefügt“. Bei derartig hergestellten Erzeugnissen muss der gewichtsmäßige Anteil an Fleischstücken mit einem Gewicht von mehr als 250 g mindestens 80 Prozent betragen. Der Anteil an Muskelabrieb (brätartige Substanz aus freigesetztem Muskeleiweiß) soll nicht den Wert von drei Vol.-% übersteigen.

Wenn die zusammengefügten Fleischstücke die oben genannte Mindestanforderung an das Gewicht nicht erfüllen, ist eine Kennzeichnung als „Formfleischschinken, aus Fleischstücken zusammengefügt“ notwendig. Der Anteil an Muskelabrieb (brätartige Substanz aus freigesetztem Muskeleiweiß) ist bei Formfleisch-Schinken auf fünf Vol.-% begrenzt.

Schinken aus der Vorderextremität wird als Vorderschinken (Schulterschinken) bezeichnet.

Neben den geweblichen Anforderungen sind auch chemische Mindestanforderungen definiert. Parameter sind BEFFE (Bindegewebseiweißfreies Fleischeiweiß) und FeiffA (Fleischeiweiß im fettfreien Anteil), die bei Auslobung als „Spitzenqualität“ höher sein müssen.

Für den Käufer ist es manchmal schwierig, Kochschinken von zusammengefügten oder nachgeahmten Kochpökelerzeugnissen zu unterscheiden.
Kochschinken Bildrechte: © LAVES
Kochschinken

Kochschinken

ist gewachsenes Fleisch vom Hinterbein des Schweines.

Nach dem Auslösen des Oberschenkelknochens wird das Fleisch gepökelt, gegart und eventuel geräuchert.

„Traditions- / Klassik“: Fleisch von einem Tier

„Metzger“, „Fleischer“, „Meister“: Jeweils eine Ober- und Unterschale, ggf. zusätzlich Nuss und/oder Hüfte Kochschinken weist oft an einer Seite einen Speckrand auf, manchmal mit Schwarte.

Kochschinken ist handgelegt. Er kann auch in einer Form erhitzt werden. BEFFE mindestens 85 Prozent

FeiffA 19 Prozent, bei Spitzenqualität 20 Prozent

Kochschinken aus Schinkenteilen zusammengefügt Bildrechte: ©LAVES
Kochschinken aus Schinkenteilen zusammengefügt

Kochschinken aus Schinkenteilen zusammengefügt

Ganze Schinkenstücke werden gepökelt und dann durch langsames Drehen in einer großen Trommel mechanisch vorbehandelt.

Dabei bildet sich Eiweißschaum an der Oberfläche der Fleischstücke.
Die vorbehandelten Stücke werden maschinell in Kunstdärme gefüllt und erhitzt. Dabei kommt es zu Zerkleinerungen/Zerreißungen der Fleischstücke.

Nach dem Abfüllen muss der gewichtsmäßige Anteil an Fleischstücken mit einem Gewicht > 250 g mindestens 80 Prozent betragen.
Das ausgetretene Muskeleiweiß koaguliert beim Erhitzen und verbindet die Stücke zu einem schnittfesten „Kochschinken aus Schinkenteilen zusammengefügt“. Der Anteil an Eiweißschaum beträgt maximal drei Prozent.

BEFFE mindsetens 90 Prozent FeiffA 19 Prozent, bei Spitzenqualität 20 Prozent
Formfleisch-Schinken Bildrechte: © LAVES
Formfleisch-Schinken

Formfleisch-Schinken aus Schinkenteilen zusammengefügt

Fleischstücke werden durch langsames Drehen in einer großen Trommel mechanisch vorbehandelt.

Dabei bildet sich Eiweißschaum an der Oberfläche der Fleischstücke.

Die vorbehandelten Stücke werden in Kunstdärme gefüllt und erhitzt.

Das ausgetretene Muskeleiweiß wird fest und verbindet die Stücke zu einem schnittfesten Formfleisch-Schinken.

Der Zusatz von fein zerkleinertem Fleisch ist nicht zulässig!

Der Anteil an Eiweißschaum beträgt maximal fünf Prozent.

BEFFE mindestens 90 Prozent

FeiffA 19 Prozent, bei Spitzenqualität 20 Prozent
Schinkenimitat Bildrechte: © LAVES
Schinkenimitat

Kochpökelerzeugnis anderer Art („ALIUD“)

Dieses Produkt hat mit „Schinken“ nicht viel gemeinsam und darf auch nicht so heißen! Auch als Belag auf „Schinken“- Pizza nicht zulässig.

Fleischanteil: meist 50 Prozent bis 85 Prozent

Weitere Zutaten: Wasser, Bindemittel (zum Beispiel Stärke), Verdickungsmittel, Soja und andere

Herstellung: intensive mechanische Vorbehandlung des zum Teil feinst zerkleinerten Fleisches mit Wasser und Bindemitteln und andere Zutaten, Abfüllen in Kunstdärme, Erhitzung.

Hoher Anteil an Eiweißschaum, meist überwiegend fein zerkleinert (Stärke-Gel)

Konsistenz: oft strukturlos, leicht mehlig

Geschmack: meist ohne Fleischaroma, leicht süsslich

Da derartige Imitate von den Überwachungsbehörden und Untersuchungsämtern regelmäßig und konsequent beanstandet werden, ist seit einigen Jahren ein Trend zum Rückgang der Verwendung zu erkennen. Viele Gastronomen verarbeiten mittlerweile Formfleisch-Schinken, oder Kochschinken aus Schinkenteilen zusammengefügt.

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