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Ethylenoxid in Lebensmitteln

Seit Herbst 2020 häufen sich im EU-Schnellwarnsystem Meldungen bei Lebensmitteln mit dem Wirkstoff „Ethylenoxid (Summe aus Ethylenoxid und 2-Chlorethanol, ausgedrückt als Ethylenoxid)“ – kurz ETO. Im Wesentlichen wurde 2-Chlorethanol als Hauptreaktionsprodukt von Ethylenoxid festgestellt. ETO ist in Lebensmitteln unerwünscht und unterliegt der Nulltoleranz.

Ethylenoxid dient als Begasungsmittel und tötet bei getrockneten Materialien Mikroorganismen und Insekten ab (Bio- und Insektizid). Es wurde früher gegen Vorratsschädlinge und Hausungeziefer verwendet, bis es in Deutschland 1981 vom Markt genommen wurde.

Zunächst wurde ETO in Sesamsamen aus Indien festgestellt. Im weiteren Geschehen waren viele weitere aus Drittstaaten (vorrangig aus Asien und Afrika) importierte Lebensmittel belastet. In Niedersachsen waren unter anderem Gewürze (zum Beispiel getrocknetes Ingwer-, Curry- und Kurkumapulver) oder Stabilisatoren (zum Beispiel Johannisbrotkernmehl, Guarkernmehl, Xanthan und Pektin) und die daraus hergestellten Lebensmittelprodukte betroffen (zum Beispiel Zerealien, Back- und Wurstwaren sowie Gewürzmischungen, Eis, Soßen, Suppen oder Nahrungsergänzungsmittel).

Das Lebensmittel- und Veterinärinstitut Oldenburg hat 2021 insgesamt 167 Proben auf ETO-Rückstände untersucht. Hauptsächlich untersucht wurden Speiseeis, Reis, Sesam, Gewürze, Gewürzmischungen und Verdickungsmittel.

Insgesamt elf Proben enthielten ETO-Rückstände oberhalb des in VO (EG) Nr. 396/2005 festgelegten Summenhöchstgehalts für ETO. Hierbei handelte sich um fünf Proben Bio-Ingwergewürzpulver und je eine Probe Currypulver, Nahrungsergänzungsmittel (NEM), Bio-Pfefferkuchengewürzmischung, Bio-Suppengewürzmischung, Bio-Wurstgewürzmischung und Bio-Leberwurst. In dem NEM (Garcinia-Cambogia-Extrakt) waren sowohl 2-Chlorethanol als auch der Ausgangsstoff Ethylenoxid enthalten, in den übrigen zehn Proben nur 2-Chlorethanol.

Nach Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) § 9 Abs. 1 Nr. 3 ist es verboten, diese Lebensmittel in den Verkehr zu bringen, da sie aufgrund der überhöhten ETO-Gehalte den Anforderungen von Art. 18 Abs. 1, auch i. V. m. Art. 20 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 396/2005 nicht entsprechen. Die NEM-Probe wurde zusätzlich nach VO (EG) Nr. 178/2002 Art. 14 Abs 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 2 Buchst. a als nicht sicher beurteilt.

Da für vereinzelte Lebensmittel keine Rückstandshöchstgehalte für ETO festgelegt sind und die rechtlichen Grundlagen unterschiedlich interpretiert wurden, sind auf EU-Ebene zur Harmonisierung der Maßnahmen Empfehlungen erarbeitet worden. In Niedersachsen wurden auf Basis von Analysedaten aus der amtlichen Überwachung oder aus Eigenkontrollen der Lebensmittelunternehmer toxikologische Risikoeinschätzungen zur operativen Beratung der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden erstellt. Hiermit wurde die Dringlichkeit von Risikomanagementmaßnahmen zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher charakterisiert (zum Beispiel Rücknahme und Rückruf von Lebensmitteln).



Was ist Ethylenoxid?
Nach aktueller Datenlage hat Ethylenoxid unter anderem genotoxische Eigenschaften ohne eine Schwellendosis für physiologische Wirkungen, das heißt: Prinzipiell kann jeder Gehalt eine die Gesundheit schädigende Wirkung haben. In der EU ist die Anwendung als Begasungsmittel im Zusammenhang mit Lebensmitteln im Sinne einer Nulltoleranz seit den 1990er Jahren verboten. Somit entsprechen die festgelegten Rückstandshöchstgehalte für Futter- und Lebensmittel der analytisch erreichbaren Bestimmungsgrenze.
Wie kann Ethylenoxid nachgewiesen werden?
Ethylenoxid reagiert in Anwesenheit von Chloridionen – die nahezu in allen Lebensmitteln vorhanden sind – schnell und praktisch vollständig zu seinem Hauptreaktionsprodukt 2-Chlorethanol. Das Reaktionsprodukt wird oftmals einzig nachgewiesen. Somit ist bei einem Nachweis von 2-Chlorethanol ein Hinweis auf eine Anwendung von Ethylenoxid gegeben. In der EU-Pestizidverordnung wird diesem Umstand Rechnung getragen, indem der Wirkstoff als „Ethylenoxid (Summe aus Ethylenoxid und 2-Chlorethanol, ausgedrückt als Ethylenoxid)“ (kurz ETO) definiert wurde.
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