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Dioxine und PCB in Ölsaaten und Pseudogetreiden

Superfood Bildrechte: © tbralnina - stock.adobe.com
Auf den Lebensmittelmarkt gelangen zunehmend neue Lebensmittel, und längst in Vergessenheit geratene Getreidearten kommen in Mode. Rezepte mit sogenannten „Superfoods“ wie Quinoa, Amaranth, Chiasamen, Leinsamen, Hanfsamen und Buchweizen aber auch Sonnenblumenkernen oder Kürbiskernen finden sich zuhauf im Internet oder in Zeitschriften. Diese Produkte werden überwiegend nicht in Deutschland hergestellt und kommen häufig aus Übersee. Wie es in diesen Ländern mit der Kontamination mit Dioxinen und PCB aussieht, kann schwer eingeschätzt werden.

Daher wurden im Lebensmittel- und Veterinärinstitut (LVI) Oldenburg des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) in den Jahren 2020 und 2021 die Gehalte an Dioxinen und PCB in verschiedenen Ölsaaten (Chiasamen, Leinsamen, Hanfsamen, Sonnenblumenkerne und Kürbiskerne) und Pseudogetreiden (Quinoa, Amaranth und Buchweizen) überprüft.

Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat sich im selben Jahr mit den gesundheitlichen Risiken einiger dieser Lebensmittel beschäftigt.

Dioxine und PCB sind fettlöslich und lagern sich im Fettgewebe von Tieren und Menschen an. Sie sind langlebig und werden nur sehr langsam im tierischen Organismus abgebaut. Um das Gefährdungspotenzial eines Lebensmittels abschätzen zu können, nutzt man das Modell der Toxizitätsäquivalente (TEQ). Die Kongenere aus der Gruppe der Dioxine beziehungsweise dioxinähnlichen PCB besitzen unterschiedliche toxische Potenziale, die in Toxizitätsäquivalenzfaktoren (TEF) ausgedrückt werden. Die TEF-Werte wurden aufgrund wissenschaftlicher Studien von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorgeschlagen.

Die analytisch ermittelten Gehalte der einzelnen Kongenere werden mit dem jeweiligen TEF-Wert multipliziert, die Summe dieser Einzelwerte für die Kongenere aufsummiert. So erhält man den WHO-PCDD/F-TEQ-Gehalt beziehungsweise den WHO-PCB-TEQ-Gehalt des Lebensmittels. Die Summe der TEQ-Gehalte von Dioxinen und dl-PCB ergibt dann den WHO-PCDD/F-PCB-TEQ-Gehalt.

Rechtliche Einordnung

Dioxine sowie dl-PCB zählen zu den Kontaminanten. Kontaminanten sind unerwünschte Stoffe, die unbeabsichtigt auf jeder Stufe der Herstellung in ein Lebensmittel gelangen können. Zum Schutz der Gesundheit ist es erforderlich, dass Lebensmittel so gering wie möglich mit Kontaminanten belastet sind.

Höchstgehalte für Dioxine und für die Summe aus Dioxinen und dl-PCB wurden für pflanzliche Lebensmittel nicht festgelegt.

Für Getreide und Ölsaaten sind jedoch in der „Empfehlung 2014/663/EU der Kommission vom 11.09.2014 zur Reduzierung des Anteils von Dioxinen, Furanen und PCB in Futtermitteln und Lebensmitteln“ Auslösewerte für Dioxine von 0,50 pg WHO-PCCD/F-TEQ/g Frischgewicht und für dl-PCB von 0,35 pg WHO-PCB-TEQ/g Frischgewicht festgelegt worden.

Ein Auslösewert ist ein Grenzwert, bei dessen Überschreitung Maßnahmen getroffen werden müssen, um die Ursache beziehungsweise Quelle für die Kontamination zu ermitteln. Da Dioxine und dl-PCB aus unterschiedlichen Quellen stammen, gelten verschiedene Auslösewerte für diese beiden Stoffgruppen.

Chiasamen, Leinsamen und Hanfsamen zählen zu den Ölsaaten ebenso wie Sonnenblumenkerne und Kürbiskerne; für diese Lebensmittel wird der Auslösewert direkt angewendet.

Quinoa, Amaranth und Buchweizen sind sogenannte Pseudogetreide, für die keine rechtlichen Grenzwerte für Dioxine und dl-PCB festgelegt wurden. Die Auslösewerte aus der Empfehlung der Kommission wurden hier als Orientierungswerte zur Abschätzung der Belastungshöhe herangezogen.

Leinsamen, Hanf, Chia Bildrechte: ©LAVES
Leinsamen, Hanf und Chia
Dioxin- und PCB-Gehalte der Ölsaaten – Chiasamen, Leinsamen, Hanfsamen, Sonnenblumenkerne und Kürbiskerne

Chiasamen, Leinsamen und Hanfsamen enthalten zwischen 30 Prozent und 40 Prozent Fett. Sonnenblumenkerne und Kürbiskerne enthalten sogar durchschnittlich mehr als 40 Prozent Fett. Zur Untersuchung wurden 17 Proben Leinsamen, 15 Chiasamen, 5 Proben Hanfsamen, 19 Proben Sonnenblumenkerne und 11 Proben Kürbiskerne eingesandt. Überwiegend stammten der Leinsamen und die Sonnenblumenkerne aus Osteuropa, die Chiasamen aus Südamerika, die Hanfsamen aus Deutschland und die Kürbiskerne aus Österreich.


Kürbiskerne, ungeschälte und geschälte Sonnenblumenkerne Bildrechte: ©LAVES
Kürbiskerne, ungeschälte und geschälte Sonnenblumenkerne

Der Dioxingehalt aller Proben lag mit durchschnittlich 0,03 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g Frischgewicht bei Chiasamen und Leinsamen und 0,04 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g Frischgewicht bei den Hanfsamen und den Sonnenblumenkernen sowie 0,05 pg WHO-PCDD/F-TEQ /g Frischgewicht bei den Kürbiskernen deutlich unterhalb des Auslösewertes. Der dl-PCB-Gehalt aller Proben lag unterhalb der Bestimmungsgrenze von 0,01 pg WHO-PCB-TEQ/g Frischgewicht.
Quinoa, Amaranth, Buchweizen   Bildrechte: ©LAVES
Quinoa, Amaranth und Buchweizen

Dioxin- und PCB-Gehalte der Pseudogetreide – Amaranth, Quinoa und Buchweizen

Amaranth, Quinoa und Buchweizen zählen zu den Pseudogetreiden. Sie enthalten deutlich weniger Fett, der Fettgehalt liegt bei unter 10 Prozent. Zur Untersuchung wurden 10 Proben Amaranth, 20 Proben Quinoa und 13 Proben Buchweizen eingesandt. Amaranth stammte überwiegend aus Indien, Quinoa aus Südamerika (unter anderem Bolivien und Peru), Buchweizen aus Deutschland.

Hier zeigte sich ein ähnliches Bild wie bei den Ölsaaten: Der Dioxingehalt aller Proben lag mit durchschnittlich 0,03 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g Frischgewicht deutlich unterhalb des Auslösewertes für
Ölsaaten. Der dl-PCB-Gehalt aller Proben lag unterhalb der Bestimmungsgrenze von 0,01 pg WHO-
PCB-TEQ/g Frischgewicht.

Fazit

Die Untersuchungen ergeben ein erfreuliches Bild: Die allgemeine Belastung von Chiasamen, Leinsamen, Hanfsamen, Amaranth, Quinoa, Buchweizen, Sonnenblumenkernen und Kürbiskernen mit Dioxinen und dl-PCB ist sehr gering. Im Hinblick auf die untersuchten Kontaminanten können Ölsaaten und Pseudogetreide bedenkenlos verzehrt werden.

Quellen

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Dioxine und dl-PCB

Der Oberbegriff Dioxine umfasst die Gruppe der polychlorierten Dibenzodioxine (PCDD) und Dibenzofurane (PCDF). Dioxine entstehen unbeabsichtigt als unerwünschte Nebenprodukte
bei zum Beispiel Verbrennungsprozessen oder als Verunreinigung bei der Herstellung chlorhaltiger Verbindungen. Dioxine wurden – außer zu analytischen Zwecken – nie gezielt hergestellt. Dioxine treten immer in komplexen Kongenerengemischen auf. Von den 210 PCDD/F-Kongeneren besitzen 17 ein hohes toxisches Potenzial.
Polychlorierte Biphenyle (PCB) wurden früher aufgrund ihrer Eigenschaften (nicht brennbar, schwerflüchtig und elektrisch nicht-leitend) unter anderem in Transformatoren oder Kondensatoren nutzbringend eingesetzt. Auch als Weichmacher in Lacken und Anstrichen oder als Imprägnier-
und Flammschutzmittel fanden sie Verwendung. Einige der PCB-Kongenere zeigen aufgrund struktureller Ähnlichkeiten ein den Dioxinen vergleichbares Wirkprofil; sie werden deshalb auch dioxinähnliche PCB (dl-PCB) genannt.

Kongenere

Kongenere sind chemische Verbindungen mit dem gleichen Stamm, das heißt der gleichen Grundstruktur. Die jeweiligen Verbindungen können unterschiedliche chemische, physikalische und toxikologische Eigenschaften haben. Sie treten häufig als Gemisch auf. Die Kongenere der Dioxine und PCB unterscheiden sich durch Anzahl und Stellung der Chloratome an der Grundstruktur.

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