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Dioxine / PCB

Dioxine

Unter dem Oberbegriff Dioxine werden die Stoffklassen der polychlorierten Dibenzo-p-dioxine (PCDD, 75 Kongenere) und der polychlorierten Dibenzofurane (PCDF, 135 Kongenere) zusammengefasst. Dioxine treten immer in komplexen Kongenerengemischen auf. Von den 210 möglichen PCDD/F-Kongeneren sind toxikologisch besonders relevant die 17 Verbindungen, die in 2,3,7,8-Stellung chlorsubstituiert sind. Dioxine entstehen als unerwünschte Nebenprodukte bei Verbrennungsprozessen, z. B. in Verbrennungsanlagen und durch Hausbrand, und bei industriellen Prozessen, wobei die Metall verarbeitende Industrie heutzutage den größten Anteil an den Dioxin-Emissionen hat. In der Vergangenheit stellten Prozesse der Chlorchemie eine wesentliche Dioxinquelle dar. Dioxine wurden - außer zu analytischen Zwecken - nie gezielt hergestellt.


Dioxinähnliche PCB

Polychlorierte Biphenyle (PCB) wurden weltweit in großen Mengen hergestellt, da sie aufgrund ihrer physikalisch-chemischen Stoffeigenschaften – sie sind nicht brennbar, chemisch stabil, schwerflüchtig und elektrisch nicht leitend- in vielen technischen Bereichen sehr nutzbringend eingesetzt werden konnten.

PCB wurden in geschlossenen Systemen eingesetzt z. B. als Isolier- und Kühlflüssigkeit in Transformatoren, als Dielektrikum in Kondensatoren und als Hydrauliköle (Hubwerkzeuge, Getriebe im Untertagebau).

Zudem wurde PCB aber auch in offenen Systemen eingesetzt z. B. als Schmierstoffe (z. B. Getriebeöle), als Weichmacher für Lacke, Farben, Kunststoffe, Kitte und Wachse, als Imprägnier- und Flammschutzmittel, als Baumaterialien mit Silikon für Dehnfugen und als Trägermaterial für Pestizide.

Ein Teil der 209 möglichen PCB-Kongenere zeigen aufgrund struktureller Ähnlichkeiten ein den Dioxinen vergleichbares Wirkprofil, sie werden deshalb auch dioxinähnliche PCB (dl-PCB) genannt.


Aufnahme

Bei Dioxinen und dl-PCB handelt es sich um sehr toxische Stoffgruppen, die in der Umwelt aufgrund von noch bestehenden Emissionsquellen oder durch Altlasten allgegenwärtig sind. Durch ihre Langlebigkeit und hohen Fettlöslichkeit reichern sie sich im Fettgewebe von Tieren und Menschen an. Sie wurden aufgrund dieser Eigenschaften 2004 in die Liste der Persistent Organic Pollutants (POPs) der Stockholmer Konvention aufgenommen, die sich zum Ziel gemacht hat, diese Schadstoffe zu verbieten bzw. die Emissionen zu minimieren.

Die Exposition des Menschen mit Dioxinen und dl-PCB erfolgt zu ca. 95 % über Lebensmittel, wobei Lebensmittel tierischer Herkunft den größten Anteil daran haben. In erster Linie tragen Milch, Fleisch, Fisch und Eier zu der täglichen Aufnahme von Dioxinen und dl-PCB durch Lebensmittel bei.

Analytik

Im Lebensmittel- und Veterinärinstitut Oldenburg des LAVES finden die landesweiten Untersuchungen von Lebensmitteln und Futtermitteln auf "Dioxine und dioxinähnliche PCB" statt.

Die chemischen Analysenverfahren zur Bestimmung der komplexen Stoffklassen der Dioxine und der dl-PCB bestehen aus sehr aufwändigen, mehrstufigen Prozessen, da die hochtoxischen Dioxine und dl-PCB in den zu untersuchenden Proben nur in ganz geringen Spuren vorhanden sind und mit größter Präzision und Richtigkeit bestimmt werden müssen. Im Lebensmittel bzw. Futtermittel kommen sie in einer Größenordnung von pg/g oder ng/kg vor. So ist die Bestimmung von Dioxinen und dl-PCB in Lebensmitteln oder Futtermittel vergleichbar mit dem Nachweis von einem Stück Würfelzucker im Bodensee.

Der Nachweis und die Quantifizierung erfolgt mit einer HRGC/HRMS-Kopplung, d. h. die Dioxine und die dl-PCB werden jeweils kapillargaschromato-graphisch aufgetrennt und massenspektrometrisch mit einer Massenauflösung von m/z = 10 000 quantitativ bestimmt. Die hohe Massenauflösung wird trotz der aufwändigen Reinigung der Extrakte benötigt, da Störungen auf den Massenspuren durch Interferenzen mit anderen Klassen polychlorierter aromatischer Verbindungen nicht auszuschließen sind.

Toxizitätsäquivalente (TEQ)

Um das Gefährdungspotential beurteilen zu können wurde ein Summenparameter, der die Summe der PCDD/F-Kongenere als Toxizitätsäquivalente (TEQ) angibt, eingeführt. Bei diesem Berechnungsmodell werden die Gehalte und die Toxizitäten der einzelnen Kongenere berücksichtigt. Das 2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin (TCDD) ist als Substanz eingestuft, die das größte Gefährdungspotential besitzt. Die akute Toxizität der übrigen polychlorierten Dibenzodioxine und Dibenzofurane wird relativ zu 2,3,7,8-TCDD angegeben. Die Toxizitätsäquivalenzfaktoren (TEF) werden anhand unterschiedlicher Studien ermittelt und bei neueren Erkenntnissen aktualisiert. Seit 2012 werden Toxizitätsäquivalenzfaktoren verwendet, die die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2005 vorgeschlagen hat. Die Ergebnisse werden in WHO-PCDD/F-TEQ (2005) angegeben. In Analogie zu den Dioxinen werden auch die Gehalte an dioxinähnlichen PCB in WHO-PCB-TEQ (2005) angegeben, da sie ein gleichartiges Wirkprofil zeigen. Aufgrund des gleichen Wirkmechanismus werden die WHO-PCB-TEQ und die WHO-PCDD/F-TEQ addiert und zum Gesamt-WHO-TEQ zusammengefasst.


Gesetze und Verordnungen

Vom "Wissenschaftlichen Ausschuss Lebensmittel SCF" der EU wurde 2001 eine tolerierbare Aufnahme für Dioxine und dl-PCB von 14 pg WHO-TEQ/kg Körpergewicht und Woche (TWI) festgelegt. Trotz der Erfolge der Maßnahmen zur Minimierung der PCDD/F- und PCB-Emissionen, die dazu führten, dass die Belastung seit Mitte der achtziger Jahre um mehr als die Hälfte zurückging, ergaben Expositionseinschätzungen, dass ein beträchtlicher Anteil der europäischen Bevölkerung noch Mengen an Dioxinen und dl-PCB zu sich nimmt, die über dem TWI liegen.

Das Europäische Minimierungskonzept zur Verringerung der Dioxin- und dl-PCB-Belastung beruht auf drei Säulen:

  • Höchstgehalte, um hoch belastete Lebens- und Futtermittel vom Markt nehmen zu können. Höchstgehalte wurden für Dioxine und für die Summe aus Dioxinen und dl-PCB festgelegt.
  • Auslösewerte, um Belastungen zu erkennen, die deutlich über den Hintergrundwerten liegen. Die Quellen der Kontamination sind zu ermitteln und Emissionen möglichst zu unterbinden. Da Dioxine und dl-PCB aus unterschiedlichen Quellen stammen, gelten getrennte Auslösewerte für diese beiden Stoffgruppen.
  • Zielwerte, die angeben sollen, wie hoch die Belastung sein darf, damit der TWI von der Bevölkerungsmehrheit eingehalten werden kann. Die Zielwertdiskussion wurde zunächst ausgesetzt.


Lebensmittel

Höchstgehalte für Lebensmittel wurden in der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 der Kommission vom 19.12.2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln festgelegt, diese werden seither ständig aktualisiert.

Auslösewerte finden sich für Lebensmittel in der Empfehlung 2014/663/EU der Kommission vom 11.09.2014 zur Reduzierung des Anteils von Dioxinen, Furanen und PCB in Futtermitteln und Lebensmitteln


Futtermittel

Höchstgehalte und Aktionsgrenzwerte für Futtermittel wurden in der Verordnung (EU) Nr. 277/2012 der Kommission vom 28.03.2012 zur Änderung der Anhänge I und II der Richtlinie 2002/32/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Höchstgehalte und Aktionsgrenzwerte für Dioxine und polychlorierte Biphenyle festgelegt (mit den jeweils gültigen Änderungen).

Ausführliche Angaben zu den im LAVES untersuchten Proben können dem entsprechenden Kapitel in unserem Tätigkeitsbericht entnommen werden.

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