Tee ist gesund! Oder doch nicht?
Pyrrolizidinalkaloide in Tee
Tee erfreut sich als Alternative zu Kaffee großer Beliebtheit – circa 28 Liter trinken die Deutschen davon pro Kopf und Jahr. Schwarzer Tee, grüner Tee, Kräutertee oder aromatisierter Tee: Vor allem in der kalten Jahreszeit ist Tee in jeder Form beliebt. Dabei ist Tee nicht nur schmackhaft, sondern tut auch gut. Aber ist Tee auch gesund?
Pyrrolizidinalkaloide (PA) sind sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, die in über 6000 Pflanzenspezies vorkommen. Insgesamt sind mehr als 500 verschiedene PA und ihre N-Oxide bekannt. Die Aufnahme von hohen Mengen an PA können zu Leberfunktionsstörungen führen. Des Weiteren haben sich bestimmte PA im Tierversuch als genotoxische Kanzerogene herausgestellt (1).
Im Jahr 2013 führte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ein Forschungsprojekt zur Bestimmung von PA in Teeproben durch. Dabei wurden zum Teil sehr hohe PA-Gehalte festgestellt (2). Im Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover des LAVES sind in den letzten Jahren vermehrt verschiedene Teesorten auf ihren PA-Gehalt untersucht worden.
Untersuchungsergebnisse des LAVES
In den Jahren 2016-2019 wurden im Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover am Standort Braunschweig insgesamt 630 Teeproben untersucht. Während im Jahr 2016 in nur 14 Prozent der Proben keine PA-Gehalte nachzuweisen waren, stieg die Anzahl der PA freien Proben in den Folgejahren auf 30 bis 40 Prozent und im Jahr 2019 waren in 56 Prozent der Proben keine PA nachzuweisen.
In den Jahren 2016 und 2017 wurden allerdings sehr hohe Werte gefunden. Der höchste Gehalt von 6324 µg/kg wurde 2016 in einem Kräutertee bestimmt, im Jahr 2017 war der höchste Gehalt von 3772 µg/kg in einem Pfefferminzblättertee nachzuweisen.
Bis auf einige Einzelproben lässt sich in allen Teesorten eine Verringerung der Gehalte feststellen.
Tabelle 1: PA Gehalte in Tee (2019)
Teesorte |
Anzahl untersuchter Proben |
Anzahl Proben kleiner Nachweisgrenze* |
Mittelwert µg/kg |
Median µg/kg |
Maximaler Wert µg/kg |
Tee und teeähnliche Erzeugnisse |
16 |
8 |
57,5 |
8,9 |
476 |
Tee unfermentiert oder halbfermentiert |
6 |
5 |
1,3 |
0 |
7,9 |
Schwarzer Tee |
10 |
7 |
7,8 |
0 |
51,5 |
Pfefferminzblättertee |
22 |
14 |
12 |
0 |
64,2 |
Kamillenblütentee |
16 |
8 |
20,7 |
2,64 |
125 |
Fencheltee |
1 |
1 |
|||
Kräutertee |
70 |
43 |
48,9 |
0 |
1558 |
Früchtetee |
2 |
1 |
28,2 |
||
Roiboostee |
15 |
1 |
59,9 |
44,8 |
60 |
Aromatisierter Tee |
4 |
3 |
11,2 |
* Die Nachweisgrenze liegt bei 2 µg/kg Teekraut
Tabelle 2: PA Gehalte in Tee (2018)
Teesorte |
Anzahl untersuchter Proben |
kleiner Nachweisgrenze* | Mittelwert in µg/kg | Median in µg/kg | Maximaler Wert in µg/kg |
Aromatisierter Tee | 10 | 2 | 35,2 | 16,2 | 135 |
Fencheltee | 1 | 1 | |||
Kamillenblütentee | 10 | 2 | 27,7 | 22,4 | 76,5 |
Kräutertee | 28 | 6 | 35,5 | 11,0 | 287 |
Pfefferminzblättertee | 33 | 13 | 10,9 | 5 | 75,3 |
Rooibostee | 2 | 0 | 22,7 | 22,7 | 40,4 |
Schwarzer Tee | 8 | 3 | 4,29 | 2,5 | 12,5 |
Tee und teeähnliche Erzeugnisse | 9 | 7 | 7,03 | 0 | 54,4 |
Hibiskusblütentee | 3 | 1 | 17,9 | 9,22 | 44,4 |
Früchtetee | 1 | 0 | 29,9 |
Tabelle 3: PA Gehalte in Tee (2017)
Teesorte |
Anzahl untersuchter Proben |
kleiner Nachweisgrenze* | Mittelwert in µg/kg | Median in µg/kg | Maximaler Wert in µg/kg |
Brennesseltee | 2 | 1 | 1,25 | 1,25 | 2,5 |
Fencheltee | 7 | 6 | 0,36 | 0 | 2,5 |
Kamillenblütentee | 35 | 12 | 25,1 | 7,75 | 163 |
Kräutertee | 16 | 2 | 29,4 | 19,2 | 102 |
Pfefferminzblättertee | 21 | 9 | 228 | 2,5 | 3772 |
Rooibostee | 33 | 1 | 120 | 80 | 618 |
Schwarzer Tee | 8 | 4 | 7,5 | 3,75 | 22 |
Teeerzeugnisse für Säuglinge und Kleinkinder |
11 | 9 | 8,7 | 0 | 93,2 |
Tee und teeähnliche Erzeugnisse |
14 | 11 | 5,23 | 0 | 34 |
Tee unfermentiert | 5 | 4 | 0,5 | 0 | 2,5 |
Eisenkrauttee | 1 | 0 | 15,3 |
Teesorten |
Anzahl untersuchter Proben |
kleiner Nachweisgrenze* |
Mittelwert in µg/kg | Median in µg/kg | Maximaler Wert in µg/kg |
Aromatisierter Tee |
12 |
3 |
59,8 | 18,5 | 283 |
Brennesseltee |
1 |
0 |
230 | ||
Fencheltee |
13 |
2 |
8,7 | 7,5 | 24,6 |
Kamillenblütentee | 25 | 0 | 119 | 53,2 | 699 |
Kräutertee | 35 | 8 | 388 | 37,7 | 6324 |
Pfefferminzblättertee | 20 | 3 | 124 | 37,3 | 484 |
Rooibostee | 51 | 1 | 255 | 202 | 1973 |
Schwarzer Tee | 20 | 4 | 17,7 | 15,8 | 65,1 |
Teeerzeugnisse für Säuglinge und Kleinkinder |
5 | 4 | 1,94 | 0 | 9,7 |
Tee und teeähnliche Erzeugnisse | 15 | 1 | 131 | 76,2 | 459 |
Tee unfermentiert | 14 | 4 | 20,3 | 2,5 | 123 |
PA wird nicht in der Teepflanze gebildet
Aus den Ergebnissen lässt sich deutlich ablesen, dass der PA-Gehalt vom Erntejahr und auch der Probe selbst abhängt. PA werden nicht in der Teepflanze gebildet, sondern gelangen durch mitgeerntete Beikräuter in das Lebensmittel. Durch maschinelles Ernten werden PA-haltige Pflanzen unbeabsichtigt miterfasst und können die Ernte eines ganzen Feldes verunreinigen. So können zum Beispiel 6 PA-Pflanzen auf einem Hektar Anbaufläche mit etwa 60000 Kulturpflanzen analytisch über den PA-Gehalt im getrockneten Kräutertee nachgewiesen werden (3).
Da die Unkräuter nicht regelmäßig verteilt auf dem Feld wachsen, spricht man auch von einer „Spotkontamination“. Es kann daher durchaus vorkommen, dass die Ernte eines Feldes, aufgeteilt in drei Chargen, zwei PA-haltige und eine PA-freie Charge liefert. Daraus lässt sich auch ersehen, wie schwierig die Qualitätsüberwachung des getrockneten Teekrautes ist. Als Vorsorgemaßnahme ist daher im Wesentlichen die mechanische Entfernung der Unkräuter auf dem Feld oder am Feldrand geboten, wenn man keine Pestizide einsetzen möchte.
Ist Kräutertee doch nicht gesund?
Nach Ansicht des BfR ist eine akute Gesundheitsschädigung bei kurzfristiger Aufnahme der hoch belasteten Tees unwahrscheinlich. Bei längerfristigem Verzehr von Produkten mit hohen PA-Gehalten besteht jedoch das Risiko einer gesundheitlichen Gefährdung.
Eine Studie zur Beurteilung der leberschädigenden Wirkung der PA führte zu einem gesundheitsbezogenen Richtwert (HBGV – Health Based Guidance Value) von 0,1 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag. Das bedeutet, dass bei einer täglichen Aufnahme von unter 0,1 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht keine Schädigung zu erwarten ist. Für die Beurteilung eines Krebsrisikos wird der MoE-Wert (Margin of Exposure) berechnet. Ergibt sich ein Wert über 10.000, so ist die Menge der PA unkritisch zu sehen. Für die PA-Aufnahme führte dies zu einer tolerierbaren täglichen Aufnahme von 0,024 μg PA pro Kilogramm Körpergewicht ( 4, 5).
Minimierungskonzepte werden umgesetzt
Um den Verbraucher vor einer unannehmbaren Belastung zu schützen, sollten auf allen Handelsstufen Anstrengungen unternommen werden, den PA-Gehalt in Tees zu senken. Hierzu fand eine Bund-Länder-Besprechung mit der Teewirtschaft am 28. September 2015 statt.
Im Dezember 2015 wurden die betroffenen Wirtschaftskreise darüber informiert, dass für bestimmte Teesorten im Rahmen eines Minimierungskonzeptes Eingriffswerte für PA-Gehalte festgelegt wurden (siehe Tabelle 5). Ergeben sich bei der Kontrolle durch die Lebensmittelüberwachung auffällige Proben, wird unter anderem der Abfüller/Händler darauf hingewiesen, seine Eigenkontrolle zu überprüfen. Die Wirtschaftsbeteiligten haben allerdings schon Maßnahmen ergriffen, um die PA-Gehalte zu senken (3), beispielsweise durch Schulung der Landwirte in den Anbauländern.
Aufgrund einer deutlichen Abnahme der PA-Konzentrationen wurde in einer weiteren Bund-Länder-Besprechung im März 2018 über angepasste, weiter abgesenkte Richtwerte beraten. So liegt der Orientierungswert von Rooibostee noch relativ hoch bei 310 µg/kg, während die Orientierungswerte für Kräutertee und Pfefferminzblättertee auf 90 µg/kg gesenkt wurden.
Das potenzielle Risiko für den Verbraucher lässt sich verringern, wenn bei der Auswahl der Lebensmittel die generelle Empfehlung zur Abwechslung und Vielfalt berücksichtigt wird (2). Dies gilt natürlich auch für Tee.
Teesorte |
Eingriffswerte in µg/kg Oktober 2015 |
Eingriffswerte in µg/kg März 2018 |
Roibostee | 350 | 310 |
Grüner/Schwarzer Tee | 310 | 50 |
Kamille | 270 | 140 |
Kräutertee | 160 | 90 |
Pfefferminztee | 120 | 90 |
Fenchel | 110 | 50 |
Quellenangabe und weiterführende Literatur:
Folgende Beiträge finden Sie unter www.bfr.bund.de
1 Fragen und Antworten zu Pyrrolizidinalkaloiden
(Aktualisierte FAQ des BfR vom 14.06.2018)
2 Pyrrolizidinalkaloide in Kräutertees
(Stellungnahme vom 05.07.2013)
3 Maßnahmen zu PA-Reduktion in Tees
(Vortrag von Maximillian Wittig, Deutscher Teeverband)
4Aktualisierte Risikobewertung zu Gehalten an 1,2-ungesättigeten Pyrrolizidinalkaloiden (PA) in Lebensmitteln; Gesundheitliche Bewertung des BFR vom 14. Juni 2018, Stellungnahme Nr 020/2018
5Risks for human health related to the presence of pyrrolizidine alkaloids in honey, tea, herbal infusions and Food supplememts EFSA Panel on Contaminants in the Food Chain (CONTAM), EFSA Journal 2017; 15(7):4908
- Pyrrolizidinalkaloiden in Lebensmitteln des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR)
- Fragen und Antworten zu Pyrrolizidinalkaloiden in Lebensmitteln des BfR
- Tätigkeitsbericht 2015 (Seite 154)
- Verbraucherschutzbericht 2015 (Seite 29)
- Verunreinigungen in Tees und Honig sind die Hauptaufnahmequellen für Pyrrolizidinalkaloide des BfR