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Bisphenole in Textilien – brillante Farben mit negativem Effekt?

Ein roter Bikini auf einer Wäscheleine vor blauem Himmel.   Bildrechte: © magdal3na - stock.adobe.com

Damit bunte Unterwäsche und Badebekleidung auch bunt bleibt, ist der Einsatz von Chemie notwendig. Der Farbglanz und die Farbechtheit von Spitze aus Polyamid oder Fasern aus beziehungsweise mit Elasthan werden durch polymere Bisphenole verbessert. In diesen Polymeren sind Reste von freien Bisphenolen enthalten, die für Umwelt und Gesundheit bedenklich sein können.

Anwendung von Bisphenolen in der Textilindustrie

Bildrechte: Wikimedia.org (gemeinfrei)
Bild 1: Strukturformeln der in Textilien vorkommenden Bisphenole.

Um Farben auf Kunststofffasern aus Polyamid- oder Elastan zu fixieren, ist eine Nachbehandlung notwendig. Ohne diese wären die Textilien nicht farbecht, es könnte beim Tragen des Textils und verstärkt beim Waschen zu Abfärbungen kommen. Die Textilien würden qualitativ minderwertig wirken und die Langlebigkeit (Nachhaltigkeit) der Textilien wäre schlecht. Um diesen unerwünschten Effekten vorzubeugen, können Farbfixiermittel eingesetzt werden. Sie verbessern die Wechselwirkung zwischen Fasern und Farbstoffen [1].

Bei Farbfixiermitteln handelt es sich um Polymere, zum Teil aus Bisphenol F und S. Weitere Bisphenole (A und B) konnten bei den Analysen am Institut für Bedarfsgegenstände bisher nicht nachgewiesen werden. In diesen Polymeren können Reste der Monomere, das heißt der genannten Ausgangssubstanzen (Bisphenole), enthalten sein [Bild 1]. Einmal in der textilen Wertschöpfung angelangt, können Bisphenole über das Recycling auch in Textilien eingetragen werden, in welchen sie nicht zu erwarten sind [3].

Umwelt- und Gesundheitsbedenken sowie geplante Beschränkungen

Bisphenole werden während des Herstellungsprozesses und beim häuslichen Waschen in die Umwelt eingetragen und können dort zu Schäden führen [2, 3]. Eine Aufnahme der Bisphenole über die Haut, insbesondere beim Schwitzen oder über Schleimhäute, ist nicht auszuschließen [3].

Im Gegensatz zu Bisphenol A in Spielzeug, Lebensmittelkontaktmaterialien und Thermopapier gibt es für die Verwendung beziehungsweise das Vorhandensein von Bisphenolen in weiteren verbrauchernahen Produkten bisher keine Grenzwerte in der europäischen Gesetzgebung [4, 5, 6, 7]. Ein von Deutschland eingereichter Beschränkungsvorschlag befindet sich derzeit in Überarbeitung [7]. Geplant war ein Grenzwert von 10 mg/kg sowie ein Grenzwert für den Übergang (Migration) von 0,04 mg/l [7]. Es ist bisher nicht abzusehen, wann dieser Beschränkungsvorschlag erneut bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) eingereicht wird. Die Überwachung kann deshalb derzeit nur Daten zum Vorkommen von Bisphenolen in Textilien sammeln.

Zu den Untersuchungsergebnissen.

Unterwäsche im Fokus

Verbrauchermagazine aus der Schweiz und Österreich und eine tschechische Nicht-Regierungsorganisation berichteten in den Jahren 2024 und 2025 über erhöhte Gehalte von Bisphenolen in Unterwäsche [8; 9; 10; 11]. Auffällig ist, dass Damenunterwäsche besonders häufig belastet ist [8]. Das ist der Tatsache geschuldet, dass bunte Spitze häufig aus Polyamid besteht und Elastanbänder vielfach nicht in einen Bund eingenäht werden und somit ebenfalls gefärbt sind. Polyamid wird für Herrenunterwäsche dagegen kaum verwendet. Hier sind Elastanbänder teilweise in den Bund eingenäht und deshalb mitunter nicht gefärbt.

Das Institut für Bedarfsgegenstände untersuchte deshalb, im Sinne einer risikoorientierten Probenahme, Damenunterwäsche und Damenbadebekleidung. Entsprechend der Textilkennzeichnung wurden alle Teile eines Textils untersucht, die Elastan und/oder Polyamid enthielten. Jede Naht trennt dabei eine Unterprobe ab. Aufgrund dessen kann beispielsweise ein BH aus fünf und mehr Unterproben bestehen, die für ein vollständiges Bild über die Belastung mit Bisphenolen getrennt analysiert werden müssen [Bild 2]. Ähnlich wie bei der Analyse von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen in Textilien und Schuhen resultiert daraus ein erhöhter Aufwand.

Ein BH mit Bisphenolwerten für die Schale, Träger, Flügel und Rahmen.   Bildrechte: © LAVES / M.Nobis
Bild 2: Bisphenole in verschiedenen Teilen (Unterproben) eines BHs.

Untersuchungsergebnisse

Insgesamt wurden in den Jahren 2023 bis 2025 123 Proben (einschließlich Unterproben) auf Bisphenole analysiert, wovon 50 Proben Bisphenole enthielten. In den Proben konnten Gehalte von bis zu 150 mg/kg Bisphenol F und 427 mg/kg Bisphenol S bestimmt werden [Diagramm 1, Diagramm 2]. Verglichen mit anderen Produkten, wie Lebensmittelkontaktmaterialien aus Recyclingpapier, sind dies sehr hohe Werte [12]. Erfreulich war, dass in keiner Probe Bisphenol A über der Nachweisgrenze zu finden war.

Es ist nicht anzunehmen, dass die hohen Mengen in der Gesamtheit vom Menschen aufgenommen werden können. Das angewendete Analysenverfahren ist darauf ausgelegt, die Bisphenole vollständig aus der Probe zu extrahieren. Das verwendete Extraktionslösungsmittel ist wesentlich stärker als Wasser oder Schweiß. Die ermittelten Gehalte sind somit nicht zur direkten Abschätzung dazu geeignet, wie stark Verbraucherinnen und Verbraucher den Bisphenolen ausgesetzt sind.

  Bildrechte: © LAVES / M.Nobis
Diagramm 1: Gehalte von Bisphenol F in Damenunterwäsche und -badebekleidung; rote Linie: geplanter Grenzwert von 10 mg/kg
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Diagramm 2: Gehalte von Bisphenol S in Damenunterwäsche und -badebekleidung; rote Linie: geplanter Grenzwert von 10 mg/kg.

Fazit und Ausblick

Privatrechtliche Zertifizierungen wie Oeko-Tex bieten Verbraucherinnen und Verbrauchern bei Bisphenolen (mit Ausnahme von Bisphenol A – Grenzwert 10 mg/kg) bisher keine erhöhte Sicherheit, weil die dort festgelegten Grenzwerte mit 1000 mg/kg sehr hoch sind. Diese hohen Grenzwerte führen nicht zu einem Ausschluss von Farbfixiermitteln auf Basis von Bisphenolen im Herstellungsprozess.

Um den Körper möglichst wenig Bisphenolen auszusetzen, sollten die Textilien vor dem ersten Tragen gewaschen werden [3]. Das Waschen reduziert die verfügbare und eventuell über die Haut aufnehmbare Menge an Bisphenolen. Nicht nur Bisphenole werden auf diese Weise entfernt, sondern auch andere gegebenenfalls kritische Substanzen in Textilien.

Waschen von Textilien reduziert die Gefahr einer Exposition der Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber Bisphenolen. Allerdings bleibt das Problem der Freisetzung in die Umwelt bestehen. Die Textilindustrie und die Hersteller von Textilhilfsmitteln sind sich der Problematik rund um die Bisphenole bewusst [1]. Es sind bereits alternative Farbfixiermittel auf dem Markt verfügbar, die ebenfalls die gewünschte Wirkung erzielen können [1]. Durch die Berichterstattung in den Medien ist davon auszugehen, dass der Einsatz von Farbfixiermitteln basierend auf Bisphenolen in Textilien, trotz des Ausbleibens eines Grenzwerts, rückläufig ist. Von behördlicher Seite wird das Institut für Bedarfsgegenstände weiter über Bisphenole in Textilien berichten.

[Link 1] https://rudolf.com/news/the-future-of-polyamide-fixation-why-bisphenol-is-being-phased-out-and-what-solutions-are-available; abgerufen 15.07.2025

[Link 2] https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC11415442/; abgerufen 15.07.2025

[Link 3] https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0045653514010765; abgerufen 15.07.2025

[Link 4] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32009L0048&qid=1753100075715; in der derzeit gültigen Fassung

[Link 5] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32024R3190&qid=1753100112429; in der derzeit gültigen Fassung

[Link 6] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32006R1907&qid=1753100135487; in der derzeit gültigen Fassung

[Link 7] https://echa.europa.eu/de/registry-of-restriction-intentions/-/dislist/details/0b0236e1853413ea; abgerufen 15.07.2025

[Link 8] https://konsument.at/bisphenole-unterwaesche-test; abgerufen 15.07.2025

[Link 9] https://www.ktipp.ch/tests/produktetests/detail/artikeldetail/test-damenslips-riskante-chemikalien-in-erotischen-slips; abgerufen 15.07.2025

[Link 10] https://www.test.de/Bisphenole-in-Unterwaesche-6163207-0; abgerufen 15.07.2025

[Link 11] https://arnika.org/en/news/toxic-chemicals-in-underwear-women-are-a-high-risk-group-when-looking-for-bisphenols-in-textiles; abgerufen 15.07.2025

[Link 12] https://www.bvl.bund.de/DE/Arbeitsbereiche/01_Lebensmittel/01_Aufgaben/02_AmtlicheLebensmittelueberwachung/04_Monitoring/2020/lm_monitoring_2020_node.html; abgerufen 15.07.2025

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