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„Lebensmittelsicherheit von Fischen und Fischereierzeugnissen“ - Dr. Edda Bartelt, Leiterin des Instituts für Fische und Fischereierzeugnisse Cuxhaven, im Gespräch

Frage: Warum ist es wichtig für Lebensmittelkontrolleure, Tierärzte und andere Sachverständige, die sich mit der Fischhygiene beschäftigen, an der Fortbildung teilzunehmen?

Bartelt: Fische, Krebs- und Weichtiere gehören zu den sehr leicht verderblichen Lebensmitteln. Daher nimmt die Fischhygiene, insbesondere für tierische Lebensmittel, einen hohen Stellenwert ein. Genau deshalb ist die Einhaltung der Hygieneanforderungen an Lebensmittelunternehmer und die Überprüfung dieser von besonderer Bedeutung. Über diese Hygieneanforderungen und die Prüfmethoden wollen wir mit Fachvorträgen, praktischen Übungen und im Rahmen von Betriebsbesichtigungen informieren und in den Kontext moderner Herstellungs- und Verpackungsverfahren sowie neuer Erzeugnisse setzen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten mit der Fortbildung aktuelle Fachinformationen, die für die Risikobeurteilung in Betrieben und für die risikoorientierte Untersuchung gemäß rechtlicher Anforderungen an die Lebensmittelüberwachung herangezogen werden können.

Die Tagung dient damit Tierärzten und Sachverständigen aus der amtlichen Lebensmittelüberwachung und Wissenschaftlern aus den verschiedensten Forschungseinrichtungen als Fortbildungsveranstaltung und als Erfahrungsaustausch. Außerdem ist die Förderung der Zusammenarbeit zwischen den amtlichen Untersuchungseinrichtung und den kommunalen Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsbehörden ein weiterer wichtiger Aspekt.


Frage: Ein Themenbereich ist in diesem Jahr der Lebensmittelbetrug, der sogenannte Food Fraud. Wie wird der Verbraucher im Zusammenhang mit Fischen und Fischereierzeugnissen am häufigsten getäuscht?

Bartelt: In der Fortbildung werden viele Aspekte des Lebensmittelbetrugs, des sogenannten „Foods Frauds“, bezogen auf Fische, Krebs- und Weichtiere und deren Erzeugnisse betrachtet. Food Fraud ist ein Thema, das auf europäischer und nationaler Ebene zunehmend an Bedeutung gewinnt und hat deshalb auch Auswirkungen auf die Arbeit der amtlichen Lebensmittelüberwachung der Bundesländer. Dem EU-Bericht des Food Fraud-Netzwerkes aus 2018 zufolge wurden Lebensmittelbetrugsfälle sehr häufig bei der Lebensmittelgruppe Fische und Fischereierzeugnisse gemeldet. Diese betrafen die irreführende Kennzeichnung, die Veränderung der Erzeugnisse durch beispielsweise den Zusatz von Wasser und wasserbindenden Substanzen, die unzulässige Behandlung, fehlerhafte Dokumentation oder Schutzrechtsverletzungen.


Der Begriff „Lebensmittelbetrug“ oder im englischen „Food Fraud“ ist den Definitionen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zufolge das vorsätzliche („wissentliche“) Inverkehrbringen von Lebensmittel mit der Absicht, durch Verbrauchertäuschung einen finanziellen Gewinn zu erzielen.


Frage: Wie stark ist die Lebensmittelgruppe Fisch und Fischereierzeugnisse vom Food Fraud betroffen?

Bartelt: Fische, Krebs- und Weichtiere sind unter den Wirbeltieren die artenreichste Tiergruppe. Die hohe Artenvielfalt bei „Fischen“ spiegelt sich auch im Angebot des Handels wieder. Während bei Fischen, Krebs- und Weichtieren derzeit ca. 2.000 weltweit wirtschaftlich genutzte Arten aus Wildfang und Aquakultur, aus Meeren oder aus dem Süßwasser bekannt sind, beläuft sich dies bei Säugetieren auf 14 und bei den Vögeln auf 16 verschiedene Arten. Insofern ist es naheliegend, dass bei Fischen bereits viele Fragestellungen mit falscher oder irreführender Artenkennzeichnung auftreten, die nicht nur ‚Food Fraud‘, sondern auch gesundheitliche Risiken bergen können.

Nach unserer Einschätzung ist sogar ein zunehmender Trend der Täuschung oder gar Irreführung zu beobachten. Dieser äußert sich auch in den EU-weiten Meldungen zu Lebensmittelbetrug, worüber die amtliche Überwachung vor Ort dank des EU-Meldesystem sehr schnell informiert wird.

Frage: Fisch ist ein leicht verderbliches Lebensmittel. Wie können Verbraucherinnen und Verbraucher erkennen, ob sie einen frischen Fisch erwerben?

Bartelt: Aufgrund ihres hohen Eiweiß- und Wassergehaltes, ihres Gehaltes an freien Aminosäuren und anderen löslichen freien Nicht-Protein-Stickstoff-Verbindungen (NPN) sind Fischmuskelproteine leicht abbaubar, weswegen der Fische zu den leicht verderblichen Lebensmitteln gezählt werden. Der Fischverderb steht stets im Fokus der betrieblichen Eigenkontrollen der Lebensmittelunternehmer einschließlich der Einzelhandelsunternehmen und der amtlichen Überwachung. Neben der Untersuchung eines Produkts anhand gesetzlich geregelter chemischer Parameter, die den Prozess des Verderbs charakterisieren, gehört auch die sensorische Prüfung zum elementaren Handwerkszeug. Auch Verbraucher können diese sensorische Prüfung am Fisch vornehmen. Denn der Verderb führt zu Veränderungen von Textur und Aroma beim Fisch, zur Minderung des Genusswertes und schließlich zur Genussuntauglichkeit. Zum Beispiel sollte der Fisch klare, keine eingefallenen Augen haben und ein geschlossenes, unversehrtes Schuppenbild. Bei tiefgekühltem Fisch sollte beispielweise auf eine Vakuumverpackung geachtet werden.

Frage: Welche Themen werden zukünftig für Ihr Institut von besonderer Bedeutung sein?

Bartelt: Die Einhaltung rechtlicher Bestimmungen ist oberstes Gebot. Besondere Bedeutung werden im IFF die Fragestellungen des Food Fraud und der Authentizitäts-Prüfung erhalten hinsichtlich der Arten von Fischen, Krebs- und Weichtieren und der dazu erforderlichen modernen Analytik. Wir arbeiten an einem systematischen Aufbau einer Referenzdatenbank und sind im fachlichen Austausch mit Einrichtungen auf Bundes- und Länderebene, wie den Untersuchungsämtern der Länder, insbesondere der Norddeutschen Kooperation (NOKO), dem Max-Rubner-Institut (MRI) oder dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR).

Gleichwohl werden Fragestellungen zur Lebensmittelsicherheit in Bezug auf mikrobielle und chemische Kontaminanten, die bislang im Fokus der amtlichen Untersuchung waren, dies auch zukünftig sein. Dabei werden Erzeugnisse aus der Aquakultur noch stärker zu betrachten sein. Denn hierbei geht zum einen um die Lebensmittelsicherheit in traditionellen wie modernen Haltungssystemen der Aquakultur Niedersachsens, zum anderen angesichts der Absicherung der Fischversorgung in Deutschland durch den Import um die Aquakulturerzeugnisse im Einzelhandel oder Gastronomiebereich.


Zur Person:

Dr. Edda Bartelt, 57 Jahre, leitet seit Dezember 2005 das LAVES Institut für Fische und Fischereierzeugnisse Cuxhaven (IFF). Sie studierte Veterinärmedizin und promovierte im Institut für Lebensmittelhygiene der Veterinärmedizinischen Fakultät an der Humboldt-Universität zu Berlin. Nach Stationen als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Humboldt-Universität Berlin und dem Bundesgesundheitsamt Berlin, arbeitete sie elf Jahre lang im Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV), dem heutigen Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), bevor sie zum LAVES kam. Ihre Arbeitsschwerpunkte und fachlichen Qualifikationen liegen auf dem Gebiet der Lebensmittelhygiene und Lebensmittelmikrobiologie.


Forellen auf dem Grill Bildrechte: Visions-AD - Fotolia.com

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Presseinformationen Bildrechte: © Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
21.10.2019

Ansprechpartner/in:
Hiltrud Schrandt

Nds. Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
Leiterin Pressestelle
Röverskamp 5
26203 Wardenburg
Tel: 0441 57026 -180

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