Erster Frost bietet Grundlage für baldige Brutfreiheit.
Winterliche Restentmilbung steht bevor
Erster Frost bietet Grundlage für baldige Brutfreiheit
Die Außentemperaturen der kommenden Tage liegen in weiten Teilen Deutschlands unter dem Gefrierpunkt. Auch in der Region Celle zieht der Frost für wenige Tage ein. Untersuchungen zur Bevölkerungsentwicklung anhand von Populationsschätzungen legen nahe, dass die Völker nach diesen Frostnächten spätestens in drei Wochen brutfrei sind. Sollten in der 51. Kalenderwoche die Außentemperaturen dafür sorgen, dass die Bienen eng in ihrer Wintertraube beziehungsweise zwischen den Wabengassen sitzen, ergeben sich gute Bedingungen für eine abschließende Winterbehandlung gegen die Varroa-Milbe. Damit wäre unser empfohlenes Varroa-Bekämpfungskonzept für diese Saison erfolgreich abgeschlossen.
Falls noch nicht geschehen, legen Sie jetzt eine Varroa-Diagnose-Windel unter Ihre Völker. Nach einer Woche sollten Sie den natürlichen Milben-Totenfall auswerten. Liegt der Milbenfall bei einer Milbe pro Tag, ist eine winterliche Restentmilbung erforderlich.
Im Folgenden lesen Sie wie eine Winterbehandlung erfolgreich durchgeführt werden kann:
Das richtige Behandlungsmittel
Für die Behandlung im Winter bei brutfreien Völkern steht Ihnen die Oxalsäure mit zwei Applikationsmöglichkeiten zur Verfügung.
Träufeln
Verwenden Sie eine 3,5-prozentige Oxalsäuredihydrat-Lösung mit dem Hinweis „ad us. vet.“. Diese Lösung ist frei im Handel erhältlich. Bereiten Sie das Behandlungsmittel gemäß der Packungsanleitung vor, indem Sie die beiliegende Saccharose in der Lösung unter indirekter Wärme (Warmwasserbad) auflösen.
Oder:
Verwenden Sie Varroxal 0,71 Gramm pro Gramm (g/g) Bienenstockpulver. Das Pulver entspricht einem Gramm Oxalsäure-Dihydrat. Fügen Sie dem Pulver gemäß Packungsanleitung lauwarmen Zuckersirup (30 Grad Celisus (°C) bis 35 °C) hinzu.
Beide Lösungen sollten nach der Aufbereitung zügig verwendet werden.
Verdampfen (Sublimation)
Das Varroxal 0,71g/g Bienenstockpulver kann als Alternative zum Träufeln im Bienenstock mit einem geeigneten Gerät verdampft werden. Der Vorteil hierbei ist, dass die Bienenvölker nicht geöffnet werden müssen und die Anwendung gegebenenfalls wiederholt werden kann. Die Gebrauchsanweisungen des Arzneimittels sowie des Geräteherstellers sind zu befolgen.
Der richtige Zeitpunkt
Frühe Morgenstunden an kalten Tagen unter 5 °C eignen sich besonders gut für die Träufelbehandlung mit Oxalsäure, weil sich die Bienen dann eng in ihren Wabengassen zusammenfinden. Je fester der Bienensitz, desto höher ist die Behandlungswirksamkeit.
Für die Verdampfung mit Oxalsäure sollten die Außentemperaturen zwischen 2 °C und 10 °C liegen. Dabei ist ein fester Wintersitz nicht zwingend erforderlich. Wichtig ist laut Gebrauchsanweisung, dass sich die Bienen im Bienenstock befinden und die Fluglöcher nach der Behandlung für eine kurze Weile verschlossen bleiben, um Ausflüge zu verhindern.
Die richtige Dosierung
Für die Träufelbehandlung sollten die Bienen möglichst eng in ihren Wabengassen sitzen und die Oxalsäure-Applikation mit einem feinen Strahl erfolgen. Hilfreich ist dabei eine Pipettenspitze oder ein elastisches feines Schlauchsystem als Aufsatz für die Spritze. Die Lösung sollte optional vorher handwarm angewärmt werden. Bei jeglicher Anwendung von Oxalsäure (OS) muss die Bienenverträglichkeit bedacht werden. Jede Überdosierung und wiederholte Behandlungen führen zu erhöhtem Bienenabgang. Die Dosierung richtet sich nach der Volksstärke. Da Sie die Bienenvölker nicht unnötig stören sollten, erfassen Sie die Volksstärke einfach über die Anzahl dicht mit Bienen besetzter Wabengassen, wobei die äußeren Randgassen nicht mitgezählt werden- Starke Völker mit mehr als fünf besetzten Wabengassen erhalten maximal 50 Milliliter (ml) OS-Lösung, mittelstarke Völker mit vier besetzten Wabengassen erhalten maximal 40 ml OS-Lösung und schwächere Völker maximal 30 ml OS-Lösung. Sitzen die Bienen über zwei Bruträumen sollten beide Teile behandelt werden (von unten beginnend). Die maximale Dosis von 50 ml OS-Lösung sollte aber auch hier nicht überschritten werden. Dies gilt auch für einräumige Beutensysteme mit größerem Wabenmaß. Achten Sie bei der Anwendung auf eine gleichmäßige Verteilung. Damit die Bienen nicht zu sehr auskühlen, sollten Sie zügig arbeiten und das Volk schnell wieder verschließen. Achten Sie auch auf Ihre eigene Sicherheit: Säurefeste Handschuhe und Augenschutz sind ein Muss!
Für die Behandlung eines Volkes mittels Verdampfung werden der gesamten Inhalt eines Beutels oder zwei Messlöffel des Tierarzneimittels in ein geeignetes Gerät zur Verdampfung gegeben. Eine zweite Verdampfungsbehandlung im Abstand von zwei Wochen wird nur empfohlen bei:
Stark befallenen Bienenvölkern mit einem Restbefall von über sechs Prozent, das heißt mit einem natürlichen Milbenfall von über einer Varroa-Milbe pro Tag oder bei Völkern mit kleinen Flächen verdeckelter Brut im Winter. Bedenken Sie aber, dass es sich hier um eine Restentmilbung handelt und eine einmalige Behandlung zu einem brutfreien Zeitpunkt in der Regel ausreichend effektiv ist.
Der Anwenderschutz
Achten Sie bitte hier dringend auf Ihre eigene Gesundheit und tragen Sie neben Handschuhen eine sicher abschließende Atemmaske. Bitte entfernen Sie sich während der Behandlung vom Bienenstand und sperren den Bereich weiträumig ab, sodass sich keine Unbeteiligten in Gefahr bringen.
Die richtige Dokumentation
Bewahren Sie für jegliche Behandlungsmittel die Belege auf und dokumentieren Sie das Behandlungsmittel und die Behandlungsmenge je Bienenvolk in einem Bestandsbuch.
Die Erfolgskontrolle
Um Bienenabgang zu vermeiden, wiederholen Sie die Behandlung keinesfalls. Halten Sie dennoch die Milbenzahlen über die Gemülldiagnose für zehn Tage nach der Behandlung im Blick. Sollten in diesem Zeitraum etwa 80 Prozent des Gesamtmilbenbefalls gefallen sein, so hat die Behandlung gewirkt. Hilfestellung für die Berechnung des Gesamtmilbenbefalls bietet Ihnen folgendes Rechenbeispiel. Um zu dieser Jahreszeit den Gesamtmilbenbefall im Bienenvolk zu errechnen multipliziert man den täglichen natürlichen Milbenfall (über 7 Tage ausgezählt) mit dem Faktor 500. Fallen beispielsweise 1,2 Milben pro Tag so rechnet man: 1,2 x 500 = 600. Im Bienenvolk leben also vor der Behandlung schätzungsweise 600 Milben. Nach Behandlung sollten dann in den ersten 10 Tagen mindestens 480 Milben (80%) gefallen sein. Sollten die Bienenvölker schon zu stark vorbelastet sein, wird möglicherweise keine ausreichende Wirksamkeit erzielt und die Bienenvölker könnten mit unglücklichem Ausgang in Mitleidenschaft gezogen werden. Hier muss das vorausgegangene Bekämpfungskonzept überdacht werden!
Kein Frost in ihrer Region? Keine Sorge!
Untersuchungen zeigen, dass eine Träufelbehandlung bei einer kleinen Restfläche an Brut dennoch effektiv möglich sein kann, insofern darauf geachtet wird im engen Wintersitz wirklich jede Bienenbesetzte Wabengasse zu beträufeln.
Bei der Behandlung über Verdampfung kann gegebenenfalls ein zweites Mal behandelt werden um auch bei einer kleinen Restfläche an Brut effektiv zu wirken.
Zu viel Text?
Kein Problem! Das passende Lehrvideo zur praktischen Durchführung einer Träufelbehandlung im Winter finden Sie auf unserem YouTube Kanal @lavesbieneninstitutcelle oder direkt hier: Die winterliche Restentmilbung.
Letzte Anmerkung der Autoren
Durch das in diesem Jahr neu zugelassene Varroazid Calistrip® Biox zur Herbstbehandlung könnten die Winterbienen der so behandelten Völker bereits mit Oxalsäure in Kontakt gekommen sein. Da mehrfache Kontakte mit Oxalsäure die Überlebensdauer von Honigbienen beeinträchtigen(1), empfiehlt sich eine winterliche Restentmilbung generell nur bei auffälligem Milbenbefall (mehr als 1 Milbe pro Tag auf der Windel). Wer also bereits seine Bienen im Vorfeld mit Oxalsäure behandelt haben sollte und insbesondere die Winterbienen damit schon einmal in Kontakt kamen, sollte bedenken, dass eine weitere Behandlung negative Auswirkungen haben könnte.Bei der Wahl der Methode sollten Wetterbedingungen, Zustand der Völker und Milbenlast sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.
Wir wünschen Ihnen viel Freude mit Ihren Bienen!
Dr. Otto Boecking
Franziska Benz-Odemer
Stefanie Ludewig
Quellen:
1 Rademacher, E., Harz, M., & Schneider, S. (2017). Effects of Oxalic Acid on Apis mellifera (Hymenoptera: Apidae). Insects, 8(3), 84. https://doi.org/10.3390/insects8030084

