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Superfood Hanf: Wie hoch sind die Δ9-Tetrahydrocannabinol-Gehalte in hanfhaltigen Lebensmitteln?

Hanfhaltige Lebensmittel werden immer zahlreicher und beliebter. Neben dem klassischen Hanföl findet man vor allem Hanfsamenprodukte, die als Mehlersatz, in Müslimischungen oder als Bratlinge angeboten werden. Die Samenrückstände der Ölpressung werden als Hanfproteinpulver vermarktet. Die Blätter und Blüten werden als Tee oder Würzmischungen angeboten oder auch als Basis für bierähnliche Getränke verwendet.

In den Drüsenhaaren der Hanfpflanze kommen sogenannte Cannabinoide als sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe vor. Bislang wurden über 120 verschiedene Cannabinoide identifiziert. Bekanntester Vertreter ist das psychoaktive Δ9-Tetrahydrocannabinol (Δ9-THC). In der Pflanze liegt es hauptsächlich als inaktive Säure vor, die bei Lagerung und/oder Temperatureinwirkung in die aktive Form umgewandelt wird. Weitere in der Pflanze vorkommende Cannabinoide sind Cannabidiol (CBD) und Cannabinol (CBN). Man unterscheidet Varietäten vom Drogenhanf (Δ9-THC-Gehalt über 1 Prozent) und vom Faser- oder Nutzhanf (Δ9-THC-Gehalt unter 0,2 Prozent).

Der Anbau von Nutzhanf ist seit 1996 unter strikten Auflagen wieder erlaubt. Dabei darf nur zertifiziertes Saatgut verwendet werden, dessen Δ9-Tetrahydrocannabinol (Δ9-THC)-Gehalt 0,2 Prozent nicht übersteigt. Der Anbau muss bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) angezeigt werden und vor jeder Ernte wird der Δ9-THC-Gehalt nochmals überprüft.

In den fettreichen Früchten der Hanfpflanze, den Hanfsamen, ist kein THC enthalten. Allerdings kann es bei der Ernte zu Verunreinigung der Samen durch die Blätter kommen, so dass immer wieder Δ9-THC-Gehalte in Hanfölen oder Samenprodukten nachzuweisen sind. Diese Verunreinigung lässt sich aber durch verfahrenstechnische Maßnahmen reduzieren und ist somit vermeidbar.

Um eine phsychoaktive Wirkung durch den natürlichen Inhaltsstoffl Δ9-Tetrahydrocannabinol durch konsumierte (Hanf-)Lebensmittel zu vermeiden, hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) 2015 einen ARfD-Wert von 1 µg Δ9-THC pro Kilogramm Körpergewicht abgeleitet. Die akute Referenzdosis (ARfD) ist diejenige Substanzmenge pro Kilogramm Körpergewicht, die über die Nahrung mit einer Mahlzeit oder innerhalb eines Tages ohne erkennbares Risiko für Verbraucherinnen und Verbraucher aufgenommen werden kann. In Deutschland hat außerdem das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) im Jahr 2000 Richtwerte für maximale Gesamt-Δ9-THC-Gehalte (Summe aus Δ9-THC und Δ9-THC-Säure) in verschiedenen Lebensmittelgruppen veröffentlicht. Diese liegen bei:

  • 0,005 mg/kg für nicht-alkoholische und alkoholische Getränke,
  • 5 mg/kg für Speiseöle sowie
  • 0,15 mg/kg für alle anderen Lebensmittel

und beziehen sich auf verzehrsfertige Lebensmittel (BgVV 2000). Allgemein soll demnach die tägliche Aufnahmemenge von 1 bis 2 µg Gesamt-Δ9-THC pro kg Körpergewicht nicht überschritten werden.

Auf europäischer Ebene gelten seit dem 1. Januar 2023 konkrete Höchstgehalte: Die Höchstmengen für Gesamt-Δ9-THC-Äquivalente liegen bei 7,5 mg/kg für Hanfsamenöle und 3,0 mg/kg für Hanfsamen, -mehle und ähnliche Produkte (Verordnung 1881/2006/EU).

Untersuchungen des LAVES

Seit dem Jahr 2000 untersucht das Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover am Standort Braunschweig Hanfprodukte auf Δ9-THC. Die verwendete gaschromatographische Methode (Normmethode aus der amtlichen Sammlung von Untersuchungsverfahren gemäß Paragraf 64 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB)) wandelt dabei die inaktive THC-Säure in die aktive Form um, so wie es auch beim Erhitzen von Lebensmitteln passieren würde. Als Ergebnis wird dann der Gesamt-Δ9-Tetrahydrocannabinol-Gehalt ermittelt. Das folgende Diagramm zeigt die ansteigenden Probenzahlen der vergangenen Jahre, wobei der letzte Punkt sich lediglich auf die Probenzahlen im ersten Halbjahr 2020 bezieht:

Diagramm Entwicklung der Probenzahlen aus den Jahren 2012 bis 2019 Bildrechte: LAVES/LI BS/H
Vor allem durch das wachsende Angebot an Hanfprodukten mit angereicherten Cannabinoiden, wie zum Beispiel Cannabidiol (CBD) sind die Probenzahlen seit dem Jahr 2019 stark angestiegen.

Untersuchungsergebnisse

Hanföle

Im Untersuchungszeitraum wurden insgesamt 34 Hanföle untersucht. Hanföl wird durch Kaltpressung der Hanfsamen gewonnen. Es hat einen hohen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Die ölhaltigen Hanfsamen enthalten keine Cannabinoide. Allerdings kann es durch unsachgemäße Ernte und Verarbeitung zu einer Kontamination der Samen kommen.
In zwei Proben wurde kein Δ9-THC nachgewiesen (Nachweisgrenze 0,5 mg/kg). Der angestrebte EU-Höchstgehalt von 7,5 mg/kg Gesamt-Δ9-THC wurde bei 14 Proben überschritten. Die höchsten Werte für Gesamt-Δ9-THC lagen bei 23,2 und 25,2 mg/kg.

Gesamt-Δ9-THC kleiner 5 mg/kg zwischen 5 bis 10 mg/kg über 10 mg/kg
Anzahl der Proben 17 9

8

(max. 25,2 mg/kg)

Hanfsamen & Hanfsaat (ganz und gemahlen)

Hanfsamen und Hanfsaat (auch Hanfproteinpulver) können unterschiedliche Verwendung als Lebensmittel haben. Während ganze Hanfsamen zum Beispiel als Topping in Müsli oder zu Salaten gegeben werden, findet das entölte Hanfsamenmehl Anwendung als glutenfreier Mehlersatz beim Backen und Kochen. Von den 26 untersuchten Proben konnten 7 den angestrebten EU-Höchstgehalt von 3 mg/kg Gesamt-Δ9-THC nicht einhalten. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die ermittelten Gehalte:

Gesamt-Δ9-THC kleiner 1 mg/kg zwischen 1 bis 3 mg/kg über 3 mg/kg
Anzahl der Proben 10 9

7

(max. 7,6 mg/kg)

Nahrungsergänzungsmittel (NEM)

Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, die allgemeine Ernährung zu ergänzen. Das Inverkehrbringen von Nahrungsergänzungsmitteln ist in Deutschland in der Verordnung über Nahrungsergänzungsmittel (NemV) geregelt.

Paragraf 5 dieser Verordnung bestimmt die Anzeigepflicht. Danach hat der Hersteller oder Einführer eines Nahrungsergänzungsmittels dies spätestens vor dem ersten Inverkehrbringen beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) anzuzeigen.

Bei der Beurteilung des Δ9-THC-Gehalts in einem Nahrungsergänzungsmittel wird die Verzehrsempfehlung berücksichtigt, woraus sich die tägliche Aufnahmemenge berechnet. Diese soll 1 bis 2 µg Gesamt-Δ9-THC pro kg Körpergewicht (siehe oben, BgVV 2000) nicht übersteigen.

Bei den untersuchten Proben muss deutlich zwischen „normalen“ NEM mit Hanf und „angereicherten“ NEM mit zum Beispiel erhöhten Cannabidiol (CBD)-Gehalten unterschieden werden. Diese Produkte erkennt man oft an Hinweisen wie „Vollspektrum“ oder „Vollextrakt“. Durch die Anreicherung resultieren deutlich höhere Gehalte an Gesamt-Δ9-THC. Zur rechtlichen Einschätzung solcher angereicherten Produkte wird auf die FAQs des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit verwiesen. Die folgenden Tabellen verdeutlichen den Unterschied zwischen den Produktgruppen:

NEM – nicht angereichert (11 Proben)

Gesamt-Δ9-THC kleiner 1 mg/kg zwischen 1 bis 3 mg/kg über 3 mg/kg
Anzahl der Proben 7 1

3

(max. 26,3 mg/kg)


NEM – angereichert (86 Proben)

Gesamt-Δ9-THC kleiner 100 mg/kg

zwischen

100 bis 1000 mg/kg

über 1000 mg/kg
Anzahl der Proben 10 41

35

(max. 4500 mg/kg)


Fazit

Hanfhaltige Lebensmittel können eine Bereicherung in der heutigen Ernährung sein. Die aus Hanfsamen gewonnenen Produkte sind von Natur aus frei von Δ9-THC und anderen Cannabinoiden. Allerdings kann es bei der Ernte und Verarbeitung zu einer (vermeidbaren) Kontamination mit Δ9-THC kommen. Die Untersuchungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass es dadurch immer wieder zu Überschreitungen der Richtwerte beziehungsweise der akuten Referenzdosis (ARfD-Wert) kommt.

Vor allem das wachsende Angebot an Hanfprodukten mit angereicherten Cannabinoiden wie zum Beispiel Cannabidiol (CBD) im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel hat zu steigenden Probenzahlen mit zum Teil hohen Δ9-THC-Werten geführt.

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