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Freigelände für Geflügel attraktiv gestalten

Stand 01.07.2022


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Auslegung für den ökologischen Landbau


Die neue Ökoverordnung, welche seit Anfang 2022 umzusetzen ist, bringt neue Anforderungen an die Gestaltung des Grünauslaufs für geflügelhaltende Betriebe mit sich. Welche konkreten Umsetzungen hinter den manchmal vage formulierten Gesetzestexten stehen, sollen folgende Informationen aufzeigen.

1. Freigelände für Geflügel

Freigelände für Geflügel muss für die Tiere attraktiv und für alle Tiere uneingeschränkt zugänglich sein.

Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2020/464


Woran erkenne ich, dass mein Auslauf attraktiv ist?

Wichtig hierbei ist, dass zunächst auf den ursprünglichen Lebensraum des Geflügels geachtet wird, da unser heutiges Geflügel sich zum Großteil ähnlich wie das Wildgeflügel verhält. "Die Ahnen der Legehennen lebten in den lichten Bereichen im Dschungel" (1). Mit dem Wissen um den ursprünglichen Lebensraum von beispielsweise Legehennen wird deutlich, dass eine große Wiese mit vereinzelt aufgestellten künstlichen Unterständen für Legehennen wenig attraktiv ist. Solche Ausläufe entsprechen nicht den Anforderungen der Ökoverordnung.

  • Wenn alle Tiere den Auslauf nutzen, scheint dieser für die Tiere attraktiv zu sein.
  • Nur wenn sich die Tiere in einem Auslauf sicher fühlen, kann dieser als attraktiv eingestuft werden. Dies beinhaltet, dass man als Betriebsleitung auch Maßnahmen ergreift, um natürliche Feinde wie zum Beispiel Fuchs oder Raubvögel abzuwehren.

Wie erreiche ich, dass mein Auslauf für alle Tiere uneingeschränkt zugänglich ist?

  • Die Einrichtung von Schutzmöglichkeiten nicht weit vom Stall entfernt, ermöglicht ängstlichen Tieren die Nutzung des Auslaufs.
  • Eine gute Zugänglichkeit zum Auslauf wird idealerweise bereits in der Stallbauphase berücksichtigt. Die Platzierung eines Stalls auf einer Fläche ist bereits entscheidend, wenn es später um die Zugänglichkeit zum Auslauf geht. Zum Bespiel bietet ein Stall, welcher in der Mitte einer Fläche gesetzt wird, an beiden Seiten Zugänge zum Auslauf.
  • Wenn sich auf einer Fläche Gräben oder enge Stellen befinden, kann sich die Zugänglichkeit in hintere Auslaufbereiche einschränken. Hier kann die Betriebsleitung dafür sorgen, dass Übergänge so breit wie möglich gestaltet werden und enge Passagen "attraktiv" für die Tiere sind.

2. Trennung der Freigeländeflächen bei Herdenhaltung

Bei Geflügelställen, die in getrennte Stallabteile unterteilt sind, um mehrere Herden zu halten, müssen die den einzelnen Stallabteilen zugeordneten Freigelände voneinander getrennt sein, um sicherzustellen, dass der Kontakt mit anderen Herden eingeschränkt ist und dass sich Tiere aus verschiedenen Herden nicht mischen können.

Artikel 16 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2020/464


Wie kann ich dafür sorgen, dass jedes Tier in seinem Auslauf bleibt?

  • Eine gute stabile, ausreichend hohe und wenn möglich in den Boden eingegrabene Umzäunung legt den Grundstein dafür, dass ein Tier innerhalb seines Auslaufs bleibt.
  • Die regelmäßige Kontrolle des Auslaufs ist wichtig, um Schwachstellen, wie zum Beispiel untergrabende Zäune oder Löcher in Zäunen zu identifizieren und rechtzeitig zu reparieren.
  • Schwachstellen gibt es häufig dort, wo Auslaufluken geöffnet werden, da der Zaun an dieser Stelle nicht uneingeschränkt an den Stall gebaut werden kann. Auch können sich mit der Zeit unter Toren Lücken bilden, da an diesen Stellen der Zaun nicht eingegraben werden kann. Solche Schwachstellen verdienen besondere Berücksichtigung.

3. Bepflanzung auf den Freigeländeflächen

Freigelände für Geflügel muss überwiegend mit unterschiedlichen Pflanzen bewachsen sein.

Artikel 16 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2020/464


Was heißt das genau?

  • Das Kultivieren einer Monokultur ist in Geflügelausläufen nicht möglich. Bei Betrachtung des Lebensraums von Wildgeflügel wird deutlich, dass verschiedene Pflanzen in unterschiedlichen Höhen für die Tiere attraktiv sind, da unterschiedliche Pflanzen verschiedene Bedürfnisse erfüllen. So können beispielsweise Legehennen den Grasaufwuchs nutzen, um einen Teil ihres Futtermittelbedarfs zu decken, gleichzeitig dient er ihrer Beschäftigung. Wohingegen Sträucher und Bäume Geflügel Schutz vor Hitze und Beutegreifern aus der Luft bieten.

4. Unterschlupf, Unterstände, Sträucher und Bäume auf den Freigeländeflächen

Freigelände muss den Tieren eine ausreichende Anzahl an Unterschlupfen, Unterständen, Sträuchern oder Bäumen bieten, die über das gesamte Freigelände verteilt sind, damit sichergestellt ist, dass die Tiere das gesamte Freigelände gleichmäßig nutzen.

Artikel 16 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2020/464


Grundsätzlich ist Unterschlupf für Geflügel wichtig, da dieser als Schutzmöglichkeit vor Greifvögeln, widriger Witterung oder Hitze fungiert. Unterschlupf für Geflügel kann in ganz unterschiedlicher Form angeboten werden. Ob nun durch bereits vorhandenen Bewuchs, durch gezieltes Anpflanzen von Büschen und Bäumen oder das Aufstellen von künstlichen Schutzelemente - dem Geflügelhalter steht hier ein nahezu unbegrenzter Gestaltungsspielraum zu.(2)

Alle, die Tiere halten, sollten besonders bei Aufnahme des Betriebszweigs Geflügelhaltung die Tiere bei der Nutzung des Grünauslaufs beobachten. Dabei ist es wichtig zu erfahren, welche Art von Unterschlupf gerne angenommen wird, ob die Tiere es wagen, die hinteren Auslaufbereiche zu erkunden und ob auch alle schutzsuchenden Tiere einen Platz unter den Unterschlupfen finden.


Wie soll ich meinen Auslauf strukturieren und mit Schutzmöglichkeiten versehen? Was ist das Minimum?

  • Gleichmäßig verteilt sollten alle 20 Meter ein Strukturelement/Unterschlupf (natürlich und künstlich) in dem Auslauf befinden.
  • Strauchgruppen ab einer Mindestgröße von fünf Quadratmetern bewachsene Fläche können als Unterschlupf/ausreichendes Schutzelement anerkannt werden, nicht als ausreichende Schutzelemente anerkannt werden können jedoch frisch angepflanzte Bäume und Sträucher.
  • In der vegetationsfeien Zeit müssen zusätzlich künstliche Unterstände angeboten werden, wenn die natürlichen Unterstände aufgrund der fehlenden Belaubung keinen ausreichenden Schutz mehr bieten.
  • Eine gute Nutzung des gesamten Auslaufs, welche mit dem Vorhalten von Strukturelementen und Schutzmöglichkeiten erreicht wird, ist auch unter Gesichtspunkten des hohen Nährstoffeintrags im stallnahen Bereich und in Bezug auf den Krankheitsdruck zu betrachten.

Besteht die Möglichkeit Agroforststreifen in meinem Auslauf zu pflanzen?

  • Grundsätzlich besteht die Möglichkeit Strauch- und Baumreihen in Geflügelausläufe zu pflanzen. Einige Beispiele aus der Praxis haben gezeigt, dass zum Beispiel Legehennen den Bereich unter den Bäumen sehr gut annehmen und dass die Bäume auch in zunehmend heißeren Sommern eine gute Beschattung bieten.
  • Der Umfang (mengenmäßig) für Bäume und Sträucher ist durch Vorgaben der Ökoverordnung geregelt. Mindestens 50 Prozent der Auslauffläche muss aus einer Vegetationsdecke bestehen, siehe Anhang II Teil II Punkt 1.9.4.4 h) der Verordnung (EU) 2018/848. Gras und Krautvegetation muss neben Anpflanzungen mindestens in dem Umfang vorhanden sein, dass die Legehennen täglich ihren Bedarf an Raufutter aus dem Auslauf decken können. Für das Bepflanzen des Auslaufs mit Baumreihen ergibt sich die Notwendigkeit, dass zwischen den Baumreihen ausreichend Grasaufwuchs wachsen kann.

5. Verhinderung von Nähstoffüberschuss auf den Freigeländeflächen

Der Bewuchs des Freigeländes ist regelmäßig zu pflegen, um zu verhindern, dass ein Nährstoffüberschuss entsteht.

Artikel 16 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2020/464


Wie sieht so eine Pflege aus?

  • Gebundene Nährstoffe in Form von Holz und Gras müssen dem Auslauf entnommen werden.
  • Jeder Geflügel haltende Betrieb muss zum Thema Pflegemaßnahmen im Auslauf einen Plan vorhalten, aus dem ersichtlich wird, wie der Auslauf gepflegt wird (Was? Wann? Wie? Wie oft?). Insbesondere die Pflege des mit einer großen Nährstofflast betroffenen stallnahen Bereiches soll beschrieben sein.

6. Radius beim Freigelände in Bezug zum Stallgebäude

Das Freigelände darf einen Radius von 150 Meter ab der nächstgelegenen Ein- und Auslaufklappe des Geflügelstalls nicht überschreiten. Ein Radius von bis zu 300 Meter ab der nächstgelegenen Ein- und Auslaufklappe des Gebäudes ist jedoch zulässig, wenn über das gesamte Freigelände Unterstände zum Schutz vor Schlechtwetter und Prädatoren in ausreichender Zahl und gleichmäßig verteilt, das heißt mindestens vier Unterstände je Hektar, vorhanden sind. Bei Gänsen muss das Freigelände so gestaltet sein, dass die Tiere ihrem Bedürfnis, Gras zu fressen, nachkommen können.

Artikel 16 Absatz 6 der Verordnung (EU) 2020/464


Wie ist das mit den vier Unterständen je Hektar gemeint?

  • Oben genannter Verordnungstext regelt den Umgang mit Auslaufflächen, die weiter vom Stall entfernt sind. Grundsätzlich sind alle Ausläufe mit Unterschlupfen/Unterständen zu versehen, siehe Punkt 4.
  • Darüber hinaus müssen Betriebsleitungen in Ausläufen, die mehr als 150 Meter vom Stall entfernte Auslaufflächen aufweisen, zusätzlich vier Unterstände (Mindestgröße fünf Quadratmeter pro Unterstand) pro Hektar Auslauffläche vorhalten. Damit wird gewährleistet, dass besonders in stallfernen Bereichen, Geflügel Schutz vor Schlechtwetter und Prädatoren, auch in der vegetationsfreien Zeit, geboten wird.

7. Vegetationsdecke auf Freigeländeflächen

Freigelände für Geflügel muss überwiegend aus einer Vegetationsdecke bestehen...

Anhang II Teil II Punkt 1.9.4.4.h) der Verordnung (EU) 2018/848


Zum einen geht es hier darum, dass der Aufwuchs der Fläche dem Geflügel als Futtermittel zur Verfügung steht. Ein zweiter Aspekt betrifft den Bodenschutz. So heißt es im Anhang II Teil II unter Punkt 1.7.4. der Verordnung (EU) 2018/848, dass der Tierbesatz so niedrig sein müsse, dass Überweidung, Zertrampeln des Bodens, Erosion oder Umweltbelastung verursacht durch Tiere möglichst gering gehalten werde.


Was müssen Geflügelhaltende unternehmen, wenn die Vegetation auf der Hälfte des Grünauslaufs verdrängt wurde?

  • Schriftlich und aktuell müssen Geflügelhaltende festhalten, welche relevanten, praktischen Maßnahmen ergriffen werden, um die Einhaltung der Ökoverordnung sicherzustellen, siehe Artikel 39 Absatz 1 d) ii) der Verordnung (EU) 2018/848. In der oben genannten Fragestellung geht es um Erhaltung der Vegetationsdecke jederzeit zu mindestens 50 Prozent. Auch in anderen Bereichen ist das schriftliche Festhalten von Maßnahmen gefordert.
  • Beratung einholen, zum Beispiel das Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen GmbH kontaktieren -www.oeko-komp.de. (3)
  • Die Tiere durch geeignete Maßnahmen (siehe hierzu Punkt - Struktur des Auslaufs -) vermehrt in die hinteren Auslaufbereiche leiten.
  • Vor dem Einstallen der Herde muss sich der Auslauf gemäß Anhang II Teil II Punkt 1.9.4.4. c) der Verordnung (EU) 2018/848 erholen können. Hier ist beschrieben, dass die Ruhezeit so lang sein muss, dass die Vegetation nachwachsen kann.
  • Der Zeitpunkt des Einstallens der Tiere ist so zu planen, dass sich beim erneuten Einsäen das Grünauslaufs Pflanzen entwickeln können, das heißt, das Einstallen von Tieren/Herden zwischen November und Februar würde aufgrund des verminderten Wachstums der Pflanzen in den Wintermonaten nicht dazu beitragen, die Vegetation zu vermehren.
  • In machen Fällen besteht die Möglichkeit, die Tiere/Herden mehr als die vorgeschriebenen Mindestauslaufflächen zur Verfügung zu stellen. Auch die Möglichkeit, einen Wechselauslauf vorzuhalten hat sich in Bezug auf das Zurückdrängen der Vegetation bewährt.


Quellen:

1. Forschungsinstitut für biologischen Landbau, Thema Tier 

2. Grünausläufe für Legehennen (Fachartikel des KTBL von August 2018, PDF, nicht barrierefrei)

3. Praxisleitfaden zur Gestaltung von Ausläufen (Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen GmbH, PDF, nicht barrierefrei)




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