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Insekten als Lebensmittel – eine Alternative auf dem Teller?

LAVES untersucht Mikrobiologie, Kennzeichnung und Echtheit von verschiedene Insekten und insektenhaltigen Lebensmitteln


Mehlwürmer Bildrechte: © sissoupitch - stock.adobe.com

Der Verzehr von essbaren Insekten durch den Menschen, auch Entomophagie genannt, stößt bei vielen Menschen in Deutschland auf Zurückhaltung. Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass zum Beispiel die Maikäfersuppe ein Bestandteil der deutschen Küche war.

Während heutzutage außerhalb Europas der Insekten-Verzehr von mehr als 2,8 Milliarden Menschen praktiziert wird und Insekten als Delikatesse gelten[1], finden essbare Insekten in Europa erst langsam den Weg auf den Teller. Das Spektrum der betreffenden Lebensmittel ist dabei sehr weit gefächert. So werden sowohl ganze Insekten, aber auch Insekten in verarbeiteter Form, beispielsweise als Zutat in Proteinriegeln, Nudeln, Burgerpatties oder Brotaufstrichen angeboten.

Proteinriegel mit Insekten als Zutat   Bildrechte: © LAVES
Proteinriegel mit Insekten als Zutat
Pasta mit Buffalowurm   Bildrechte: © LAVES
Pasta mit Buffalowurm
Buffalowürmer   Bildrechte: © LAVES
Buffalowürmer
Insektenaufstrich   Bildrechte: © LAVES
Insektenaufstrich
Wanderheuschrecke   Bildrechte: © LAVES
Wanderheuschrecke

Insekten sind alternative Lieferanten von vielen hochwertigen Proteinen und Nährstoffen. Zudem weisen sie im Vergleich zu den gängigen tierischen Proteinlieferanten die höchste Verwertbarkeit auf. (80 Prozent im Vergleich zu Schwein mit einer Verwertbarkeit von 55 Prozent[2]). Die Verwertbarkeit gibt hier an, wie hoch der essbare Anteil eines Tieres ist.

Das Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover des LAVES hat die landesweite Zuständigkeit bezüglich der lebensmittelrechtlichen Analytik und Beurteilung von Insekten als Lebensmittel beziehungsweise von insektenhaltigen Lebensmitteln. Im Folgenden wird ein Überblick der rechtlichen Situation und verschiedener Untersuchungsergebnisse gegeben.

Direkt zu den Untersuchungsergebnissen

Rechtliche Situation

Insekten, die als Lebensmittel oder als Lebensmittelzutat Anwendung finden sollen, werden rechtlich als ein „neuartiges Lebensmittel“ eingestuft. Unter einem neuartigen Lebensmittel (auch „novel food“ genannt) werden alle Lebensmittel verstanden, die vor dem 15. Mai 1997 nicht in nennenswertem Umfang in der Europäischen Union für den menschlichen Verzehr verwendet wurden. Dies bedeutet, dass für derartige Lebensmittel vom Hersteller ein Zulassungsantrag bei der europäischen Kommission gemäß der VO (EU) Nr. 2015/2283 (der sogenannten „Novel Food Verordnung“) vom Hersteller gestellt werden muss.

Erst nach dem Abschluss des Zulassungsverfahrens, bei dem durch die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) eine wissenschaftliche Bewertung unter anderem in Hinblick auf ein mögliches Risiko für den menschlichen Verzehr durchgeführt wird, darf es auf den europäischen Markt gebracht werden. Selbstverständlich müssen von dem Hersteller zusätzlich auch alle allgemeinen lebensmittelrechtlichen Vorschriften und gegebenenfalls spezielle nationale Anforderungen beachtet werden. Somit ist der Schutz der Gesundheit und der Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher in Europa gewährleistet.

Nach der Zulassung wird das neuartige Lebensmittel in eine von der europäischen Union geführte, öffentlich zugängliche Unionsliste eingetragen.

Die Zulassung und die wissenschaftliche Bewertung dieser Lebensmittel sind in den jeweiligen Durchführungsverordnungen zusammengefasst. Darin sind auch die Vorgaben für die Kennzeichnung festgelegt. So muss zum Beispiel auf diesen Produkten auf mögliche allergische Reaktionen hingewiesen werden: „Diese Zutat kann bei Verbrauchern, die bekanntermaßen gegen Krebstiere und Erzeugnisse daraus sowie gegen Hausstaubmilben allergisch sind, allergische Reaktionen auslösen“.

Einige Insekten als Lebensmittel zugelassen

Anfang 2023 waren Lebensmittel/Lebensmittelzutaten aus den Insektenarten Tenebrio molitor (Mehlwurm, die Larve des Mehlkäfers), Acheta domesticus (Heimchen), Locusta migratoria (Wanderheuschrecke) und Alphitobius diaperinus (Buffalowurm, die Larve des Getreideschimmelkäfers) zugelassen.

Für welche insektenhaltige Lebensmittel werden Anträge gestellt?
...zum Beispiel für ganze Insekten (hitzebehandelt, getrocknet, frittiert, geröstet), Pasta, Mehl, Proteine, Brote und Backwaren, Salate, Snacks, Gewürze, Saucen, Salatdressings, diätetische LM, Bier und ähnliches, Käse, Konfekt, Cracker, Schokolade, Fertiggerichte, Fleischimitate,...

Aufgrund der geringen Verbraucherakzeptanz ist der Markt für insektenhaltige Lebensmittel in Niedersachsen zurzeit noch sehr überschaubar.

Allerdings ist zukünftig mit einem Anstieg der entsprechenden Lebensmittel zu rechnen. Gerade bei der jüngeren Generation gibt es ein Umdenken: die günstigere Ökobilanz und die in Insekten enthaltenen hochwertigen Proteine und Nährstoffe machen sie zu einem attraktiven und zukunftsfähigen Lebensmittel. Im Rahmen einer Verbraucherumfrage des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aus dem Jahr 2019 gaben 30 Prozent der Befragten an, dass sie sich vorstellen könnten aus Insekten hergestellte Nahrungsmittel zu kaufen.

Verarbeitete Insektenprodukte wie Nudeln, Burger oder Proteinriegel tragen dazu bei, die Akzeptanz von Insekten als Lebensmittel zu steigern, da hier die natürliche Ekelbarriere umgangen wird.

Untersuchungsergebnisse des LAVES

Das Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover des LAVES untersucht seit dem Jahr 2019 verschiedene Insekten und insektenhaltige Lebensmittel. Seither wurden 16 Proben zur Untersuchung eingesandt.

Im Zentrum stehen dabei die mikrobiologische Untersuchung auf krankmachende Bakterien sowie die Überprüfung der korrekten Angabe bezüglich der verarbeiteten Insektenarten (Authentizitätsüberprüfung).

Die Ergebnisse der mikrobiologischen Untersuchungen waren bisher unauffällig.

Auch bezüglich der verarbeiteten Insektenarten konnten im Rahmen von molekularbiologischen Untersuchungen keine Unstimmigkeiten zu den Angaben auf den Zutatenverzeichnissen festgestellt werden. Molekularbiologische Untersuchungen dienen zur Identifizierung und Differenzierung von Mikroorganismen.

Auf allen untersuchten Produkten war die geforderte Allergenkennzeichnung erfolgt.

Zur zukunftsfähigen Gestaltung des Verbraucherschutzes wird am Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover das Untersuchungsspektrum für diese neue Lebensmittelkategorie erweitert.

So wird zurzeit der Nachweis und die Identifizierung von Insekten durch das Next Generation Sequencing (NGS) etabliert. Ziel ist es, mehr Insektenarten erfassen zu können und somit auch die Überprüfung der Authentizität zu verbessern.

Auch die Belastung mit Schadstoffen steht im Focus. Das bereits etablierte Dioxin-Screening auf Dioxine und PCBs mit dem EROD-Bioassay wird auf Insekten ausgeweitet.

Die im Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover zur Verfügung stehenden Analysemethoden ermöglichen, dass Insekten als Lebensmittel unter den Gesichtspunkten der Hygiene, der Authentizität und der Schadstoffbelastung umfassend überprüft werden können und somit der Verbraucherschutz in Niedersachsen auch bei diesem zukunftsweisenden Lebensmittel sichergestellt ist.

Literatur:

[1]The current legal status of edible insects“, N. Grabowski et al., 2019, Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift 132, Heft 5/6 (2019), Seiten 295-311

[2] Präsentation A. Van Huis, insecta-conference 2019, https://insecta-conference.com/ sowie „Potential of Insects as Food and Feed in Assuring Food Security”, A. van Huis, Annu. Rev. Entomol. 2013.58:563-583.

Weiterführende Informationen:

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