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Perfluorierte Alkylsubstanzen in Fischen aus der Ochtum

Stand 17.04.2020: Das niedersächsische Verbraucherschutzministerium empfiehlt: Fische aus der Ochtum nicht verzehren


Perfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) Verbindungen gelten als äußerst stabil gegenüber Umwelteinflüssen und als besonders langlebig. Darüber hinaus werden sie im menschlichen Körper angereichert.

PFAS wurden beispielsweise in Löschschäumen eingesetzt, die bei Übungen auf dem Flughafen Bremen eingesetzt wurden. So gelangten diese Substanzen in die Ochtum.

Aufgrund einer hohen Belastung von Flussfischen aus der Ochtum mit PFAS, rät das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML) vom Verzehr dieser Fische ab ( Verzehrempfehlung ML vom Dezember 2019).

Unter dem Begriff der perfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) werden gemeinhin oberflächenaktive, organische Substanzen zusammengefasst, deren Kohlenstoffkette komplett fluoriert ist. Perfluoroctansäure (PFOA) und Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) bilden die Leitsubstanzen der PFAS-Verbindungsklasse.

Aufgrund ihrer Eigenschaften werden PFAS in zahlreichen industriellen Produkten und Prozessen genutzt. Sie werden u. a. zur Oberflächenbeschichtung von Papier, zur Imprägnierung von Kleidung, Polstermöbeln und Teppichen und in Feuerlöschschäumen eingesetzt. Nach Beschichtung und Imprägnierung verfügen diese Materialien über öl- und wasserabweisende Eigenschaften. In Löschschäumen erleichtern PFAS die Verteilung über brennende Oberflächen.

Um zunehmende Umweltbelastungen zu vermeiden, wurde der Einsatz von PFOS stark eingeschränkt (Stockholm Konvention). Seit Juli 2011 ist der Einsatz von PFOS-haltigen Löschschäumen verboten.

In Tierversuchen zeigten PFOS und PFOA mäßig toxische Eigenschaften. In früheren Studien mit Ratten und Mäusen förderten beide Chemikalien jedoch die Entstehung von Leberkrebs und anderen Tumoren. Darüber hinaus existieren Hinweise auf eine negative Beeinflussung der weiblichen und männlichen Fruchtbarkeit durch einige PFAS-Vertreter. In aktuellen Studien wurden darüber hinaus u.a. ein Anstieg des Gesamtcholesteringehaltes im Blutserum von erwachsenen Menschen, eine verminderte Immunantwort bei Impfungen von Kindern und ein vermindertes Geburtsgewicht als kritische Effekte ausgemacht.

Bewertung von PFOS und PFOA in Lebensmitteln

Für die Bewertung von PFAS-Gehalten in Lebensmitteln gibt es derzeit keine gesetzlich geregelten Höchstgehalte. Durch die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) wurden Ende 2018 die tolerierbaren wöchentlichen Aufnahmemengen (Tolerable Weekly Intake – TWI), die als Richtwerte für die Beurteilung von Lebensmitteln herangezogen werden, abgesenkt. Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen gilt für PFOS ein TWI-Wert von 13 Nanogramm je Kilogramm Körpergewicht (ng/kg Körpergewicht) und PFOA von 6 ng/kg Köpergewicht.

Tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge (TWI – Tolerable Weekly Intake)

Die Menge eines Stoffes, die über die gesamte Lebenszeit wöchentlich aufgenommen werden kann, ohne spürbare Auswirkungen auf die Gesundheit von Verbraucher/-innen zu haben. Ausführliche Informationen dazu beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): https://www.bfr.bund.de/de/a-z_index/tdi

Flussfischmonitoring in der Ochtum

Auf dem Bremer Flughafen wurden bis 2003 PFOS-haltige Löschschäume im Rahmen von Löschübungen eingesetzt. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben werden regelmäßig Untersuchungen von Oberflächengewässern durchgeführt. In diesen Untersuchungen wurde ein erhöhter Gehalt an PFOS im Wasser der Ochtum/Grollander Ochtum sowie in Fischen festgestellt.

Aufgrund der durch die EFSA im Dezember 2018 erfolgten Absenkung der toxikologischen Referenzwerte für PFAS veröffentlichte das Land Bremen, eine Verzehrempfehlung für Fische aus der Ochtum/Grollander Ochtum.

Aufgrund des Flussverlaufs der Ochtum musste damit gerechnet werden, dass in den niedersächsischen Flussabschnitten unter Umständen dortige Fische auch mit PFAS belastet sind. Daten zu PFAS-Gehalten in Speisefischen aus diesem Flussabschnitt lagen bisher nicht vor. Das Flussfisch-Monitoring der Ochtum dient dem Ziel, einen umfassenden Überblick über die Belastung mit PFAS in Fischen in den niedersächsischen Teilen der Ochtum zu erhalten.

An fünf Stellen der niedersächsischen Flussabschnitte der Ochtum wurden Fische entnommen und zur Untersuchung ins LAVES-Institut für Fische und Fischereierzeugnisse nach Cuxhaven gebracht. Zwei der Probenahmestellen liegen vor der Einleitung des Löschwassers in die Ochtum. Die anderen Probenahmen fanden im Bereich der Einleitung und nachfolgend im weiteren Verlauf der Ochtum Richtung Weser statt (siehe Karte).

Karte der niedersächsischen Flussabschnitte der Ochtum mit Probenahmestellen   Bildrechte: OpenStreetMap, eigene Bearbeitung
Darstellung der Probenahmestellen im niedersächsischen Verlauf der Ochtum

Aktuelle Untersuchungsergebnisse

Insgesamt wurden 146 Fische der Fischarten Aal, Rotauge, Flussbarsch und Brasse untersucht.

Die Untersuchungen der Fische umfassten die Substanzen Perfluoroctansäure (PFOA) und Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) als die Leitsubstanzen der PFAS-Verbindungsklasse sowie neun weitere PFAS-Substanzen. Die auffälligsten Ergebnisse wurden bezüglich der Substanz PFOS festgestellt: sie ist bei allen Fischarten und an allen beprobten Flussabschnitten nachweisbar. Im Mittel beträgt die PFOS-Konzentration 11,22 Mikrogramm je Kilogramm (µg/kg) Fischmuskel, wobei starke Unterschiede im Gehalt je Fischart und je Probenahmestelle festzustellen waren. Insbesondere waren Fische, die der Probenahmestelle 2 (Grollander Ochtum) entnommen wurden, mit einem mittleren PFOS-Gehalt von 57,18 µg/kg Fischmuskel besonders auffällig. Der Maximalwert war in einer Flussbarschprobe flussaufwärts zum Flughafen Bremen mit einem PFOS-Gehalt von 2075,76 µg/kg zu finden. Im gesamten Untersuchungsprogramm enthielten 10 der 146 untersuchten Fischproben über 100 µg/kg, davon 9 Fischproben aus dem Bereich der Grollander Ochtum.

Legt man den aktuellen TWI-Wert für PFOS zugrunde, sind die in Flussfischen der Ochtum nachgewiesenen PFOS-Gehalte als hoch problematisch einzustufen, da sie diesen Wert um ein Vielfaches überschreiten.

Ursache der Kontamination

Aus Löschschäumen, die auf dem Flughafengelände Bremen eingesetzt wurden, gelangte PFOS in die Ochtum. Weitere Details zur Ursache der Kontamination sind der Internetseite des Senats für Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz Bremens zu entnehmen ( https://www.gesundheit.bremen.de/).
Weitere Informationen


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