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Niedersächsische Kontaktstelle zum AAC-System

Kontaktstelle für Allgemeine Amtshilfeverfahren und Amtshilfeverfahren im Bereich Food Fraud


Die Lebensmittelsicherheit und der Verbraucherschutz stehen schon immer im Zentrum der Lebensmittelüberwachung. Dies nicht nur auf nationaler Ebene, sondern europaweit. In den vergangenen Jahren ist das Problem der Irreführung/Täuschung der Verbraucher/innen beziehungsweise die Lebensmittelkriminalität (Food Fraud, „Lebensmittelbetrug“) weiter in den Fokus der Überwachungsbehörden sowie der Öffentlichkeit gerückt.

Vor allem die zunehmende Globalisierung der Märkte und die Komplexität der Lieferketten stellen begünstigende Faktoren für die Irreführung der Verbraucher/innen und betrügerische Praktiken dar. Die Gefahr für Täuschung oder Betrug ist am höchsten, wenn das Risiko, dass die Täuschung oder der Betrug aufgedeckt wird gering und der potenzielle wirtschaftliche Gewinn hoch ist.

In der Basisverordnung des Lebensmittelrechts (VO (EG) Nr. 178/2002 ) wird explizit auf den Schutz der Interessen der Verbraucher/innen eingegangen hinsichtlich der Verhinderung von

  • Praktiken des Betrugs oder der Täuschung,
  • der Verfälschung von Lebensmitteln,
  • allen sonstigen Praktiken, die Verbraucher/-innen irreführen können.

Dafür wurden, auch vor dem Hintergrund diverser grenzüberschreitender Lebensmittelskandale der vergangenen Jahre – allen voran der Pferdefleischskandal im Jahr 2013 – von der Europäischen Kommission verschiedene Maßnahmen für eine bessere Bekämpfung und zur Vermeidung von Täuschung sowie Lebensmittelkriminalität ergriffen. Dies waren unter anderem:

  1. Die Gründung des Food Fraud Networks (FFN, 2013) auf Grundlage des Artikels 35 der Verordnung (EG) Nummer 882/2004 (abgelöst durch Artikel 103 VO (EU) 2017/625, OCR). Durch die Schaffung dieses Netzwerkes mit Kontaktstellen in allen Mitgliedstaaten wird bei grenzüberschreitenden Fällen von Lebensmittelkriminalität eine schnelle und effiziente Zusammenarbeit ermöglicht. Die Kontaktstellen sind über ein IT-System, das AAC-System (Administrative Assistance and Cooperation System – System für Amtshilfe und Zusammenarbeit, elektronisches Meldesystem), miteinander verbunden und tauschen darüber ihre Informationen aus.

    Die Nationale RASFF (Rapid Alert System for Food and Feed) und die AAC-Kontaktstelle für Deutschland wurden im Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) eingerichtet. Zusätzlich sind Länderkontaktstellen zum AAC-System in allen Bundesländern benannt worden. Die Niedersächsische Kontaktstelle für die Bereiche Lebensmittel, Wein und Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt, ist im Dezernat 22 des LAVES (Task Force Verbraucherschutz) angesiedelt. Die Bearbeitung von Vorgängen im Futtermittelbereich erfolgt in einer gesonderten AAC-Kontaktstelle im Dezernat 41 – Futtermittelüberwachung – des Niedersächsischen Landesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES).

  2. Einrichtung eines IT-gestützten Systems für die Übermittlung von Amtshilfeersuchen zwischen den Mitgliedsstaaten gemäß Durchführungsverordnung (EU) 2019/1715[, um einen schnellen Informationsaustausch zu aktuellen Vorgängen, ergriffenen Maßnahmen und Ermittlungsergebnissen zu ermöglichen. Zunächst wurde das sogenannte AAC FF-System (Administrative Assistance and Cooperation System Food Fraud) im November 2015 von der Kommission eingerichtet, den Kontaktstellen zur Verfügung gestellt und für die Kommunikation bei Vorgängen im Bereich Lebensmittelkriminalität eingesetzt. Im August 2016 wurde die Nutzung dieses Meldesystems von der Kommission auch auf den Informationsaustausch im Bereich der Allgemeinen Amtshilfeverfahren erweitert (AAC AA-System). Im Rahmen der Allgemeinen Amtshilfe werden Informationen zu Verstößen wie beispielsweise Kennzeichnungsmängel, Überschreitungen von Grenzwerten oder Höchstgehalten – ohne Gesundheitsgefahr für die Verbraucher – zwischen den Mitgliedstaaten kommuniziert. (Produkte, die eine Gefahr für die Gesundheit darstellen, werden über das Europäische Schnellwarnsystem, RASFF, gemeldet.

Das Food Fraud Network veröffentlicht jährlich einen „Annual Report" mit einer statistischen Auswertung der Meldungen im Bereich des Food Fraud (AACFF).

Aufgaben der Niedersächsischen Kontaktstelle zum AAC-System

Von der Kontaktstelle werden die von der Europäischen Kommission oder den Mitgliedstaaten über die Nationale Kontaktstelle des Bundes weitergeleiteten Anfragen auf eine niedersächsische Betroffenheit geprüft und an die zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden und/oder weitere behördliche Einrichtungen, zum Beispiel Untersuchungsinstitute, übermittelt (Downstreamverfahren). Die aus der Tätigkeit der Behörden/Einrichtungen resultierenden Ermittlungsergebnisse, ergriffenen Maßnahmen und Informationen werden als Antwort über die Nationale Kontaktstelle an den anfragenden Mitgliedstaat zurückgemeldet.

Von den kommunalen Lebensmittelüberwachungsbehörden Niedersachsens an die Länderkontaktstelle übermittelte Verstöße werden geprüft und als Anfragen über die Nationale Kontaktstelle an den/die betroffenen Mitgliedstaat/en und/oder die Europäische Kommission weitergeleitet (Upstreamverfahren).


Was wird unter Lebensmittelkriminalität/Food Fraud („Lebensmittelbetrug“) verstanden?

Es gibt bisher in der EU-Gesetzgebung keine harmonisierte Definition für „Food Fraud“. Allerdings hat die Europäische Kommission vier Kriterien festgelegt, die auf der Homepage der Europäischen Kommission genannt werden:

1. Verletzung des europäischen Lebensmittelrechts
2. Vorsatz
3. Wirtschaftlicher Vorteil / Gewinn
4. Täuschung / Irreführung der Verbraucher/innen

Für die Bundesrepublik empfiehlt die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Food Fraud“ die Arbeitsdefinition des Expertenbeirats beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zu übernehmen, wobei der Begriff „Lebensmittelbetrug“ durch „Lebensmittelkriminalität/Food Fraud“ ersetzt wird:

„Lebensmittelkriminalität/Food Fraud liegt vor bei dem vorsätzlichen oder unerlaubten Austausch oder Zusatz, der Verfälschung oder Falschdarstellung von Lebensmitteln, Lebensmittelbestandteilen oder Lebensmittelverpackungen oder bei täuschenden Aussagen über ein Produkt, mit der Absicht, dadurch einen wirtschaftlichen Gewinn zu erzielen.“


Wie wird getäuscht / betrogen?

Dem jährlichen Bericht des Alert and Cooperation Networks kann eine Abschätzung der häufigsten Methoden der Täuschung / des Betruges entnommen werden. Für die im AAC-FF gemeldeten Fälle sind dies für das Jahr 2021:

Tortendiagramm: Falschdeklaration 20%; Änderung der Zusammensetzung 15%; nicht genehmigte Behandlung oder nicht genehmigter Herstellungsprozess 17%; fehlende, gefälschte, manipulierte Dokumentation 47%; Verletzung von geistigem Eigentum 1%   Bildrechte: LAVES
Art der gemeldeten Verstöße im Bereich Agri Fraud (Irreführung / Täuschung / Betrug entlang der gesamten Lebensmittelkette) (Quelle: Annual Report Alert and Cooperation Network 2021)

Hinweis: Die Nutzung des AAC-Systems zur Weiterleitung von Amtshilfeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten ist erst seit dem 14. Dezember 2019 verpflichtend. Die dargestellten Zahlen spiegeln nur die Beanstandungen wieder, die freiwillig von den Mitgliedstaaten in das System eingestellt wurden. Es liegen keine Informationen zu der Anzahl an Amtshilfeverfahren außerhalb des Systems vor.

Allgemeine Amtshilfe

Im Bereich der Allgemeinen Amtshilfeverfahren werden Verstöße gegen das europäische Lebensmittelrecht gemäß Artikel 104 bis 107 der Verordnung (EU) 2019/625 zwischen den zuständigen Überwachungsbehörden der Mitgliedstaaten über das AAC AA-System kommuniziert. Verstöße mit Gesundheitsgefahr werden über das RASFF und Verstöße mit Verdacht auf Lebensmittelkriminalität werden über das AAC FF-System zwischen den Mitgliedstaaten ausgetauscht.

Bei den AAC AA-relevanten Verstößen handelt es sich überwiegend um Beanstandungen hinsichtlich der Kennzeichnung von Lebensmitteln. Rechtliche Grundlage für diese Beanstandungen ist die Lebensmittelkennzeichnungs-Verordnung (LMIV). In der LMIV wird genau geregelt, welche Informationen über ein Lebensmittel auf diesem an welcher Stelle, in welcher Schriftgröße (hervorgehoben oder in Normalschrift) angegeben sein müssen, um die eindeutige, umfängliche und verständliche Information der Verbraucher/innen sicherzustellen.

Einige Beispiele für Verstöße, die über das System der Allgemeinen Amtshilfe ausgetauscht werden, sind:

  • Fehlende Angabe von Zutaten (zum Beispiel Sorbinsäure) beziehungsweise von der Deklaration oder der Nährwerttabelle abweichenden Gehalte an Zutaten, zum Beispiel Zuckergehalt
  • Falsche Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatums oder des Verbrauchsdatums
  • Nicht gekennzeichnete Behandlungsverfahren, zum Beispiel Behandlung mit ionisierender Strahlung

Darüber hinaus können auch Inhalte von AAC AA-Meldungen sein:

  • Fehlende Rückverfolgbarkeit von Produkten
  • Überschreitung von Rückstandshöchstgehalten ohne Gesundheitsgefahr( zum Beispiel Pflanzenschutzmittel in Obst)
  • Nachweise verbotener Zusatzstoffe oder allgemeine Anfragen, zum Beispiel zu Untersuchungsmethoden.

Rechtsgrundlage dieser Meldungen sind verschiedene europäische Verordnungen und Richtlinien.



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