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Lebensmittelkriminalität im Visier – Analytische Ansätze zur Aufdeckung

Eine junge Wissenschaftlerin schreibt die Ergebnisse ihrer Untersuchung nieder. Sie steht da und blickt interessiert durch das Mikroskop Bildrechte: © Yakobchuk_Olena_stock.adobe.com

Die Analytikerinnen und Analytiker in den Laboren stehen der komplexen Aufgabe gegenüber, die Verfälschungen nachzuweisen. Dies erfordert neue innovative Analysemethoden. In den Laboren werden dabei prinzipiell zwei Strategien unterschieden: die zielgerichtete und die nicht-zielgerichtete Analytik. Beide Strategien werden vom LAVES verfolgt und durch das Zentrum für Lebensmittelauthentizität am Standort Braunschweig gebündelt.

Zielgerichtete Analytik: Wer suchet, der findet?

Bei der zielgerichteten Analytik wird auf bestimmte, vorab definierte und festgelegte Inhaltsstoffe geprüft. Ob und in welcher Menge der Inhaltsstoff in dem Lebensmittel vorhanden ist, gibt einen Hinweis auf eine mögliche Verfälschung. So kann beispielsweise durch fruchtsortenspezifische Inhaltsstoffe die „Sortenreinheit“ von Fruchtsäften überprüft werden.

Der Vorteil der zielgerichteten Analytik liegt in der Anwendung etablierter, vergleichsweise einfach beherrschbarer Untersuchungstechniken. Allerdings hat dies auch einen entscheidenden Nachteil: Wenn man nach einem Inhaltsstoff nicht gezielt sucht, findet man diesen auch nicht.

Zudem gibt es Eigenschaften von Lebensmitteln, die sich oft nicht auf den Gehalt einzelner Inhaltsstoffe zurückführen lassen. Hierzu zählen:
  • tierische/pflanzliche Herkunft, zum Beispiel Pferde-/Rindfleisch
  • geografische Herkunft, zum Beispiel griechisches/italienisches Olivenöl
  • Herstellungsweise, zum Beispiel bio/konventionell
Bei der Prüfung von Lebensmitteln mit solchen Angaben werden umfangreiche Datenbanken genutzt. „Naturprodukte“ wie zum Beispiel Honig weisen eine große natürliche Variabilität auf, welche mit Methoden der Statistik erfasst und beschrieben werden muss. Erst dann kann eine gesicherte Eingruppierung des Lebensmittels nach Art, Herkunft oder Qualitätsstufe stattfinden.

Nicht-zielgerichtete Analytik: das „Profil“ eines Lebensmittels

Die wahrscheinlich älteste nicht-zielgerichtete Untersuchung von Lebensmitteln ist die sensorische Prüfung – also die Beurteilung durch Einsatz der menschlichen Sinne Sehen, Riechen und Schmecken.

Sachverständige für sensorische Prüfungen können durch Erfahrung und kontinuierliche Schulung beurteilen, ob ein Lebensmittel typisch ist und ausgelobten Qualitätsversprechen entspricht. Das, was bei sensorischer Prüfung der menschlichen Expertise entspricht, muss bei Anwendung von analytischen Methoden durch Messung von repräsentativen Vergleichsproben aufgebaut werden. Jede dieser Proben weist ein individuelles, aus vielen Daten bestehendes Profil auf. Auf diese Weise „lernt“ die Technik die natürliche Variabilität eines Lebensmittelprofils.

Nach Gruppierung der Messdaten kann ein Muster eines zu prüfenden Lebensmittels mit diesen verglichen werden. Stimmt das Profil mit der Gruppe der unverfälschten Vergleichsproben überein, so ist das Lebensmittel „typisch“. Andernfalls gilt das Lebensmittel als untypisch.

Die Nachahmung des kompletten Profils eines Lebensmittels ist sehr aufwendig, so dass sich die Verfälschung finanziell weniger lohnt. Durch den Einsatz der nicht-zielgerichteten Analytik in der amtlichen Lebensmittelüberwachung kann der Lebensmittelkriminalität wirksam begegnet werden.
Profil eines Rapshonigs   Bildrechte: © LAVES
Profil Rapshonig
Profil eines Blütenhonigs   Bildrechte: © LAVES
Profil Blütenhonig

Mit einem farbigen Band wird die Gruppe typischer Honig-Profile abgebildet. Rote Bereiche markieren die am häufigsten vorkommenden Intensitäten. Das Profil eines zu prüfenden Honigs wird als schwarze Linie darübergelegt und stimmt in der Abbildung links sehr gut mit der Gruppe „Rapshonig“ überein, die Probe wird als Rapshonig bestätigt. In der rechten Abbildung wird das Profil eines Blütenhonigs mit Referenzproben verglichen und weicht von diesen deutlich ab.

Was ist eigentlich „Lebensmittelauthentizität“?

Stimmt ein Lebensmittel in seinen Eigenschaften – zum Beispiel Zusammensetzung, Herkunft, Verarbeitung – mit den Angaben auf seiner Verpackung überein, so gilt es als authentisch. Es wird ausgeschlossen, dass das Produkt einer Verfälschung unterliegt. Diese könnte bestehen durch:
  • Verdünnung, zum Beispiel das Strecken von Fruchtsaft oder Wein mit Wasser
  • Substitution, zum Beispiel teilweise oder vollständiges Ersetzen von Olivenöl durch preiswerte Öle wie Sonnenblumenöl oder Rapsöl, Verwendung von synthetisierten Aromen bei Deklaration von natürlichem Aroma
  • Aufwertung eines Lebensmittels durch Zusätze, zum Beispiel Farbstoffe in Paprika- oder Chilipulver
  • Falschdeklaration, zum Beispiel das Vermarkten konventioneller Lebensmittel als Bio-Lebensmittel
  • Vollständiges Ersetzen, zum Beispiel Vermarktung von Zuckersirup mit Aroma- und Farbstoffen als Honig oder gefärbtes Papier als Safran

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