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Polychlorierte Biphenyle - verboten und doch präsent

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Organische Lösungsmittel extrahieren Proben im Extraktionsgerät.
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Schwefelsaures Kieselgel hält bei der Pyrolyse Begleitstoffe zurück.
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Das Probenextrakt wird durch die Methode sehr klar.

Die Gruppe der polychlorierten Biphenyle (PCB) umfasst eine Reihe von 209 einzelnen Organochlorverbindungen, die weltweit in großem Maßstab verwendet wurden. Eingesetzt wurden PCB wegen ihrer Eigenschaften vor allem in Fugendichtmassen, Beschichtungen, Klebstoffen sowie als Hydraulik- und Isolieröl in technischen Anlagen oder elektrischen Bauteilen.

Im Rahmen des Stockholmer Übereinkommen des über persistente organische Schadstoffe in 2001 wurde der Einsatz von PCB in vielen Ländern verboten. Das geschah wegen ihres hohen toxischen Potentials, der hohen Fähigkeit sich in Organismen abzulagern, auch Bioakkumulierbarkeit genannt, und der hohen chemischen Stabilität. Aber durch den weltweit verbreiteten Einsatz finden sich PCB nach wie vor selbst an den entlegensten Stellen in der Natur.

Im LAVES am Standort Stade werden jährlich circa 500 Proben auf deren Gehalt an sogenannten nicht-dioxinähnlichen PCB (ndl-PCB) hin untersucht. Dadurch sollen Daten zur Belastung von Futtermitteln mit PCB erhoben und potentielle Eintragspfade in die Nahrungskette durch die Verfütterung kontaminierter Futtermittel ermittelt werden.

Im Zeitraum zwischen Juli 2018 und Juli 2023 wurden insgesamt 2.432 Proben auf ndl-PCB untersucht. 2.315 dieser Proben wurden planmäßig im Rahmen des bundesweiten Kontrollprogramms für Futtermittel des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) untersucht. 117 der Proben wurden im Rahmen zweier Ereignisse untersucht, bei denen Futtermittel offenbar durch Altlasten aus der Bausubstanz beziehungsweise aus technischen Anlagen mit PCB kontaminiert und in Verkehr gebracht wurden.

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Für den Autosampler vorbereitete Messlöung.
Viele kleine verschlossene Gläschen stehen in einem Raster aus Löchern.   Bildrechte: © LAVES
Fertige Messlösungen liegen im Autosampler.
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Analysegerät für Gaschromatographie mit Tandemmassenspektrometrie (GC-MS/MS).

Routinekontrollen

Lässt man bei der Betrachtung der Untersuchungsergebnisse zunächst die Ergebnisse der Proben aus den Ereignissen mit bekannter Kontamination außen vor, so zeigt sich insgesamt eine sehr geringe Belastung der untersuchten Futtermittel mit ndl-PCB.

Von den 2.315 Planproben wurden in 2.213 Proben (95,6 Prozent) keine bestimmbaren Gehalte an ndl-PCB festgestellt. In 4,4 Prozent der Planproben wurden geringe Gehalte an ndl-PCB festgestellt. 102 der Planproben wiesen Gehalte bis zu zehn Mikrogramm pro Kilogramm (µg/kg) auf. Lediglich bei zwei Planproben wurden Gehalte größer als zehn Mikrogramm pro Kilogramm festgestellt.

Unter den Proben mit geringen und erhöhten Gehalten an ndl-PCB waren Produkte marinen Ursprungs (etwa Fischmehl, Fischöl, Fischfutter), getrocknete Nebenprodukte tierischen Ursprungs (etwa Kauartikel für Hunde) und Raufutter (etwa Heu, Silage) besonders häufig anzufinden. Eine Überschreitung des Höchstgehaltes an ndl-PCB wurde im Fall der routinemäßigen Planproben nicht festgestellt.

Das Diagramm zeigt insgesamt sechs Ausschläge von PCB mit den Nummern PCB 028, 052, 101, 163, 138 sowie 180.   Bildrechte: © LAVES
Messignal eines Extraktes eines Futtermittels für Fische.

Kontaminationsereignisse

In den Jahren 2018 und 2019 wurde in zwei Fällen mit PCB kontaminiertes Futtermittel in Verkehr gebracht und verfüttert.

Im Zusammenhang mit diesen beiden Kontaminationsfällen wurden 14 Proben Zuckerrübenschnitzel und 103 Proben Mischfuttermittel genommen und mit einer am Futtermittelinstitut Stade eigens entwickelten Schnellmethode innerhalb kürzester Zeit auf ndl-PCB untersucht.

Hierbei wurde in zehn Fällen der Höchstgehalt an ndl-PCB von 10 µg/kg teilweise um das sechs- bis siebenfache überschritten, so dass zwischenzeitlich zahlreiche Betriebe in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und weiteren Bundesländern gesperrt werden mussten.

Im Fall der Zuckerrübenschnitzel konnte die Wandbeschichtung einer Lagerhalle als Ursache ermittelt werden, im zweiten Fall ist das Futtermittel offenbar im Herstellungsbetrieb in den Verladezellen mit PCB kontaminiert worden.

Nähere Informationen dazu finden sich auf der Webseite des Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie auf der Webseite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.

Fazit

Betrachtet man die Gesamtheit der hier gewonnenen Untersuchungsergebnisse so zeigt sich, dass Futtermittel grundsätzlich sehr gering mit ndl-PCB belastet sind. Getreide, Ölsaaten, Leguminosen und Mischfuttermittel weisen in den seltensten Fällen bestimmbare Gehalte an ndl-PCB auf. Raufutter wie Heu, Heulage oder Maissilage können je nach Standort typischerweise geringe Gehalte an ndl-PCB aufweisen.

Für Futtermittel marinen Ursprungs sind höhere Gehalte an ndl-PCB nicht ungewöhnlich. Aufgrund des geringen Anteils an der Tagesration für Geflügel, Schweine und Rinder spielt dies für den Eintrag von PCB in die Lebensmittelkette in der Regel jedoch eine eher untergeordnete Rolle.

Bei der Herstellung von Fischfutter für die Aquakultur hingegen werden je nach Lebensstadium der Fische bis zu 60 Prozent Fischmehl eingesetzt. Hier kommen der Gefahrenanalyse und der Einrichtung entsprechender kritischer Kontrollpunkte zur Untersuchung der verwendeten Rohwaren im Herstellungsbetrieb eine wichtige Bedeutung zu.

Weitere relevante Pfade für den Eintrag von PCB in die Nahrungskette stellen Altlasten dar. Durch den weitverbreiteten Einsatz können auch heute noch PCB aus Baumaterialien, kontaminierten Böden, sowie elektrischen und technischen Anlagen in Lebens- und Futtermittel übergehen. Im Falle eines solchen Kontaminationsereignisses ist die schnelle und koordinierte Zusammenarbeit aller Akteure aus Landwirtschaft, Futtermittelwirtschaft und der Behörden der Länder und der Kommunen von essentieller Bedeutung.

Gesamte Proben: 2315. Mischfuttermittel: 926. Ölsaaten/-erzeugnisse: 469. Getreide/-erzeugnisse: 235. Vormischungen, Zusatzstoffe: 187. Mineralfutter, Mineralstoffe: 164. Pflanzlicher Ursprung: 141. Tierischer Ursprung: 142. Sonstige: 51.   Bildrechte: © LAVES
Verteilung der Proben nach Futtermittelarten. Den größten Anteil der untersuchten Proben machen Mischfuttermittel (40 %), Ölsaaten und deren Erzeugnisse (21 %), sowie Getreide und Getreideerzeugnisse (10 %) aus.
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