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Gummistiefel: Alles sicher?

Untersuchung von Kindergummistiefeln auf verschiedene Schadstoffe


Gummistiefel sind insbesondere bei Kindern sehr beliebt und werden gerne bei „Matschwetter“ im Herbst, am Strand, in Sandkästen und bei Ausflügen getragen. Die Stiefel sollen die Kinder vorwiegend vor Wasser, Schmutz und Sand schützen. Was aber, wenn die in Gummistiefeln enthaltenen Substanzen wie Weichmacher, Schwermetalle, Lösungsmittelreste oder polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) sowie weitere flüchtige Substanzen freigesetzt werden oder allergische Reaktionen hervorrufen?

Um abzuklären, welche Belastungen sich vordringlich bei Kindergummistiefeln ergeben können, wurden 2018 bunte Kinderstiefel im LAVES-Institut für Bedarfsgegenstände in Lüneburg (IfB) auf verschiedene Schadstoffe wie Weichmacher, Lösungsmittelreste, Schwermetalle und PAK hin untersucht.
Vor allem kleine Kinder laufen mitunter stundenlang in Gummistiefeln herum, die darunter getragenen, häufig aus synthetischem Material bestehenden Strümpfe verrutschen meist. Gummistiefel haben als Bedarfsgegenstände dadurch einen länger anhaltenden, teils intensiven Kinderhautkontakt. Zusätzlich fangen die Füße aufgrund der wasserdampfundurchlässigen Materialien der Stiefel nach gewisser Tragezeit an zu schwitzen und die Strümpfe können nur begrenzt Schweiß aufnehmen. Die Hautporen der Kinderhaut öffnen sich und werden dadurch anfälliger für die Aufnahme schädigender Stoffe.

Bei PAK handelt es sich um polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe. Sie entstehen bei der unvollständigen Verbrennung organischer Materialien und gehören zu den Umweltkontaminanten. PAK sind Bestandteil fossiler Brennstoffe, wie Mineralöl oder Kohle, und werden über Industrie- oder Autoabgase in die Umwelt freigesetzt. Sie kommen auch in diversen anderen Erzeugnissen unbeabsichtigt vor, wenn z. B. bei der Herstellung von Gummi bestimmte Weichmacheröle oder Ruß eingesetzt werden. Einige PAK gelten als krebserzeugend.
Intensiver Hautkontakt als Problem
Gummistiefel bestehen entweder aus Gummi, welches sich aus natürlichem oder synthetischem Kautschuk zusammensetzt, oder aus PVC. Während elastische Gummistiefel auf Kautschuk-Basis unter Umständen PAK enthalten können, werden in PVC-Gummistiefeln vielfach Weichmacher in hohen Dosierungen nachgewiesen. Einige von diesen Substanzen weisen krebserregende, gesundheitsschädigende oder umweltschädliche Eigenschaften auf und wirken sich negativ auf die Fruchtbarkeit bei Mann und Frau aus.
Je länger der intensive Hautkontakt besteht, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass bei Vorhandensein von unerwünschten Schadstoffen diese durch die Haut in den Körper gelangen und dort entsprechend ihre negativen Wirkungen entfalten können. Zum Schutz der Verbraucher gibt es deshalb rechtliche Anforderungen mit festgelegten Grenzwerten und zulässigen Höchstmengen, toxikologische Beurteilungen und Einsatzverbote für einige Stoffe bzw. Stoffklassen mit unerwünschten und gesundheitsbedenklichen Eigenschaften. Leider gibt es immer noch viele bedenkliche Substanzen, die gerade bei Bedarfsgegenständen mit Körperkontakt rechtlich nicht reguliert bzw. toxikologisch noch nicht bewertet sind.
Viermal auffällige PAK-Gehalte
Im Jahr 2018 wurden im IfB 39 Paare Kinder-Gummistiefel auf PAK, flüchtige Substanzen und Schwermetalle untersucht. Die PVC-Stiefel wurden zusätzlich auf Weichmacher getestet. In der Gummisohle von vier Paaren wurden auffällige Gehalte an PAK ermittelt, zwei davon enthielten auch solche PAK, die nach Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 als karzinogen Kategorie 1B eingestuft sind. In 15 der restlichen 35 Proben konnten verschiedene PAK in Spuren nachgewiesen werden, bei 10 Proben wurden Schwermetalle ebenfalls in Spuren identifiziert. Weitere drei Proben enthielten Spuren von Lösungsmittelresten, hauptsächlich von Toluol und Xylol-Isomeren.
Bei den neun Proben aus Polyvinylchlorid (PVC) wurden keine nach Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 als reproduktionstoxisch eingestufte Phthalate nachgewiesen. Als meist verwendeter Weichmacher in PVC-Stiefeln konnte DOTP (Dioctylterephthalat) identifiziert werden. Insgesamt waren aufgrund der Analyseergebnisse 90 % der hier untersuchten Kindergummistiefel nicht zu beanstanden.
Für Verbraucher und insbesondere für kleine Kinder ist nicht erkennbar, ob sich gesundheitlich bedenkliche Inhaltsstoffe in den Bedarfsgegenständen, wie hier in den Gummistiefeln, befinden. Deshalb sollten diese immer so kurz wie möglich und am besten mit Baumwollsocken getragen werden, damit eine etwaige Belastung von vorneherein möglichst vermieden werden kann.
Weichmacher kommen in Kunststoffen, insbesondere in Polyvinylchlorid, Gummiprodukten, Farben, Lacken und Klebstoffen, vor. Die häufigsten industriell eingesetzten Weichmacher sind DEHP (Diethylhexylphthalat), DBP (Dibutylphthalat) sowie DiBP (Diisobutylphthalat) und DiNP (Diisononylphthalat). Da diese Substanzen gesundheitlich nicht unbedenklich sind, dürfen sie z. B. in Spielwaren und Babyartikeln ab einer Konzentration von 0,1 % nicht verwendet werden. Die Phthalate DEHP, DBP und DiBP können zudem die Sexualfunktion beeinträchtigen und sind ab 2020 u. a. in Körperkontaktmaterialien ebenfalls ab einem 0,1 %-Anteil verboten.
Mädchen mit Gummistiefeln Bildrechte: Cornelia Pretzsch - Fotolia.com
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