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Stabiler Seehundbestand auf hohem Niveau

Abschlussbilanz der Flüge im UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer zwischen Ems und Elbe


Seehundbestand in Niedersachsen: „8.723 Seehunde sind in diesem Sommer während der Flüge im Wattenmeergebiet zwischen Ems und Elbe gezählt worden“, teilte Prof. Dr. Eberhard Haunhorst, Präsident des niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES), mit. Außerdem wurden 2.176 Jungtiere erfasst.

Die Seehunde machen einen gesunden und vitalen Eindruck. „Bei den Untersuchungen hat sich gezeigt, dass es keine Hinweise auf mögliche Viruserkrankungen, wie beispielsweise Seehundstaupe oder Influenza, gibt“, erläutert Haunhorst. Seehunde, die tot an der Küste angespült werden, sichtbar erkrankt sind und eingeschläfert werden müssen, werden im Lebensmittel- und Veterinärinstitut (LVI) Oldenburg des LAVES untersucht. Seehunde sind ein wichtiger Bioindikator für den einzigartigen Lebensraum Wattenmeer. Anzahl und Gesundheitszustand lassen Rückschlüsse auf Wasserqualität und Fischbestand zu. Und damit auch auf das empfindliche Lebensmittel Fisch.

19 Jungtiere wurden bisher untersucht: Als Erkrankungsursache haben die Pathologen im LVI Oldenburg typische Jungtiererkrankungen, wie Nabelentzündungen oder Darmerkrankungen, diagnostiziert. Die Tiere waren größtenteils in einem schlechten Ernährungszustand, was darauf hindeuten kann, dass sie durch äußere Störungen von der Mutter getrennt wurden. Seehunde reagieren empfindlich auf Störungen durch den Menschen – sie flüchten. Dies kann insbesondere für Jungtiere fatale Folgen haben: Die lebensnotwendige Säugezeit kann sich erheblich verkürzen. Je häufiger dies geschieht, umso größer ist die Gefahr, dass Jungtier und Mutter voneinander getrennt werden, sich nicht wiederfinden und es zur Unterernährung kommt. Ein weiteres Risiko: bei der Flucht ins Wasser robben sie über den rauen Sand, verletzten sich am Nabel, der noch nicht vollständig abgeheilt ist. Eine tödlich verlaufende Nabelentzündung kann entstehen.

Im vergangenen Jahr war deutlich zu beobachten, dass durch die pandemiebedingte zeitliche Verschiebung der Urlaubssaison die Tiere vermutlich viel weniger Störungen ausgesetzt waren. In der Folge gibt es in diesem Jahr so viele Heuler wie lange nicht mehr.

In diesem Jahr wurden 1.554 Seehunde (8.723) weniger erfasst als 2021 (10.277). Bei den Jungtieren waren 445 weniger (2.176) als im Vorjahr (2.621) zu verzeichnen. Größere Schwankungen sind nicht ungewöhnlich. Doch bei der Erfassung wurde nun Ungenauigkeiten zur Vorjahreszählung erkannt, die zwischenzeitlich behoben wurden. Es werden nun weitere Personen für die Zählung ausgebildet, damit grundsätzlich zwei pro Flug an Bord sind. So ist künftig immer ein Zähler für die erwachsenen Tiere zuständig und der andere für die Jungtiere.

Diese Erkenntnis wurde der Expert Marine Mammals Group (EG-MM) des trilateralen Seehundschutzabkommens zwischen den Niederlanden, Deutschland und Dänemark mitgeteilt. Die Trilaterale Seehundexpertengruppe führt im Herbst alle Ergebnisse aus den Ländern zusammen und bewertet die Daten für den gesamten Seehundbestand im UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer zwischen Den Helder, Emden, Husum und Esbjerg. Das LAVES vertritt Niedersachsen in dieser internationalen Expertengruppe.

Rückblick: 1988 und 2002 zog die Seuche „Seehundstaupe“ durch die Population. 1988: Der geringe Seehundbestand an der Niedersächsischen Küste von knapp 2.500 Tieren reduzierte sich auf 1.400.

2002: 3.851 Seehunde wurden tot aufgefunden – der Bestand von rund 6.500 Tieren reduzierte sich um weit mehr als die Hälfte. Im jeweiligen Folgejahr wurden lediglich 229 (1989) beziehungsweise 799 Jungtiere (2003) gezählt.

Die beste Zeit für die Zählung ist bei Niedrigwasser von Juni bis August. In den Sommermonaten kommen die Seehunde vermehrt an Land, um ihre Jungen aufzuziehen, um sich zu sonnen und um ihr Fell zu wechseln. Die Tiere ruhen auf den Sandbänken und können vom Flugzeug aus gezählt werden. Das Wetter war für alle Zählflüge optimal: blauer Himmel, viel Sonne, wenig stürmische Winde. Seehunde mögen es sonnig und ruhig, dann kommen sie an Land. Sensibel reagieren sie auf Wetteränderungen und auf Störungen durch den Menschen, dann ziehen sie sich ins offene Meer zurück.

15 Flüge – fünf Termine mit jeweils drei Propellermaschinen – standen für das Monitoring auf dem Plan. Dafür wurde das niedersächsische Küstengebiet in drei Abschnitte aufgeteilt. Die Kleinflugzeuge (3) starteten pro Termin: ab Emden, Mariensiel und Nordholz. An den Zählungen waren auch in diesem Jahr niedersächsische Jäger ehrenamtlich beteiligt, die von Wissenschaftlern des LAVES begleitet wurden. Sie verschafften sich zudem einen Gesamteindruck über den Gesundheitszustand der Meeresbewohner. Die ersten Flugzeuge starteten am 8. Juni, die letzten am 18. August.

Das jährliche Seehundmonitoring wird vom LAVES seit 2005 für Niedersachsen organisiert und koordiniert. Schon seit 1958 wird der Seehundbestand in Niedersachsen systematisch erfasst: Bis 1972 wurde von Schiffen aus gezählt und seither aus der Luft aus Flugzeugen. Grundlage für die Zählung ist seit 1990 das Internationale Seehundschutzabkommen zwischen Deutschland (Niedersachsen und Schleswig-Holstein), Dänemark und den Niederlanden. Gemeinsames Ziel ist die Erhaltung eines dem Ökosystem angepassten vitalen Seehundbestandes. Im Rahmen dieses Abkommens starten die Zählungen dieser Länder zeitgleich, um Doppelzählungen der sehr mobilen Seehunde zu vermeiden.

Weitere Informationen und Statistiken finden Sie in folgenden Artikeln:

Statistik der Seehundpopulation von 1958 bis 2022

Fragen und Antworten zur Seehundzählung

Presseinformationen Bildrechte: © Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
01.09.2022
zuletzt aktualisiert am:
02.09.2022

Ansprechpartner/in:
Hiltrud Schrandt

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