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Gutes Wetter und weniger Störung für junge Seehunde

Seehundzählung - Abschlussbilanz der Flüge im UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer zwischen Ems und Elbe


Vitaler Seehundbestand in Niedersachsen: „10.277 Seehunde sind in diesem Sommer während der Flüge im Wattenmeergebiet zwischen Ems und Elbe gezählt worden“, teilte Prof. Dr. Eberhard Haunhorst, Präsident des niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES), mit. Der Nachwuchsbestand mit 2.621 Tieren bleibt auch nach wie vor konstant hoch. Die 10.000er Marke ist damit das zweite Jahr in Folge übertroffen worden und das Vorjahresniveau konnte gehalten werden. 2020 wurden insgesamt 10.382 Seehunde erfasst, davon 2.621 Jungtiere.

Nach Abschluss der Flüge konnte nun eine Bilanz gezogen werden. In diesem Jahr waren die Wetterbedingungen nicht nur für die Zählung, auch für die Tiere während der Geburts- und Aufzuchtphase im Juni, geradezu optimal. Auch durch die pandemiebedingte zeitliche Verschiebung der Urlaubssaison waren die Tiere vermutlich viel weniger Störungen ausgesetzt. Seehunde reagieren empfindlich auf Störungen durch den Menschen und auf Wetteränderungen – sie flüchten. Dies kann insbesondere für Jungtiere fatale Folgen haben. Die lebensnotwendige Säugezeit kann dadurch erheblich verkürzt werden. Je häufiger dies geschieht, umso größer ist die Gefahr, dass Jungtier und Mutter voneinander getrennt werden, sich nicht wiederfinden und es zu einer Unterernährung kommt. Auch besteht das Risiko, dass sie auf der Flucht ins Wasser über den rauen Sand robben, sich den noch nicht vollständig verheilten Nabel aufreißen und eine tödlich verlaufende Nabelentzündung entsteht.

Doch das war in diesem Jahr anders. Bisher wurden lediglich acht Jungtiere zur Untersuchung eingesandt, im vergangenen Jahr waren es 30. Als Erkrankungsursache haben Pathologin und Pathologe des LAVES im Lebensmittel- und Veterinärinstitut (LVI) Oldenburg typische Jungtiererkrankungen, wie Nabelentzündungen oder Darmerkrankungen, diagnostiziert. Die Tiere waren größtenteils in einem schlechten Ernährungszustand, was darauf hindeuten kann, dass sie von der Mutter getrennt wurden.

„Insgesamt gesehen machen die Seehunde einen gesunden und vitalen Eindruck“, sagt Veterinärmediziner Haunhorst. Auch lassen Anzahl und Gesundheitszustand Rückschlüsse auf die Wasserqualität und auf den Fischbestand zu. Und damit eben auch auf das empfindliche Lebensmittel Fisch“, so Haunhorst. Seehunde sind ein wichtiger Bioindikator für den einzigartigen Lebensraum Wattenmeer. „Bei unseren Untersuchungen im Institut hat sich gezeigt, dass es keine Hinweise auf mögliche Viruserkrankungen, wie zum Beispiel Seehundstaupe oder Influenza, gibt“, so Haunhorst weiter.

Rückblick: 1988 und 2002 zog die Seuche „Seehundstaupe“ durch die Population. 1988: Der geringe Seehundbestand an der Niedersächsischen Küste von knapp 2.500 Tieren reduzierte sich auf 1.400.

2002: 3.851 Seehunde wurden tot aufgefunden – der Bestand von rund 6.500 Tieren reduzierte sich um weit mehr als die Hälfte. Im jeweiligen Folgejahr wurden lediglich 229 (1989) beziehungsweise 799 Jungtiere (2003) gezählt.

Die beste Zeit für die Zählung ist bei Niedrigwasser von Juni bis August. In den Sommermonaten kommen die Seehunde vermehrt an Land, um ihre Jungen aufzuziehen, um sich zu sonnen und um ihr Fell zu wechseln. Die Tiere ruhen auf den Sandbänken und können vom Flugzeug aus gezählt werden. Und das Wetter war in diesem Jahr für alle Zählflüge optimal: blauer Himmel, viel Sonne und wenig stürmische Winde. Seehunde mögen es sonnig sowie ruhig und kommen dann an Land. Auf Wetteränderungen und auf Störungen durch den Menschen reagieren die Tiere sensibel und ziehen sich ins offene Meer zurück.

15 Flüge – fünf Termine mit jeweils drei Propellermaschinen – standen für das Monitoring auf dem Plan. Dafür wurde das niedersächsische Küstengebiet in drei Abschnitte eingeteilt, so konnten drei Kleinflugzeuge gleichzeitig starten: ab Emden, Mariensiel und Nordholz. An den Zählungen waren auch in diesem Jahr niedersächsische Jäger ehrenamtlich beteiligt. Die ersten Flugzeuge starteten am 2. Juni, die letzten am 16. August.

Das jährliche Seehundmonitoring wird vom LAVES seit 2005 für Niedersachsen organisiert und koordiniert. Schon seit 1958 wird der Seehundbestand in Niedersachsen systematisch erfasst: Bis 1972 wurde von Schiffen aus gezählt und seither aus der Luft aus Flugzeugen. Grundlage für die Zählung ist seit 1990 das Internationale Seehundschutzabkommen zwischen Deutschland (Niedersachsen und Schleswig-Holstein), Dänemark und den Niederlanden. Gemeinsames Ziel ist die Erhaltung eines dem Ökosystem angepassten vitalen Seehundbestandes. Im Rahmen dieses Abkommens starten die Zählungen dieser Länder zeitgleich, um Doppelzählungen der sehr mobilen Seehunde zu vermeiden.

Eine eingehende Analyse der Daten für den gesamten Seehundbestand im UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer zwischen Den Helder und Esbjerg erfolgt im Herbst durch die Trilaterale Seehundexpertengruppe – die Trilateral Seal Expert Group (EG-Seals) des trilateralen Seehundschutzabkommens zwischen den Niederlanden, Deutschland und Dänemark.

Weitere Informationen finden Sie in folgenden Artikeln:
Seehunde auf einer Sandbank Bildrechte: LAVES

Fragen und Antworten zur Seehundzählung

Schon seit 1958 wird der Seehundbestand in Niedersachsen systematisch erfasst. Doch warum werden jedes Jahr die Seehunde gezählt und auf welcher Grundlage erfolgt die Zählung? Antworten auf diese und andere wichtige Fragen gibt es im nachfolgenden Artikel. mehr
Bildrechte: © LAVES

Seehundmonitoring

Im Rahmen des Seehundmonitorings werden seit 1972 systematische Seehundzählungen aus der Luft durchgeführt. Die Zählungen erfolgen in Zusammenarbeit mit der Landesjägerschaft Niedersachsen. mehr
Seehund Bildrechte: LAVES

Statistik der Seehundpopulation von 1958 bis 2023

Der Seehund (Phoca vitulina) zählt zu den im Wattenmeer heimischen Meeressäugern. Seit 1958 wird die Seehundpopulation im Niedersächsischen/Hamburgerischen Wattenmeer statistisch erfasst. mehr
Presseinformationen Bildrechte: © Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
24.08.2021

Ansprechpartner/in:
Hiltrud Schrandt

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