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"Faszinierende Bienen: Hochorganisierter Sozialstaat mit ausgefeilter Arbeitsteilung sorgt für überdurchschnittlich gute Honigernte 2018"

Fragen an Dr. Werner von der Ohe, Leiter des Instituts für Bienenkunde Celle, anlässlich des Tages der offenen Tür


Dr. Werner von der Ohe Bildrechte: R. Hartmann
Dr. Werner von der Ohe ©R. Hartmann

Frage: Die Sorge um das Bienensterben ist groß. Welche Bienen sind betroffen und wie sehen Sie diese Situation?

Von der Ohe: Es sind nicht die Honigbienen betroffen, wie viele denken, sondern die zahlreichen Arten von Wildbienen, die nicht in einem Sozialstaat leben, sowie einige Hummelarten. Die Bedrohung dieser Tiere wird allerdings schon seit Jahrzehnten beobachtet.


Frage: Wer oder was ist dafür verantwortlich?

Von der Ohe: Schlussendlich gibt es keine Daten, die eindeutig Ursachen aufzeigen. Nach hiesiger Auffassung spielen der Verlust von Lebensräumen sowie deren Isolierung, wie zum Beispiel die Ausweitung des Siedlungsraumes, Versiegelung von Böden, eine bedeutende Rolle. Hinzu kommen wahrscheinlich auch Verlust an Nährpflanzen sowie Einsatz von Insektiziden.






Frage: Wenn es in erster Linie um die Wildbienen geht – wozu werden diese gebraucht?

Von der Ohe: Wildbienen sind, wie einige andere Insekten auch, wichtige Blütenbestäuber. Die Bestäuber ergänzen sich dabei hinsichtlich des Erfolges der Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen.


Frage: ….und die Honigbiene?

Von der Ohe: Die Honigbienen sind die Hauptbestäuber, insbesondere bei Kulturpflanzen. Bienenvölker kann man auch wesentlich besser und gezielter in der Bestäubung einsetzen. Darum sprechen wir auch vom Bestäubungsmanagement.


Frage: Wie könnte man die Situation für sie verbessern? Was muss getan werden?

Von der Ohe: Für die Honigbienen ist es wichtig, dass der Imker sich fürsorglich um sie kümmert, indem er unter anderem die Varroamilbe bekämpft. Landwirte, Kommunen, Gewerbetreibende, ja auch Privatpersonen können sowohl für Honig- als auch für Wildbienen etwas tun, indem sie das Nährpflanzenangebot ver-bessern und für die Wildbienen Nistmöglichkeiten schaffen.


Frage: Gibt es etwas, was jeder Einzelne tun kann?

Von der Ohe: Nahezu jeder kann etwas tun, indem man für ein verbessertes Nahrungsangebot und Nistmöglichkeiten sorgt. Da hat der Eigenheimbesitzer sicherlich mehr Möglichkeiten als derjenige, der nur über einen Balkon verfügt. Aber auch als Mitarbeiter von Firmen und Behörden hat man vielleicht die Möglichkeit, den Arbeitsbereich insektenfreundlicher zu gestalten.


Frage: Welche konkreten Beispiele könnten das sein?

Von der Ohe: Wichtig ist, dass man Pflanzen sät beziehungsweise pflanzt, die den Bienen Nektar und Pollen über einen langen Zeitraum liefern. Und möglichst durch die Vielfalt an Pflanzen – von diversen Kräutern, wie beispielsweise Thymian, Majoran im Balkonkasten bis zu Garten- und Betriebsflächen mit Phacelia*, Klee, Sonnenblumen und viele mehr. Wichtig sind auch Hecken, wie die Schneebeeren, und Bäume (zum Beispiel Linden, alte Obstsorten), da deren Nahrungsangebot über die Jahre nachhaltiger sein wird.

(*Anmerk.d. R. umgangssprachlich Bienenfreund oder Bienenweide genannt)


Frage: Dieser Sommer war extrem heiß und trocken. Vertragen Bienen das eigentlich oder hat es den Beständen weiter geschadet?

Von der Ohe: Bereits das Frühjahr war ungewöhnlich warm und hat die Bestäubung von Obstblüten begünstigt und so für volle Honigtöpfe gesorgt. Die Honigernte 2018 ist überdurchschnittlich gut. Wegen der langandauernd Trockenheit wird es allerdings kaum zu einer Heidehonigernte kommen. Denn Bienen kommen mit den hohen Temperaturen relativ gut zurecht, benötigen aber Wasserquellen in ihrer Nähe, um mit dem Wasser das Stockinnere zu klimatisieren.


Frage: Viele Menschen – selbst in der Stadt – fangen mit der Imkerei an. Bringt es etwas – außer fürs eigene Gewissen?

Von der Ohe: Es ist sehr erfreulich, dass nun seit etwa acht Jahren die Anzahl der Neuimker kontinuierlich zugenommen hat. Viele starten mit dieser schönen Aufgabe, weil sie etwas Gutes für Umwelt oder Natur tun wollen. Bienenvölker sachkundig zu halten, hilft die Bestäubung zu sichern. Da sich Imker für eine bessere Umwelt stark machen, hilft dies indirekt auch anderen Insekten.


Frage: Was, denken Sie, fasziniert die Menschen an Bienen so sehr?

Von der Ohe: Der hochorganisierte, perfekt qualitätsmanagementmäßig durchgestaltete Sozialstaat. 40.000 Individuen, die sich in ausgefeilter Arbeitsteilung zum Wohl des Volkes einsetzen. Verhaltensweisen, in denen Entscheidungsprozesse ablaufen, so dass man geneigt ist, von einer Intelligenz zu sprechen, wenn auch weit entfernt von der des Menschen. Schon Aristoteles und Vergil waren fasziniert.


Frage: Warum ist das Institut für Bienenkunde so wichtig für Niedersachsen?

Von der Ohe: Honigbienenvölker und damit Imker in ausreichender Anzahl sind absolut notwendig für die Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen. Imkern ist nicht einfach. Wir helfen, indem wir die Imker schulen und beständig gut beraten. Man kann aber nur gut beraten und schulen, wenn neue Probleme erkannt werden und dafür Lösungsansätze kreiert werden können. Dank unserer Untersuchungen und unserer Monitoringprojekte erkennen wir Probleme frühzeitig und unsere Forschung hilft, diese zu lösen.


Zur Person: Dr. Werner von der Ohe leitet seit 2000 das Institut für Bienenkunde Celle, zuvor war er mehr als zehn Jahre Laborleiter. Das Institut wurde 1927 als Landesinstitut für Bienenforschung gegründet, seit 2004 gehört es zum Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES).Von der Ohe ist Biologe, hat in Hannover studiert und 1986 promoviert. Der heute 63-Jährige hat maßgeblich auf internationaler Ebene die Honiguntersuchung harmonisiert, auf nationaler ein Frühdiagnosetool zur Amerikanischen Faulbrut etabliert, die Prüfung zur Gefährlichkeit von Insektiziden auf Honigbienen optimiert und den Einsatz von Bienen beim Umweltmonitoring entwickelt. Hier liegt auch der Grund, dass er in zahlreichen nationalen und internationalen Gremien als Vorsitzender aktiv ist oder war. Philosophie, Tanzen und naturbeobachtende Bergwanderungen sind seine privaten Leidenschaften.


Presseinformationen Bildrechte: © Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
30.08.2018

Ansprechpartner/in:
Hiltrud Schrandt

Nds. Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
Leiterin Pressestelle
Röverskamp 5
26203 Wardenburg
Tel: 0441 57026 -180

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