Tierschutzaspekte im Spannungsfeld der intensiven Aquakultur
Zusammenfassung Vortrag (2. Workshop der Fachgruppe Meeresbiotechnologie am 11.02.2003) Dipl.-Ing. agr. Dirk Willem Kleingeld, LAVES Task-Force Veterinärwesen Abteilung Fischseuchenbekämpfung
Die Intensivierung der Aquakultur hat in den letzten Jahren zu einer weltweit deutlichen Zunahme der Produktivität dieses landwirtschaftlichen Wirtschaftszweiges geführt. Gleichzeitig ist vor allem auch die Bedeutung des Verbraucherschutzes gestiegen. Dieses hat dazu geführt, dass die für den Tierschutz zuständigen Behörden auf Bundes-, Landes- und Kreisebene, immer häufiger mit Problemen aus dem Bereich Aquakultur konfrontiert werden.
Dipl. Ing. agr. Dirk Willem Kleingeld wird in seinem Vortrag auf das Spannungsfeld intensive Aquakultur und Tierschutz unter Bezugnahme aktueller Rechtssprechung eingehen. Hier sind das Grundgesetz, das Tierschutzgesetz (TierschG), die Tierschutzschlacht- (TierSchlV) und Tierschutztransportverordnung (TierSchTrV) maßgebend. Es stellt sich die Frage, ob die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Bestimmungen mit betriebswirtschaftlichen Zielen in der intensiven Aquakultur zu vereinbaren ist. Außerdem wird auf Haltungs- und Transportbedingungen, auf die Schlachtung und sonstige tierschutzrelevante Aspekte eingegangen.
Da Fische über 80 Prozent ihrer Stoffwechselendprodukte über das Atmungsorgan Kieme ausscheiden, ist die Umweltqualität hinsichtlich tierschutzrelevanter Beeinträchtigungen von großer Bedeutung. Das hochempfindliche Kiemengewebe befindet sich mehr oder weniger ungeschützt in direktem Kontakt mit dem Umgebungswasser, worin sich auch die Ausscheidungsprodukte der Fische mehrheitlich in Lösung befinden. Bezogen auf Haltungsanforderungen in der intensiven Fischproduktion sind gute Umweltbedingungen deshalb ausschlaggebend und die wichtigsten Voraussetzungen für eine art- und tierschutzgerechte Fischhaltung. Deshalb sind aktive und passive Maßnahmen zur kontinuierlichen Überprüfung und Optimierung der Wasserqualität sowie der sonstigen Umweltbedingungen in der intensiven Aquakultur unentbehrlich.
Während des Transports von Lebendfischen kommt es zu außergewöhnlichen Stoffwechselbelastungen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Transportbedingungen unter Beachtung der TierSchTrV an die Bedürfnisse der jeweiligen Fischart angepasst werden müssen. Die Tötung von Fischen wird in der TierSchlV eingehend beschrieben. Eine tierschutzgerechte Schlachtung von Fischen ist in der Praxis durchaus mit einer produktivitätssteigernden betriebswirtschaftlichen Ausrichtung eines Aquakulturbetriebes zu vereinbaren.
Zu den weiteren tierschutzrelevanten Aspekten in der Nutzfischhaltung gehört die Zunahme der Kormoranpopulationen im Binnenland und die daraus hervorgehende Stresssituation sowohl in Freigewässern als auch in Teichanlagen, und die vorherrschende Therapienotstand hinsichtlich der Behandlung von Fischkrankheiten.
Neuesten Erkenntnissen zufolge, bedingen neuro-anatomische Eigenschaften des ZNS bei Fischen eine fehlende bewusste Wahrnehmung von Schmerz und Leiden. Da suboptimale Haltungs- und Umweltbedingungen jedoch zu Mangelerscheinungen und einer Erhöhung der Krankheitsanfälligkeit und somit zu Schäden führen können, besteht kein Widerspruch mit der bestehenden Gesetzgebung. Im Tierschutzgesetz heißt es: "Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden".
Schlussfolgernd sei zu erwähnen, dass die Schaffung optimaler Bedingungen bezüglich der Umweltqualität aus tierschutzrechtlicher, fischgesundheitlicher und wirtschaftlicher Sicht absolute Priorität hat. In der Dreiecksbeziehung Tierschutz, Fischgesundheit und Wirtschaftlichkeit nimmt die Qualität der aquatischen Umwelt eine zentrale Position ein.
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Weiterführende Literatur
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Juli 2002 (BGBl. I S. 2863) http://www.bundestag.de/gesetze/gg/
Tierschutzgesetz (TierSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Mai 1998 (BGBl. I S. 1105), zuletzt geändert durch Artikel 11 § 1 des Gesetzes zur Neuorganisation des gesundheitlichen Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit vom 6. August 2002 (BGBl. I S. 3082)
Verordnung zum Schutz von Tieren im Zusammenhang mit der Schlachtung oder Tötung (Tierschutz-Schlachtverordnung - TierSchlV) vom 3. März 1997 (BGBl. I S. 405) geändert durch: Verordnung vom 25. November 1999 (BGBl. I S. 2392) http://www.brandenburg.de/land/mlur/v/lbsvet/TEILD/D2_7.PDF
Bekanntmachung der Neufassung der Tierschutztransportverordnung (TierSchTrV) vom 11. Juni 1999 http://www.verbraucherministerium.de/
Kleingeld, D.W. (2002), Tierschutzaspekte in der Nutzfischhaltung, Tagungsband des 4. Niedersächsischen Tierschutzsymposiums, Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Nds. Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Tierschutzdienst Niedersachsen (Herausg.), 07/2002, S. 39 -44
Rose, J.D. (2002), The neurobehavioral nature of fishes and the question of awareness and pain, Reviews in Fisheries Science 10 (1): 1-38