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„Wir müssen die Stallpflicht grundsätzlich überdenken“

Agrarminister Christian Meyer eröffnet das 2. Niedersächsische Tiergesundheitssymposium in Oldenburg – mehr als 150 Teilnehmer diskutieren über die Bekämpfung der Geflügelpest


Die Geflügelpest hat von November 2016 an bis April 2017 beinahe alle Mitgliedstaaten Europas schwer getroffen. Die meisten Ausbrüche waren in Frankreich, Deutschland, Polen und Ungarn in Hausgeflügelbeständen zu verzeichnen. Dieses Geflügelseuchengeschehen gilt als das größte seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. In allen Bundesländern waren Hausgeflügelbestände, Zoos, Tierparks und zahlreiche Wildvögel betroffen. Doch in Niedersachsen fiel die Krise durch die hohe Geflügeldichte besonders ins Gewicht. Das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) und das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz widmen sich nun mit dem 2. Niedersächsischen Tiergesundheitssymposium diesem Thema. Der Schwerpunkt liegt bei der Frage, welche Konsequenzen aus den Erfahrungen der jüngsten Krise gezogen werden können.

Die Geflügeldichte in Niedersachsen: 108 Millionen der 200 Millionen deutschen Nutzvögel leben hier. Allein in der Weser-Ems-Region konzentriert sich der Bestand auf 80 Millionen, das sind wiederum knapp drei Viertel des gesamten niedersächsischen Bestandes. Damit sahen sich Wissenschaft, Tierhalter und Behörden in Niedersachsen mit ganz besonderen Anforderungen konfrontiert. „Im Fokus aller Verantwortlichen stehen natürlich wirksame Vorbeugemaßnahmen vor Tierseuchenausbrüchen in Hausgeflügelbeständen und das Verhindern von Übertragungen zwischen Wildvögeln und Hausgeflügel“, erläutert Prof. Dr. Eberhard Haunhorst, Präsident des LAVES. Doch können nur so die Bestände vor dem Vogelgrippe-Virus geschützt werden? Wie das vergangene Geschehen zeigt, sind die Eintragswege des Erregers in die Hausgeflügelbestände nicht sicher belegt.

Besonders betroffen von den Maßnahmen waren die Freilandhalter. Von rund vier Millionen Hühnern in konventioneller Freilandhaltung in Niedersachsen mussten im Verlauf des Geschehens mehr als drei Millionen Tiere aufgestallt werden. Laut EU-Vorgaben dürfen die von diesen Hühnern stammenden Eier nach zwölf Wochen Aufstallung nicht mehr als Freilandeier verkauft werden. „Freiland- und Hobbygeflügelhalter waren die eigentlichen Opfer der Geflügelpest, obwohl die Tierseuche fast ausschließlich in großen, geschlossenen Putenmastställen ausgebrochen ist“, sagte Agrarminister Christian Meyer. „Die im Zuge der Geflügelpest angeordnete Stallpflicht für die gesellschaftlich gewollte Freilandhaltung ist grundsätzlich zu überdenken. Die Tierdichte in einzelnen Regionen muss langfristig verringert und Mängel bei der Biosicherheit müssen konsequent vermieden werden. Und auch hinsichtlich der Zwölf-Wochen-Frist gibt es Handlungsbedarf auf EU- und Bundesebene.“

Kurzer Faktenrückblick: 45 Betriebe in acht Landkreisen waren in Niedersachsen durch das hochpathogene Virus H5N8 betroffen. Insgesamt wurden hier mehr als 800.000 Tiere getötet. Untersuchungen von knapp 1.500 Wildvogelproben wurden durchgeführt: 46 positiv mit H5N8 und eine positiv mit H5N5. Insgesamt wurden mehr als 27.000 Proben im Tag- und Nachtbetrieb – auch an den Wochenenden - in den LAVES-Instituten untersucht. Eine Bürgerhotline war über Monate im LAVES geschaltet.

Trotz grundlegender Vorbereitung auf Krisenzeiten und aufeinander abgestimmter Seuchenbekämpfungsmaßnahmen der Behörden, der Untersuchungsstellen und der betroffenen Tierhalter ist es nur schwer gelungen, das Virus einzudämmen. Die schwere Erkrankung von Tieren und Tierbeständen und damit die Verluste für Tierhalter und Wirtschaft waren enorm. Mit epidemiologischer Bewertung, modernster Diagnostik und Genomanalyse soll nun der Weg des Virus nachgezeichnet werden. „Sollte dies gelingen, so können diese Erkenntnisse gegen das Virus verwendet werden und dessen Bekämpfung in den kommenden Jahren deutlich erfolgreicher sein“, ist sich Dr. Christine Bothmann, Abteilungsleiterin im LAVES, sicher.

Die Themen des Symposiums umfassen die Anpassungen im nationalen und EU-Recht, die Schwachstellenanalyse bei der Biosicherheit, Risikoermittlungen, -einschätzungen und -bewertungen sowie Wege zur Vermarktung sicherer Produkte unter teilweise massiven Transport- und Handelsbeschränkungen.

Mehr als 150 Teilnehmer aus Deutschland haben sich angemeldet. Die Referenten sind Experten aus Landwirtschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und aus kommunalen Behörden. In zehn Vorträgen zur Aviären Influenza („Geflügelpest“) wird das zurückliegende H5N8-Geschehen in Europa, Deutschland und Niedersachsen beleuchtet, ausgewertet und - soweit möglich - unter Berücksichtigung aller bisherigen Erkenntnisse in Handlungsempfehlungen umgesetzt. Es werden außerdem Betriebsbesichtigungen angeboten: unter anderem in einer Putenbrüterei, einem Puten haltenden Betrieb und einem Dienstleistungsunternehmen der Schädlingsbekämpfung.

Das Tiergesundheitssymposium richtet sich an Amtstierärzte, praktizierende Tierärzte und Interessenten aus Bereichen wie Landwirtschaft und Gesundheit. Es soll als regelmäßige Fortbildungsveranstaltung und als Plattform zum Erfahrungsaustausch dienen. Durch die Kombination von Vorträgen und Betriebsbesichtigungen sollen Praxis und Theorie der Tiergesundheitsförderung und des Tierseuchenkrisenmanagements verknüpft werden. Dies gilt grundsätzlich sowohl für den Bereich der klassischen Nutztierhaltung als auch für besondere Bereiche wie die Fisch- und die Bienenzucht. In diesem Jahr ist das Programm aus gegebenem Anlass auf die Geflügelpestbekämpfung fokussiert.

Presseinformationen Bildrechte: © Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
31.08.2017

Ansprechpartner/in:
Hiltrud Schrandt

Nds. Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
Leiterin Pressestelle
Röverskamp 5
26203 Wardenburg
Tel: 0441 57026 -180

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