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Ursachenforschung: Rätselhaftes Sterben von Trottellummen

Tausende Trottellummen sind Anfang 2019 in der niederländischen Nordsee verendet. Auch im niedersächsischen Küstengebiet wurde eine erhöhte Zahl verendeter Vögel registriert


Anfang Februar 2019 wurden an der niederländischen Küste vermehrt tote Alkenvögel gefunden. Laut Schätzungen niederländischer Forscher könnten Anfang Februar bis zu 20.000 Trottellumen verendet sein. Auch an der niedersächsischen Nordseeküste wurden leicht erhöhte Zahlen an Totfunden registriert.
Das Lebensmittel- und Veterinärinstitutes Hannover untersuchte 16 tote Vögel.
Trottellummen Bildrechte: ©HPE – fotolia.com

Trottellummen gehören zur Familie der Alkenvögel und halten sich nur zu Fortpflanzung an Land auf. Größere Kolonien finden sich, wo kalte und warme Meeresströmungen zusammentreffen.
Brutplätze sind steile Felsklippen oder kleine Felsvorsprünge. Auf der Insel Helgoland befindet sich die einzige deutsche Brutkolonie. Ihre Nahrung setzt sich überwiegend aus Schwarmfischen (unter anderem aus Heringen) zusammen.

Die untersuchten Tiere stammten von den ostfriesischen Inseln Wangerooge, Spiekeroog, Juist und Borkum sowie aus Norddeich:

Karte mit markierten Trottellummenfunden   Bildrechte: OpenStreetMap; LAVES

Die Obduktion zeigte: Die Tiere waren körperlich ausgezehrt (eingesunkene Brustmuskulatur, Verlust des Körperfetts) und zeigten variierende Ausmaße einer blutigen Entzündung der Mägen beziehungsweise des Darms (hämorrhagische bis ulzerative Gastroenteritis).

Etwas mehr als die Hälfte der Tiere wies einen parasitären Befall des Magen-Darm-Traktes mit Einzellern, Nematoden (Fadenwürmern) oder Bandwürmern auf.
Bakteriologisch konnte bei etwa zwei Dritteln der Tiere aus dem Magen-Darm-Trakt das anaerobe Bakterium Clostridium perfringens Typ A isoliert werden ( siehe Infobox unten).
Virologisch wurden weder Usutu-, West Nil- noch Influenzaviren nachgewiesen.

Fazit

Die Obduktion zeigte, dass die körperliche Auszehrung der Tiere als Hauptmerkmal im Vordergrund steht. Der Befall des Magen-Darm-Traktes mit Parasiten beziehungsweise mit dem Bakterium Clostridium perfringens wurde vermutlich durch die körperliche Auszehrung begünstigt.

Ein Zusammenhang mit der Havarie der „MSC ZOE“ konnte nicht hergestellt werden.

Das rätselhafte Sterben der Trottellummen war vermutlich ein saisonales Geschehen, möglicherweise als Folge schlechter Brut-/Rastbedingungen im vergangenen Jahr.


Trottellummen   Bildrechte: ©NFSR – Fotolia.com

Die Havarie des Frachters „MSC ZOE“ und das rätselhafte Sterben der Trottellummen vor der Niederländischen Nordseeküste hat im Januar 2019 für großes Aufsehen gesorgt. Da diese Geschehen unmittelbar aufeinander folgten, wurden diese in der öffentlichen Diskussion schnell in Verbindung gebracht.
Bei der Havarie sind unter anderem zwei Container mit dem Gefahrgut Dibenzoylperoxid, einem Stoff, der zum Beispiel zur topischen Akne-Therapie verwendet wird, über Bord gegangen.
Benzoesäure als Überführungsprodukt konnte in den inneren Organen der Tiere jedoch nicht nachgewiesen werden.

Info: Clostridium perfringens

Clostridium perfringens ist ein anerob wachsendes Bakterium, welches im Boden oder im Darmtrakt von Tieren zu finden ist. Insbesondere die Typen A und C können bei Wildvögeln eine akute blutende bis ulzerative Entzündung der Mägen beziehungsweise des Darms auslösen.
Die Erkrankung tritt vermehrt in den Wintermonaten November bis Januar auf und ensteht meist bei lokalen Habitatveränderungen (Futterwechsel, Stress, hoher Parasitendruck etc.).
In der Regel befinden sich betroffene Tiere in einer guten Körperkondition, sind aber schläfrig, unkoordiniert, flugunfähig und es liegt eine Diarrhoe vor. Die Erkrankung kann tödlich enden.

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