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Milbenarm durch den Winter

Infobrief des LAVES-Bieneninstituts vom 8. November 2021


Eine Biene auf einer lila-farbenene Phacelia-Blüte   Bildrechte: LAVES, F. Odemer

Die zweite Oktoberhälfte verlief in einigen Teilen Deutschlands relativ warm. Die Bienen brüteten weiterhin und beflogen letzte Pollen und Nektarangebote wie zum Beispiel spätblühende Phacelia- oder Senf-Flächen. Die klaren sonnigen Tage brachten jedoch auch klare und kalte Strahlungsnächte mit sich. In manchen höher gelegenen Regionen Deutschlands gab es im Oktober bereits den ersten Nachtfrost mit Raureif am Morgen und Imkerinnen und Imker machten sich Gedanken um die Restentmilbung an ihren Bienen-Völkern. Laut Wetterprognose werden in den kommenden Tagen auch in der bisher eher milden Region Celle und dem Norden Deutschlands einstellige Temperaturen mit Tiefstwerten bis unter den Gefrierpunkt erwartet.

Sichere Überwinterung

Jetzt heißt es den richtigen Zeitpunkt abzupassen, um die letzten Maßnahmen für die Überwinterung 2021/2022 vorzunehmen.

Generell gilt: Wenn Bienenvölker Individuen-stark und mit jungen Königinnen ausgestattet sind, mit ausreichend geeignetem Futter versorgt wurden, die Anzahl Varroa-Milben und die damit einhergehende Virenbelastung gering ist, dann ist die Überwinterung für Honigbienenvölker normalerweise kein Problem. Dabei ist auch eine lange Winterruhe anzustreben. In diesem (wie auch in den letzten Jahren) herrschte jedoch im Oktober in Deutschland eine warme, sommerliche Witterung vor, die die Bienenvölker noch einmal zum verstärkten Brüten angeregt hat.

Sie müssen jetzt klären:

  • Haben die Völker genug Futter?

Die Völker haben mit dem Brutgeschäft im milden Oktober Futter verbraucht. Damit ist jetzt schon absehbar, dass die Winter-Vorräte bei einigen Völkern im Frühjahr 2022 knapp werden könnten. Wenn Völker nicht über ausreichend Futter verfügen, sollte man nachsteuern. Es ist es ratsam, eher jetzt zu handeln, als das Risiko eines vorzeitigen Verhungerns der betroffenen Völker im Frühjahr einzugehen. Notfalls kann nämlich noch nachgefüttert werden. Eine Nachfütterung mit eigenen Futterwaben aus dem Lager ist hierbei am schonungsvollsten und allen anderen Varianten vorzuziehen. Diese werden möglichst nah an den Bienensitz gehängt und können angeritzt werden, um eine bessere Aufnahme zu gewährleisten. Sind keine Futterwaben vorhanden sollte man in kleinen Portionen ausnahmsweise von unten flüssig (im Zucker:Wasser-Verhältnis 3:2) füttern. Die Entfernung der Bienen zum Futter sollte möglichst gering sein. Daher positionieren Sie das Futter unter dem Sitz der Bienentraube und statten Sie es mit Schwimmhilfen (beispielsweise Korken) aus, um ein Ertrinken der Bienen zu verhindern. Bietet der Boden keinen Raum für eine Futterschale kann auch eine Wabentasche in die Nähe des Bienensitzes gehängt werden. Das Futter kann optional vorher angewärmt werden. Notfütterungen mit Futterteig sind nur bei Flugtemperaturen sinnvoll, da die Bienen bei der Abnahme des Futterteiges Wasser benötigen. Statten Sie auch, wenn nicht schon geschehen, ihre Völker mit einem Mäuseschutz am Flugloch aus. Dabei sind Gitter mit einer Maschenweite von circa 6,3 Millimetern einem Mäusekeil vorzuziehen. Sie verstopfen im Frühjahr beim Ausräumen des Totenfalls weniger schnell.

  • Wie sieht der Milbenbefall in den Völkern aus?

Der spätherbstliche Bruteinschlag hat zudem die Varroa-Vermehrung nochmals angekurbelt. Jetzt bedarf es noch einmal der Ermittlung des natürlichen Milben-Totenfalls über die Gemülldiagnose bei allen Völkern. Sollte eine Woche nach Einlegen der Diagnosewindel der Milben-Totenfall eine Milbe pro Tag umfassen, muss bis Ende des Jahres noch eine Oxalsäurebehandlung erfolgen. Eine wirksame Restentmilbung ist entscheidend, um Winterverlusten vorzubeugen und ebnet einen milbenarmen Start in den Frühling. Dabei ist es bekanntlich von hoher Wichtigkeit, dass die Bienenvölker brutfrei sind, da die Oxalsäure nicht durch den Zelldeckel wirkt.

Der richtige Zeitpunkt

Halten Sie daher jetzt die Temperaturen im Blick. Folgen ein paar Nächte mit Frost hintereinander, so werden die Völker ihre Brutaufzucht einstellen. Das heißt, frühestens drei Wochen später ergibt sich dann eine Möglichkeit zur Oxalsäure-Applikation. Am Behandlungstag selbst sollte die Behandlung möglichst früh am Morgen erfolgen. Je kälter die Nacht, desto enger sitzen die Bienen und die Effektivität der Behandlung ist höher.

Das richtige Behandlungsmittel

Verwenden Sie nur eine 3,5-prozentige Oxalsäuredihydrat-Lösung mit dem Hinweis „ad us. vet.“. Diese ist frei im Handel verkäuflich.

Die Dosierung

Für die Träufelbehandlung müssen die Bienen möglichst eng in ihren Wabengassen sitzen und die Oxalsäure-Applikation mit einem feinen Strahl (Pipettenspitze) erfolgen. Bei der Anwendung von Oxalsäure (OS) muss die Bienenverträglichkeit bedacht werden. Jede Überdosierung und wiederholte Behandlungen führen zu erhöhtem Bienenabgang. Die Dosierung richtet sich nach der Volksstärke. Da Sie die Bienenvölker nicht unnötig stören sollten, erfassen Sie die Volksstärke einfach über die Anzahl dicht mit Bienen besetzter Wabengassen, wobei die äußeren Randgassen nicht mitgezählt werden (Infobrief vom 15.10.2021). Starke Völker mit mehr als 5 besetzten Wabengassen erhalten maximal 50 Milliliter (ml) OS-Lösung, mittelstarke Völker mit 4 besetzten Wabengassen erhalten maximal 40 ml OS-Lösung und schwächere Völker maximal 30 ml OS-Lösung. Sitzen die Bienen über zwei Bruträume sollten beide Teile behandelt werden (von unten beginnend). Die maximale Dosis von 50 ml OS-Lösung sollte aber auch hier nicht überschritten werden. Dies gilt auch für einräumige Beutensysteme mit größerem Wabenmaß. Achten Sie bei der Anwendung auf eine gleichmäßige Verteilung. Damit die Bienen nicht zu sehr auskühlen, sollten Sie zügig arbeiten und das Volk schnell wieder verschließen. Die Lösung kann optional vorher handwarm angewärmt werden. Achten Sie auch auf Ihre eigene Sicherheit: Säurefeste Handschuhe und Augenschutz sind ein Muss!

Blick in eine Bienenbeute. So sehen sind die Zargen, in denen die Bienenwaben zu erkennen sind. Mit einer Spritze wird eine Flüssigkeit zwischen die Zargen geträufelt.   Bildrechte: F. Odemer

Erfolgskontrolle

Um Bienenabgang zu vermeiden, wiederholen Sie die Behandlung keinesfalls. Halten Sie dennoch die Milbenzahlen über die Gemülldiagnose für eine Woche nach der Behandlung im Blick. Sollten in diesem Zeitraum etwa 80 Prozent der vorher anhand des natürlichen Milbentotenfall errechneten Milbenzahl gefallen sein, so hat die Behandlung gewirkt. Hilfestellung für die Berechnung bietet Ihnen folgende Tabelle.

Um den Gesamtmilbenbefall im Bienenvolk zu errechnen multipliziert man den täglichen natürlichen Milbenfall mit:

Im Juli/August

Im September/Oktober

Im November/Dezember

x 150

x 300

x 500

Beispiel:

  • Milbenfall in 3 Tagen: 15
  • Täglicher Milbentotenfall:
    5 Milben (15:3)
  • Gesamtmilbenbefall:
    750 Milben (5x150)

Beispiel:

  • Milbenfall in 3 Tagen: 12
  • Täglicher Milbentotenfall:
    4 Milben (12:3)
  • Gesamtmilbenbefall:
    1200 Milben (4x300)

Beispiel:

  • Milbenfall in 7 Tagen: 14
  • Täglicher Milbentotenfall:
    2 Milben (14:7)
  • Gesamtmilbenbefall:
    1000 Milben (2x500)


Nimmt man nun das Rechenbeispiel aus November/Dezember mit einem vorher anhand des natürlichen Milbentotenfall errechneten Gesamtmilbenbefall von 1000 Milben, so sollten nach einer wirksamen Oxalsäurebehandlung mindestens 800 Milben fallen.


Kein Frost – keine Panik

Ab der Wintersommerwende beginnen die Völker wieder mit der Brutaufzucht, daher sollte die Behandlung unbedingt vorher erfolgen. In den vergangenen Jahren bot sich bisher immer ein geeignetes Behandlungsfenster im Dezember. In manchen Regionen Deutschlands ist es allerdings so mild, dass die Völker mitunter am Behandlungstag nicht vollständig brutfrei sind. Ein groß angelegter Versuch der Ruhr-Universität Bochum im Verbund mit dem LAVES-Institut für Bienenkunde in Celle konnte im warmen Winter 2015/16 bestätigen, dass auch in einer brutarmen Phase eine wirkungsvolle Behandlung möglich sein kann. Hier hatten einige der Versuchsvölker im Oktober intensiv gebrütet und wiesen einen hohen Milbenbefall auf. Am Tag der Behandlung waren 39 Prozent der Versuchsvölker in Brut. Neben der Träufelung mit Oxalsäure wurden auch andere Behandlungsvarianten getestet. Fasste man die Behandlungserfolge aller Behandlungsvarianten zusammen, so ergab sich entgegen der Erwartung keine signifikant schlechtere Wirkung in brütenden Völkern gegenüber den brutfreien Völkern. In Bezug auf die empfohlene Behandlung mittels Oxalsäureträufelung ist jedoch festzuhalten, dass ein fester Sitz der Wintertraube für eine effektive Behandlung von hoher Wichtigkeit ist (siehe Abbildung 1).
Effektivität unterschiedlicher Behandlungsverfahren in brutfreien und brütenden Bienenvölkern. Oxalsäure nur in Randgassen träufeln: Effektivität 70±16 %. Oxalsäure nur in Zentralgasse träufeln: 73±13 %. Oxalsäure in alle Gassen träufeln: 87   Bildrechte: LAVES
Abbildung 1: Wird bei der Träufelbehandlung nur ein Teil der Wintertraube behandelt, so sinkt die Effektivität der Behandlung signifikant. (© Ruhr-Universität Bochum & LAVES-Institut für Bienenkunde Celle).

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