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Einsatz von Pollenersatzstoffen in der Bienenhaltung ist wirkungslos und bedenklich

Infobrief des LAVES-Bieneninstituts vom 10. Februar 2022


Eingelagerter natürlicher Blütenpollen in der Bienenwabe.   Bildrechte: LAVES, O. Boecking
Eingelagerter natürlicher Blütenpollen in der Bienenwabe.

Gerade jetzt, in der Zeit gewisser Ungeduld auf frühlingshaftes Wetter, suchen Imker und Imkerinnen bei unserem Imkerfachberatungsdienst um Rat zur Frage der Sinnhaftigkeit des Einsatzes von Pollenersatzstoffen. Dabei beziehen sich diese auf Erklär-Videos aus dem Internet, nebst Rezepturen zur Herstellung von Pollenersatzfutter und zudem auf diverse Verkaufsangebote im Imkerei-Bedarfshandel.

Pollenersatzfuttermittel werden als Eiweißfutterteig oder als pulverförmiges „Höselfutter“ auf Basis von Proteinträgern wie zum Beispiel Sojamehl, Hefen und Milchpulver im Handel angeboten. Diese Proteinquellen, ob pflanzlichen oder tierischen Ursprungs, sind alles Fremdstoffe, die mit der Verfütterung ins Bienenvolk gelangen. In Hinblick auf die Honig-Authentizität und -qualität sind sie prinzipiell als problematisch einzustufen. Diese Fremdstoffe bergen das Risiko einer Honigverfälschung des später zu erntenden Honigs. Der Einsatz von Pollenersatzfuttermitteln in der Imkerei widerspricht der Zielsetzung der „Guten imkerlichen Praxis“.

Beworben wird dieses Futter beispielhaft mit den Attributen „anregender Futterteig zur Reizfütterung im Frühjahr und Herbst“ oder „zum Verstärken der Bruttätigkeit“. Eine angenommene brutfördernde Wirkung bei Honigbienenvölkern ist wissenschaftlich jedoch widerlegt [z. B. Mortensen A.N. et al. (2019) J. Econ. Entomol. 112(1): 60-66, https://doi.org/10.1093/jee/toy341].

■ Wenn Honigbienen Brut aufziehen, dann verfügen sie über Eiweißreserven aus natürlichem Pollen und/oder den Fetteiweißkörpern der Ammenbienen

Grundsätzlich gilt: wenn Bienen im ausgehenden Winter Brut anlegen, so wie sie das derzeit seit Wochen tun, dann verfügen sie grundsätzlich über Pollen und/oder körpereigene Reserven (Fettkörper) der Ammenbienen. Tritt in dieser frühen Phase des Jahres eine echte Kälteperiode ein, regeln die Bienen den Eiweißbedarf notfalls selber herunter, indem sie Eier („Stifte“) und jüngste Brutstadien auffressen. Ein Zufüttern von Eiweißersatzstoffen kann daran nichts ändern. Sobald ein Eintrag von Pollen aus der Natur einsetzt, kompensieren die Bienenvölker diesen kurzzeitigen Brutverlust im Verlauf der weiteren Populationsentwicklung ganz ohne imkerliches Zutun. Nur dieser natürliche Pollen kann die weitere Brutentwicklung in den Völkern fördern.

■ Auch „Futterteig mit Pollenzusatz“ ist keine Alternative zu Pollen, den die Honigbienen aus der Natur eintragen

Im Handel wird zudem „Futterteig mit Pollenzusatz“ angeboten. Dieser Pollen dürfte mit Hilfe von Pollenfallen von Bienenvölkern gewonnen werden. Laut Zutatenliste gängiger Produkte ist die dem (Zucker-)Futterteig zugesetzte Pollenmenge mit 1 % so gering bemessen, dass deren brutfördernde Wirkung grundsätzlich äußerst fraglich erscheint. Dem beigemischten Pollen können zudem Krankheitserreger (Bakterien, Pilze und Viren) anhaften, die womöglich Quelle für Erkrankungen der gefütterten Völker sind.

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen: zur Aufzucht und Pflege einer einzelnen Arbeitsbiene werden etwa 150 mg und für einen Drohn etwa 400 mg natürlicher Pollen benötigt. Wenn einem Kilogramm (Zucker-)Futterteig 1 % natürlicher Pollen beigemischt wird, entspricht das 10 g Pollen. Daraus könnten rein theoretisch 66,7 Arbeitsbienen oder 25 Drohnen aufgezogen werden. Das setzt aber voraus, dass diese 10 g Pollen letztlich auch direkt bei den Ammenbienen ankommen, damit er an die Larven verfüttert werden kann. Das ist eher unwahrscheinlich. Allein aufgrund der geringen Pollen-Beimischung wird auch bei diesen Fertigprodukten ein brutfördernder Effekt grundsätzlich infrage gestellt.

Mit der Wahl eines geeigneten Überwinterungsstandplatzes für die eigenen Bienenvölker wird der Einsatz von Pollenersatzfutter entbehrlich. Der Standplatz muss auf jeden Fall im Frühjahr eine gute natürliche Pollenversorgung bieten.

Wenden Sie sich gerne an uns falls Rückfragen bestehen: poststelle.ib-ce@laves.niedersachsen.de

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