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Neuer Rekord bei Seehundzählung - Bilanz der Zählflüge im UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer zwischen Ems und Elbe

In Niedersachsen wurde erstmals die 10.000er Marke übertroffen: 10.382 Seehunde sind in diesem Sommer während der Flüge im Wattenmeergebiet zwischen Ems und Elbe gezählt worden“, teilte Prof. Dr. Eberhard Haunhorst, Präsident des niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES), mit. 2019 lag der Seehundbestand bei 9.836. Beim Nachwuchs mit 2.621 Jungtieren, ist das Ergebnis leicht unter dem Spitzenwert aus 2019 mit 2.711 Jungtieren geblieben. In diesem Jahr waren die Wetterbedingungen für die Zählungen nahezu perfekt. Die ersten Flugzeuge starteten am 15. Juni, die letzten drei am 25. August. Nach insgesamt 15 Flügen konnte für diese Saison nun Bilanz gezogen werden.

„Die Tiere machen einen gesunden und vitalen Eindruck“, unterstreicht der Veterinärmediziner Haunhorst. Tiere, die tot an der Küste angespült werden, sichtbar erkrankt sind und eingeschläfert werden müssen, werden auch im Lebensmittel- und Veterinärinstitut (LVI) Oldenburg des LAVES untersucht. „Bei unseren Untersuchungen hat sich gezeigt, dass es keine Hinweise auf mögliche Viruserkrankungen, wie zum Beispiel Seehundstaupe oder Influenza, gibt“, so Haunhorst weiter. Die Seehunde sind ein wichtiger Bioindikator für den einzigartigen Lebensraum Wattenmeer. „Anzahl und Gesundheitszustand lassen Rückschlüsse auf die Wasserqualität und auf den Fischbestand zu. Und damit eben auch auf das empfindliche Lebensmittel Fisch“, erläutert der Tierarzt.

Es wurden bisher 18 Jungtiere untersucht: Als Erkrankungsursache haben die Pathologen im LVI Oldenburg typische Jungtiererkrankungen, wie Nabelentzündungen oder Darmerkrankungen, diagnostiziert. Die Tiere waren größtenteils in einem schlechten Ernährungszustand, was darauf hindeuten kann, dass sie durch äußere Störungen von der Mutter getrennt wurden. Seehunde reagieren empfindlich auf Störungen durch den Menschen – sie flüchten. Dies hat insbesondere für Jungtiere fatale Folgen: Die lebensnotwendige Säugezeit kann dadurch erheblich verkürzt werden. Je häufiger dies geschieht, umso größer ist die Gefahr, dass Jungtier und Mutter voneinander getrennt werden, sich nicht wiederfinden und es zu einer Unterernährung kommt. Auch besteht das Risiko, dass sie auf der Flucht ins Wasser über den rauen Sand robben und sich den noch nicht vollständig verheilten Nabel aufreißen und eine tödlich verlaufende Nabelentzündung entstehen kann.

Rückblick: 1988 und 2002 zog die Seuche „Seehundstaupe“ durch die Population. 1988: Der geringe Seehundbestand an der Niedersächsischen Küste von knapp 2.500 Tieren reduzierte sich auf 1.400. 2002: 3.851 Seehunde wurden tot aufgefunden – der Bestand von rund 6.500 Tieren reduzierte sich dadurch um weit mehr als die Hälfte. In dem jeweiligen Folgejahr wurden lediglich 229 (1989) beziehungsweise 799 Jungtiere (2003) gezählt.

Die beste Zeit für die Zählung ist bei Niedrigwasser von Juni bis August. In den Sommermonaten kommen die Seehunde vermehrt an Land, um ihre Jungen aufzuziehen, um sich zu sonnen und um ihr Fell zu wechseln. Die Tiere ruhen auf den Sandbänken und können vom Flugzeug aus gezählt werden. Und das Wetter war in diesem Jahr für alle Zählflüge optimal: blauer Himmel, viel Sonne und wenig stürmische Winde. Seehunde mögen es sonnig sowie ruhig und kommen dann an Land. Auf Wetteränderungen und auf Störungen durch den Menschen reagieren die Tiere sensibel und ziehen sich ins offene Meer zurück.

15 Flüge – fünf Termine mit jeweils drei Propellermaschinen standen für das Monitoring auf dem Plan. Dafür wurde das niedersächsische Küstengebiet in drei Abschnitte eingeteilt, so konnten drei Kleinflugzeuge gleichzeitig starten: ab Emden, Mariensiel und Nordholz. An den Zählungen waren auch in diesem Jahr niedersächsische Jäger ehrenamtlich beteiligt.

Das jährliche Seehundmonitoring wird vom LAVES seit 2005 für Niedersachsen organisiert und koordiniert. Schon seit 1958 wird der Seehundbestand in Niedersachsen systematisch erfasst: Bis 1972 wurde von Schiffen aus gezählt und seither aus der Luft aus Flugzeugen. Grundlage für die Zählung ist seit 1990 das Internationale Seehundschutzabkommen zwischen Deutschland (Niedersachsen und Schleswig-Holstein), Dänemark und den Niederlanden. Gemeinsames Ziel ist die Erhaltung eines dem Ökosystem angepassten vitalen Seehundbestandes. Im Rahmen dieses Abkommens starten die Zählungen dieser Länder zeitgleich, um Doppelzählungen der sehr mobilen Seehunde zu vermeiden.

Eine eingehende Analyse der Daten für den gesamten Seehundbestand im UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer zwischen Den Helder und Esbjerg erfolgt im Herbst durch die Trilaterale Seehundexpertengruppe – die Trilateral Seal Expert Group (EG-Seals) des trilateralen Seehundschutzabkommens zwischen den Niederlanden, Deutschland und Dänemark.

Die Statistik seit 1958 finden Sie in folgendem Downloadobjekt: Entwicklung der Seehundpopulation im niedersächsischen/hamburgischen Wattenmeer 1958–2020 (PDF, nicht barrierefrei)

Weitere Informationen und Fotos finden Sie im Artikel „Seehundmonitoring“.


Presseinformationen Bildrechte: © Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
28.08.2020

Ansprechpartner/in:
Hiltrud Schrandt

Nds. Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
Leiterin Pressestelle
Röverskamp 5
26203 Wardenburg
Tel: 0441 57026 -180

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