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Lachse und Flussneunaugen tummeln sich in der Wümme

Presseinformation des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz Nr. 36 vom 3. Mai 2012


20 Jahre Fließgewässer-Entwicklung: 100 Millionen Euro investiert

Erstmals seit fast 100 Jahren hat sich der selten gewordene Lachs in der Wümme wieder fortgepflanzt. „Ganz sicher ein Erfolg jener Projekte, die zwischen 2001 und 2008 für die so genannte ökologische Durchgängigkeit des Nordarmes der Wümme sorgten“, sagte Umweltminister Dr. Stefan Birkner am Donnerstag in Norden anlässlich der Vorstellung des Jahresberichts des NLWKN. Hohe Wehranlagen wurden durch naturnahe Sohlengleiten aus Stein-Kies-Schüttung ersetzt. „So können Lachs und Ko wieder wandern und scheitern nicht an den Mauern der Wehranlagen“. Die Gesamtkosten in Höhe von knapp 400.000 Euro wurden aus Mitteln des Niedersächsischen Fließgewässerprogramms finanziert, also von der Europäischen Union und dem Umweltministerium.

Das Fließgewässerentwicklungsprogramm ist ein wesentlicher Baustein zur Umsetzung der seit dem Jahr 2000 geltenden EG- Wasserrahmenrichtlinie: „Und deshalb stellen wir in diesem Jahr mehr als elf Millionen Euro zur Verfügung“, betonte der Minister. Damit werden 79 neue Projekte gefördert und schon begonnene Vorhaben fortgesetzt. Bis zu 90 Prozent Zuschüsse erhalten die Projektträger – das sind neben dem Land die Kommunen, Landkreise und Wasser- und Bodenverbände.

Doch Dr. Birkner und NLWKN-Direktor Siegfried Popp wissen auch um die Problematik der hohen Zuschüsse: „Nicht zuletzt die Verwendung von Mitteln aus EU-Fonds hat zu Vorschriften geführt, die das Antragsverfahren, den Bewilligungsvorgang und die Pflichten des Zuwendungsempfängers formal genau vorgeben“, sagte Popp, dessen Behörde auch für die Vergabe der Mittel und das Prüfverfahren zuständig ist. Niedersachsen wolle jedoch möglichst viele EU-Mittel einsetzen: „Deshalb unterstützt der NLWKN die Projektträger mit guter Beratung und Information“.

Das Niedersächsische Fließgewässerprogramm, ein gemeinsames Fachprogramm des Naturschutzes und der Wasserwirtschaft, startete im Jahr 1992 und begeht damit in diesem Jahr sein 20-jähriges Jubiläum. Seither wurden insgesamt rund 100 Millionen Euro investiert. Alle Aktivitäten haben ein Ziel: Naturnahe Flüsse und Bäche sollen den gewässertypischen Lebewesen wie Fischen und Muscheln einen intakten Lebensraum bieten. Dazu werden unter anderem Aufstiegshilfen für Fische an Wehranlagen gebaut. „Wir benötigen einen langen Atem, aber der Erfolg gibt uns recht“, betonte Dr. Birkner.

Eine Erfolgsgeschichte wird von der Wümme gemeldet, sie ist beispielhaft für viele andere erfolgreiche Projekte: Im Bereich der Sohlengleiten im Raum Fischerhude wurden im Herbst 2011 Lachse entdeckt. Das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) hatte die Befischungen in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse bestätigen entsprechende Hinweise des Landessportfischerverbandes Niedersachsen. An fünf der sechs Sohlengleiten im Nordarm konnten insgesamt 29 Junglachse mit einer Länge bis 14 cm nachgewiesen werden. Besonders viele Junglachse wurden an einer langausgezogenen Sohlengleite stromabwärts von Fischerhude gefunden. Hier wurde auch die höchste Artenzahl festgestellt: 22 Fischarten, darunter – neben dem Lachs – auch die geschützten Arten Koppe, Flussneunauge und Barbe. „Da die Lachs-Besatzmaßnahmen an der Wümme schon 2005 offiziell eingestellt wurden, stammen die aktuell nachgewiesenen Lachse wahrscheinlich aus natürlicher Vermehrung“, sagte Christian Edler vom LAVES. Der Fischereibiologe betont, dass neben den Lachsen insbesondere auch andere Wanderfische wie Flussneunauge, Meerneunauge, Flunder und Barbe, aber auch geschützte Kleinfischarten wie die Koppe von den Sohlengleiten in der Wümmeniederung profitieren.

Die Wiederherstellung der Durchgängigkeit in den Fließgewässern allein reicht jedoch nicht aus, um die gewässertypischen Fischpopulationen dauerhaft zu stärken. Damit sich Lachse, Fluss- und Meerneunaugen sowie Barben erfolgreich vermehren und dauerhaft etablieren können, benötigen sie zudem heterogen strukturierte, naturnahe Gewässer mit mittlerer bis starker Strömung und flach überströmten, steinig-kiesigen Abschnitten sowie anderen fischrelevanten Strukturelementen wie Totholzelementen oder Inselbänken. Sohlengleiten sind ein brauchbares Instrument, um Defizite hinsichtlich der Durchgängigkeit und der Gewässerstruktur an Fließgewässern in einem Arbeitsgang effizient zu beheben – das sind sich die Experten von NLWKN und LAVES einig. Über das Fließgewässerprogramm werden aus diesem Grund auch zahlreiche Vorhaben gefördert, bei denen naturnahe Gewässerstrukturen angelegt werden.

Im Herbst 2012 sollen die in 20 Jahren mit der Förderung von Projekten der Fließgewässerentwicklung gemachten Erfahrungen reflektiert und anhand von konkreten Maßnahmenbeispielen mit Blick auf die zukünftige Programmumsetzung diskutiert werden.

Jahresbericht 2011 des NLWKN im Internet: http://www.nlwkn.niedersachsen.de/aktuelles/jahresberichte/46059.html

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