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Die Wanderratte

Schadnager und Krankheitsüberträger


Bei Mäusen und Ratten handelt es sich um weltweit verbreitete Nagetiere, die häufig als Vorrats-, Material- und Gesundheitsschädlinge auftreten. Mäuse und Ratten besitzen eine hohe Vermehrungsrate und ein hohes gesundheitsgefährdendes Potential. Als Reservoir dienen sie einerseits dem stabilen Erhalt eines Erregers, sind andererseits aber, in Abhängigkeit vom Erreger und dessen geographischer Verbreitung, auch Erregerverschlepper oder -überträger.
Wanderratte mit braunem Fell steht auf einer Steinplatte am Ufer eines Gewässers.   Bildrechte: © Nick Taurus - Adobe Stock
Wanderratte an einem Gewässer

Allgemeine Informationen

Die Wanderratte (Rattus norvegicus) stammt ursprünglich aus den Steppengebieten Asiens und ist in Deutschland die am häufigsten angesiedelte Rattenart. Das Fell der Wanderratte ist in der Regel auf der Oberseite graubraun und auf der Unterseite grauweiß. Das Körpergewicht variiert zwischen 100 und 500 Gramm. Die Kopf-Rumpf-Länge beträgt 18 bis 28 Zentimeter. Wanderratten unterscheiden sich von den Hausratten (Rattus rattus) in folgenden, wesentlichen Merkmalen:

  • Die Schwanzlänge ist 14 bis 21 Zentimeter, generell jedoch immer kürzer als die Kopf-Rumpf-Länge. Der Schwanz wird beim Laufen nachgeschleift; zwischen den Pfotenabdrücken ist somit oft eine Schwanz-Schleifspur zu erkennen.
  • Der Schwanz weist 180 bis maximal 200 Schwanzringe auf.
  • Die Ohrmuschel ist klein und bedeckt umgeschlagen nicht das Auge. Die Schnauze ist eher stumpf ausgeprägt.

Die Tragezeit liegt bei 22 bis 24 Tagen, die Wurfzahlanzahl pro Jahr 5 bis 7 und die Wurfgröße liegt meist bei 4 bis 8 Jungtieren, vereinzelt bis zu 12 oder gar 20 Junge. Die Geschlechtsreife ist im Alter von 3 bis 4 Monaten erreicht, die Lebensdauer beträgt circa 3 Jahre (in Menschenobhut bis zu 7 Jahre).

Rechenbeispiel zur Vermehrung

Unter der Annahme, dass

  • die Geschlechtsreife einer Wanderratte nach 90 Tagen eintritt,
  • die Tragzeit 21 Tage beträgt,
  • die mittlere Nachkommenschaft pro Wurf acht Stück umfasst und
  • jeder Wurf aus vier Weibchen und vier Männchen besteht,

bringt die Wanderratte in einem Jahr rein rechnerisch 104 Nachkommen zu Welt, die sich ihrerseits weitervermehren. Am Jahresende wird die dritte Folgegeneration geboren und die Ursprungsratte hat somit insgesamt 1512 Nachkommen.

Unter natürlichen Bedingungen sind es aufgrund einer geringeren Geburtenrate und Feinddruck deutlich weniger Nachkommen. Eine grobe Schätzung beläuft sich auf 500.

Bildrechte: ©LAVES
Wanderratte in der Dämmerung

Im Verborgenen

Sie sind vorzugsweise dämmerungs- sowie nachtaktiv und legen Erdbaue mit einer oder mehreren Öffnungen an. Die Tiere leben innerhalb ihres Reviers in Gruppen mit oft über 20 (teilweise 60 und in Ausnahmefällen mehr als 200) Mitgliedern. Im Frühjahr und Sommer besiedeln sie verstärkt das Freiland und sind dann auch im Außenbereich (Gräben, Gewässer und Felder) zu finden. Mit dem Spätherbst nähern sich Wanderratten witterungsbedingt wieder den Menschen an. Hier halten sie sich überwiegend im menschlichen Siedlungsbereich auf und bewohnen unter anderem Abwasserkanäle, Gebäude, Ställe und Mülldeponien. Wanderratten halten sich gerne in Wassernähe auf und werden umgangssprachlich daher auch als „Wasserratte“ bezeichnet. Sie schwimmen, tauchen und klettern sehr gut.

Bildrechte: ©LAVES
Wanderratte auf einer Wiese

Auf Streifzug

Wanderratten bewegen sich im Freiland in einem Radius bis zu 1.000 Metern. Es werden in Ausnahmefällen aber auch bis zu drei Kilometer entfernte Futterquellen aufgesucht. Sie laufen im Siedlungsbereich und in Gebäuden stets entlang der Wände.

Die Wanderratte ist ein Allesfresser, zieht jedoch tierische Nahrung der Pflanzenkost vor. Dabei schrecken sie in Ausnahmefällen auch nicht vor Mäusen, Vögeln (auch Geflügel) und jungen Schafen oder Ferkeln zurück.

Pestfloh   Bildrechte: ©LAVES/Stelling
Ratten- oder Pestfloh, Xenopsylla cheopis

Infektionsgefahr

Ratten können etwa 120 Infektionskrankheiten übertragen. Insgesamt sind derzeit weltweit ohne die vielfältigen Hantavirusspezies, 42 wichtige mit Nagetieren assoziierte humanpathogene Erreger oder Erregersubtypen bekannt. Zusammenfassend ist die große Bedeutung der Schadnager als Reservoir für Salmonellen und als Überträger von beispielsweise SARS, Hantavirus, Typhus (Salmonella typhi), Paratyphus, Leptospirose (Bakterien der Gattung Leptospira), Tularämie (Anthropozoonose durch Francisella (=Pasteurella) tularensis), Toxoplasmose (Einzeller Toxoplasma gondii), Trichinose (Larven von Trichinella spiralis), Ruhr (Entamoeba histolytica), Cholera (Vibrio cholerae) und Pest (Yersinia pestis) aber auch Tierseuchen wie MKS, Schweinepest und Geflügelpest hervorzuheben.

Bedenklich ist mittlerweile die Rolle, die Ratten als Zwischenwirte und Überträger von antibiotikaresistenten Keimen spielen.

Weiterhin sind Ratten auch Reservoire von Krankheitserregern im Freiland. Zecken und Flöhe dienen in diesem Fall als Vektoren und übertragen diese Erreger auf Menschen und Tiere (etwa Borrelia burgdorferi). Diese Zusammenfassung kann nur als eine derzeitige Momentaufnahme verstanden werden, da ständig neue humanpathogene Erreger oder Erregersubtypen in Nagetieren nachgewiesen werden.

Bildrechte: © LAVES/Prof. Louis de Vos
Toxoplasma gondii, EM-Aufnahme
Bildrechte: © LAVES/Prof. Louis de Vos
Trichinella spiralis (Gewebeschnitt)
Gemäß § 17 Infektionsschutzgesetz (IfSG) genügt bereits der begründete Verdacht für eine vorliegende Krankheitsübertragung, um Mittel und Verfahren nach § 18 IfSG einzusetzen. Dieses geschieht jedoch in der Praxis sehr selten. Außerdem ist der Bekämpfungszeitpunkt aus fachlicher Sicht dann zu spät. Wird eine Krankheit bereits übertragen, sind die Rattenpopulationen meist so stark, dass eine Bekämpfung höchstens kurativen Charakter haben würde. Bereits im Vorfeld muss durch prophylaktische Bekämpfungsmaßnahmen und ein begleitendes Monitoringsystem verhindert werden, dass ein solcher Fall überhaupt eintritt. Weiterhin muss besonderes Gewicht auf eine Bekämpfung bis zur Tilgung gelegt werden, da nur so Resistenzen und Ausbreitung derselben verhindert werden können.
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