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„Fisch – gesund und nachhaltig?“ – 100 Experten aus Ernährungsberatung, Medizin, Gemeinschaftsverpflegung und Verbraucherschutz trafen sich in Oldenburg

Fisch gilt als gesundes Nahrungsmittel: leicht verdauliches Eiweiß, Jod, Selen, Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren sprechen dafür. Fisch wird aber auch als belastetes Lebensmittel wahrgenommen: Nematoden, Schadstoffbelastung und Fischvergiftung führen zu dieser Einschätzung. Medienberichte zur Überfischung der Meere oder der Antibiotikabelastung von Fischen aus Aquakultur tun ein Übriges.

Das 4. Niedersächsische Forum Gesundheitlicher Verbraucherschutz „Fisch – gesund und nachhaltig?“ beschäftigte sich am 12. Oktober 2011 mit den unterschiedlichen Aspekten dieses vielschichtigen Lebensmittels.

Unter der Schirmherrschaft des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung (ML) kamen ca. 100 Teilnehmer aus den Bereichen Ernährungsberatung, Medizin, Gemeinschaftsverpflegung und Verbraucherschutz in Oldenburg zusammen. Die Veranstaltung des LAVES, der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), Sektion Niedersachsen und der Ärztekammer Niedersachsen wurde mit Grußworten von Heidemarie Helmsmüller, Abteilungsleiterin im Verbraucherschutzministerium, und Prof. Dr. Eberhard Haunhorst, Präsident des LAVES, eröffnet. Unter der Moderation von Priv.-Doz. Dr. Thomas Ellrott, Leiter der DGE Sektion Niedersachsen starteten anschließend die Fachvorträge.

Fisch in der gesunden Ernährung war Thema von Dr. Jan Philipp Schuchardt vom Institut für Lebensmittelwissenschaft und Humanernährung der Leibniz Universität Hannover. Er ging zunächst auf die Inhaltsstoffe der Fische ein, denen aus ernährungsphysiologischer Sicht eine besondere Bedeutung zugesprochen wird. Hier sind Jod, Vitamin D und vor allem die langkettigen mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Decosahexaensäure) zu nennen, bei denen in Teilen der Bevölkerung noch eine Unterversorgung besteht.

Die Wirkungen von EPA und DHA bildeten den Schwerpunkt des Vortrags, sieht Dr. Schuchardt doch fettreiche Seefische, wie z. B. Lachs, Makrele, Hering und Thunfisch, als einzige nennenswerte Quelle dieser Fettsäuren an.. Er zeigte die wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse in Prävention und Therapie von Herz-Kreislauferkrankungen sowie die Bedeutung für die kognitive Gesundheit auf. Obgleich die Vorzüge fischreicher Nahrung durchaus auch bei Verbrauchern bekannt sind, wird in Deutschland zu wenig Fisch konsumiert. Dr. Schuchardts Ausführungen mündeten dann auch in der Empfehlung: „Esst mehr Fisch!“. Zwei bis drei Portionen wöchentlich sollten es nach seiner Ansicht sein.

Über einen ganz anderen Aspekt der Fische sprach Prof. Dr. Jörg Oehlenschläger, ehemaliger wissenschaftlicher Direktor der Bundesforschungsanstalt (BFA) für Fischerei. Sein Vortrag beleuchtete „Fisch als Lebensmittel aus Aquakulturen “. Aquakultur ist der am schnellsten wachsenden Bereich der tierischen Lebensmittelproduktion, wobei 89 % der weltweiten Erzeugung in Südostasien stattfindet und es sich dabei überwiegend um Süßwasserfische handelt. Im steigenden Import dieser Fische aus tropischen und subtropischen Gewässern liegen für Prof. Oehlenschläger auch Risiken: „Aquatische Tiere, die in Gebieten mit einem starken klimatischen Unterschied zu Europa erzeugt werden, werfen eine große Zahl von Problemen auf. Die typische Mikroflora, die vorhanden ist […] unterscheidet sich von der Flora, wie sie in Fischen aus dem Nordatlantik vorhanden ist. Zumeist ist die Grundzusammensetzung und der Gehalt an erwünschten und unerwünschten Bestandteilen unbekannt.“ Hier ist noch großer Forschungsbedarf vorhanden. Der Aspekt der Lebensmittelsicherheit ist laut Prof. Oehlenschläger nur ein Punkt, der bei der Beurteilung von Aquakulturen berücksichtigt werden muss. Auch Gesichtspunkte, wie der Süßwassermangel (Aquakultur kontra Trinkwasser), die Industriefischerei zur Fischmehlerzeugung (Futterproduktion für Aquakulturen), die tierschutzgerechte Haltung und Schlachtung oder gerechte und angemessene Löhne sollten eine Rolle spielen.

Viel Zustimmung fand auch der Vortrag von Dr. Martina Weber vom Institut für Fische und Fischereierzeugnisse des LAVES zum Thema Lebensmittelsicherheit bei Fisch . Fisch und Fischereierzeugnisse zählen zu den leicht verderblichen Lebensmitteln und müssen entsprechend behandelt werden. Insbesondere auf ausreichende Kühlung sollten Verbraucher achten. „Kontrollieren Sie Ihren Kühlschrank! Meist sind die Temperaturen hier viel zu hoch!“, empfahl die Expertin. 2 bis 4 °C sind für frischen Fisch ideal und auch die vermeintlich unempfindlichere Räucherware sollte unbedingt ausreichend gekühlt werden. Dies verhindert eine Vermehrung von Listerien, die vor allem in Räucherfisch zum Problem werden können.

Neben den Aspekten von Frische und Verderb bei Fischen beschäftigte sich Frau Weber auch mit der Lebensmittelsicherheit von Muscheln. Für die gerade begonnene Muschelsaison an der deutschen Nordseeküste beruhigte sie die Zuhörer: bei einheimischen Miesmuscheln werden im Cuxhavener Institut insgesamt sehr niedrige Keimzahlen nachgewiesen und auch eine primäre Kontamination mit Viren kommt hier nicht vor. Anders sieht dies bei Importware aus, bei der eine höhere bakterielle Belastung zu finden ist und auch verschiedene Viren nachgewiesen werden können.

Um mögliche Lebensmittelinfektionen vorzubeugen, empfahl die Referentin, die Kühlkette immer einzuhalten, für ausreichend niedrige Kühltemperaturen zu sorgen und Fische und Fischerzeugnisse möglichst umgehend zu verbrauchen. In der Gemeinschaftsverpflegung sollte auf Rohware (z. B. Sushi) verzichtet werden.

Fisch in der Gemeinschaftsverpflegung stand im Mittelpunkt der abschließenden Podiumsdiskussion, der sich Frau Retzlaff, Die Schule für Diätassistenz Oldenburg, Herr Winter, Service GmbH Oldenburg, Herr Münch, Klinikum Oldenburg, Frau Dr. Koch, Deutsche See Bremerhaven und Herr Hulbert, Vernetzungsstelle Schulverpflegung Niedersachsen, stellten. Einhellige Meinung der Expertenrunde: Fisch ist gesund und die ernährungsphysiologischen Vorteile wiegen die Probleme mit der Lebensmittelsicherheit bei weitem auf. Fisch sollte möglichst zweimal pro Woche auf dem Speisezettel stehen und wird – zumindest in den norddeutschen Einrichtungen – auch entsprechend nachgefragt.

Vom besonderen Genuss, den Fisch bietet, konnten sich die Teilnehmer der Veranstaltung beim abschließenden Fischimbiss überzeugen, für den die Schülerinnen der Abschlussklasse für Diätassistenz mit Unterstützung der Deutschen See gesorgt hatten. Im Foyer konnten sich die Teilnehmer am Informationsstand der Schülerinnen auch über die vielfältigen Möglichkeiten der Fischzubereitung informieren.

Schule für Diätassistenz  
Infostand der Schule für Diätassistenz
Expertenrunde  
I. Retzlaff, T. Winter, R. Münch, Dr. Koch, T. Hulbert (v.l.n.r.)
4.Niedersäschisches Forum  
Blick auf das Publikum
Dr.Weber  
Dr. Martina Weber
Prof.Dr.Haunhorst  
Prof. Dr. Eberhard Haunhorst
H.Helmsmüller  
Heidemarie Helmsmüller
4. Niedersächsisches Forum Gesundheitlicher Verbraucherschutz  
Dr. Silke Klotzhuber, PD Dr. Thomas Ellrott, Prof. Dr. Eberhard Haunhorst, Heidemarie Helmsmüller, Hanna Boklage (v.l.n.r.)
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