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Bilanz der Zählflüge im UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer zwischen Ems und Elbe: Seehundbestand im Niedersächsischen Wattenmeer hält sich auf hohem Niveau – vor 30 Jahren großes Seehundsterben

Der Seehundbestand im Niedersächsischen Wattenmeer hält sich auf hohem Niveau: Knapp 10.000 Seehunde sind in diesem Sommer während der Flüge im Wattengebiet zwischen Ems und Elbe erfasst worden – gezählt wurden 9.918 Tiere. Damit ist das Ergebnis leicht unter dem bisherigen Spitzenwert von 9.946 aus dem Vorjahr geblieben. Auch der Nachwuchs mit 2.158 Jungtieren bleibt etwa auf Vorjahresniveau (2017- 2.212). Start der Flüge war am Donnerstag, 7. Juni, die letzten Flüge sollten am Montag, 20. August starten. Doch das Wetter war an diesem Tag dafür zu unbeständig. Nach insgesamt 15 Flügen steht das Ergebnis für Niedersachsens Küste nun fest.

„Die Seehunde machen einen gesunden und vitalen Eindruck“, sagt Prof. Dr. Eberhard Haunhorst, Präsident des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES). Tiere, die an der Küste angespült oder sichtbar erkrankt eingeschläfert werden müssen, werden auch im LAVES Institut für Fische und Fischereierzeugnisse in Cuxhaven untersucht. „Bei diesen Untersuchungen hat sich gezeigt, dass es keine Hinweise auf mögliche Viruserkrankungen, wie zum Beispiel Seehundstaupe, gibt“, so Haunhorst weiter. Die Seehunde sind ein wichtiger Bioindikator für den einzigartigen Lebensraum Wattenmeer. „Anzahl und Gesundheitszustand lassen Rückschlüsse auf die Wasserqualität und auf den Fischbestand zu. Und damit eben auch auf das empfindliche Lebensmittel Fisch“, erläutert der Tierarzt.

Rückblick: Vor 30 Jahren, 1988, zog die verheerende Seuche „Seehundstaupe“ durch die Population. Der geringe Bestand an der Niedersächsischen Küste von knapp 2.500 Tieren, reduzierte sich auf 1.400. „Wir hatten große Sorge, dass die gesamte Population sterben könnte. Auf den Sandbänken war immer wieder der schwere Husten der kranken Tiere zu hören. Eine bedrückende Situation“, erinnert sich Dr. Michael Stede, Tierarzt und ehemaliger Meeressäugerexperte des LAVES. Stede, heute im Ruhestand, aber immer noch aktiv als Wattenjagdaufseher und nach wie vor gefragter Fisch-Experte der EU, erlebt auch den Seuchenzug 2002. 3.851 Seehunde wurden 2002 an der niedersächsischen Küste tot aufgefunden – vorher waren es rund 6.500 Tiere. Auch Wolfgang von Rebenstock hat diese Zeit hautnah miterlebt – er war im Flugzeug immer dabei. Von Rebenstock hat seinen Dienst als Pilot und Zähler 40 Jahre im Ehrenamt dem Land Niedersachsen zur Verfügung gestellt. Nun verabschiedet er sich. Seine Route war der Zählabschnitt vom Jadebusen bis nach Spiekeroog, weiter zur Insel Mellum und bis an die Wesermündung nach Bremerhaven. „Für diese Seehundzählflüge ist nicht nur außerordentliches fliegerisches Können erforderlich, auch präzise Orientierung im Watt ist absolute Voraussetzung, um dieser Herausforderung gerecht zu werden“, hob Haunhorst zur Verabschiedung hervor. Mit ihrem enormen Erfahrungsschatz sind die Zähler in der Lage, die Seehunde im Vorbeiflug systematisch zu erfassen. Die Propellermaschinen sind mit mindestens einem, aber auch häufig mit zwei Zählern besetzt. Nach bis zu vier Stunden pro Flug werden die jeweiligen Daten zusammengetragen.

Die beste Zeit für die Zählung ist bei Niedrigwasser von Juni bis August. In den Sommermonaten kommen die Seehunde vermehrt an Land, um ihre Jungen aufzuziehen, um sich zu sonnen und um ihr Fell zu wechseln. Die Seehunde ruhen auf den Sandbänken und können vom Flugzeug aus gezählt werden. Und das Wetter war in diesem Jahr für beinahe alle Zählflüge optimal: blauer Himmel, Sonne und wenig stürmische Winde. Seehunde mögen es sonnig und ruhig und kommen dann an Land. Auf Wetteränderungen und auf Störungen durch den Menschen reagieren die Tiere sensibel und ziehen sich ins offene Meer zurück.

15 Flüge – fünf Termine mit jeweils drei Propellermaschinen stehen für das Monitoring auf dem Plan. Dafür wird das niedersächsische Küstengebiet in drei Abschnitte eingeteilt und so können drei Kleinflugzeuge gleichzeitig starten: ab Emden, Mariensiel und Nordholz. Die Zählung haben auch in diesem Jahr niedersächsische Jäger ehrenamtlich übernommen.

Das jährliche Seehundmonitoring wird vom LAVES seit 2005 für Niedersachsen organisiert und koordiniert. Schon seit 1958 wird der Seehundbestand in Niedersachsen systematisch erfasst: Bis 1972 wurde von Schiffen aus gezählt und seither aus der Luft vom Flugzeug. Grundlage für die Zählung ist seit 1990 das Internationale Seehundschutzabkommen der Länder Deutschland (Niedersachsen und Schleswig-Holstein), Dänemark und Niederlande. Gemeinsames Ziel ist die Erhaltung eines dem Ökosystem angepassten vitalen Seehundbestandes. Im Rahmen dieses Abkommens starten die Zählungen dieser Länder zur Vermeidung von Doppelzählungen der sehr mobilen Seehunde zeitgleich.

Widerstandsfähig: Im Winter 2014/2015 erkrankten etliche Seehunde. Der Grippevirus (H10N7) wurde Ende 2014 bei Seehunden in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Dänemark und Schweden nachgewiesen. Nach Schätzungen verendeten in Schleswig-Holstein etwa 2.100 und in Niedersachsen etwa 320 Seehunde. Die Anzahl der toten Tiere war allerdings weitaus geringer als bei dem Seehundsterben 1988 und 2002. Der Seehundbestand hat sich kontinuierlich von dem großen Seuchenzug erholt.

Eine eingehende Analyse der Daten für den gesamten Seehundbestand im UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer zwischen Den Helder und Esbjerg erfolgt im Herbst durch die Trilaterale Seehundexpertengruppe – die Trilateral Seal Expert Group (TSEG) des trilateralen Seehundschutzabkommens zwischen den Niederlanden, Deutschland und Dänemark.

Weitere Informationen, Statistiken (Entwicklung Seehundbestand seit 1958) und Fotos finden Sie unter www.laves.niedersachsen.de.

Artikel-Informationen

erstellt am:
24.08.2018

Ansprechpartner/in:
Hiltrud Schrandt

Nds. Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
Leiterin Pressestelle
Röverskamp 5
26203 Wardenburg
Tel: 0441 57026 -180

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